Dienstag2. Dezember 2025

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Verhandlungen an mehreren OrtenSo laufen die Gespräche über ein Kriegsende in der Ukraine

Verhandlungen an mehreren Orten / So laufen die Gespräche über ein Kriegsende in der Ukraine
Kaja Kallas spricht von einer „sehr, sehr schwierigen Zeit“ für die Ukraine. Die Ukrainer wären „definitiv viel stärker“, wenn sie die Europäer in Florida an ihrer Seite gehabt hätten, gab sie zu bedenken. Sie vertraue aber darauf, „dass die Ukrainer für sich selbst einstehen“ Foto: Nicolas Tucat/AFP

Der viel kritisierte 28-Punkte-Plan von Russland und den USA für ein Ende des Ukraine-Konflikts ist vom Tisch. Jetzt geht es um eine Neufassung, um Putin zu einem Stopp seines Angriffskrieges zu bewegen. Die Europäer dringen auf eigenen Einfluss.

Der ursprüngliche Plan las sich aus Sicht der Ukraine und ihrer europäischen Verbündeten wie eine Kapitulationserklärung. Wie eine ultimative Demütigung durch den Aggressor: Russlands Präsident Wladimir Putin. Seitdem es gelang, den 28-Punkte-Plan Russlands und der USA nachzuverhandeln und abzuändern, sind nun wieder viele Optionen auf dem Tisch zur Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Und doch zeichnet sich noch kein Erfolg ab bei den zahlreichen Verhandlungen, die zu Beginn dieser Woche an gleich mehreren Orten geführt wurden.

Luxemburg bleibt solidarisch

Luxemburgs Verteidigungsministerin Yuriko Backes, die beim Treffen in Brüssel am Montag dabei war, betonte: „Luxemburg steht weiterhin solidarisch an der Seite der Ukraine und wird das Land so lange wie nötig unterstützen. Daher hat Luxemburg einen zusätzlichen Beitrag in Höhe von 15 Millionen Euro für die Ukraine beschlossen.“ Dieser neue Beitrag wird an die Initiative „PURL“ (Prioritized Ukraine Requirements List) gezahlt, wodurch sich der Beitrag Luxemburgs zu diesem Mechanismus auf 30 Mio. Euro und die militärische Unterstützung für die Ukraine für das Jahr 2025 auf 155 Mio. Euro belaufen. Die militärische Unterstützung für die Ukraine seit der russischen Invasion im Februar 2022 beziffert sich auf insgesamt 414 Mio. Euro. Das teilt die Regierung in einer Pressemeldung mit.

So hatten einerseits Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein ukrainischer Kollege Wolodymyr Selenskyj am Montag bei ihrem Treffen in Paris ein Telefonat mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff und dem ukrainischen Unterhändler Rustem Umerow geführt, die derzeit in Florida über den US-Plan für die Ukraine beraten.

Anschließend hätten sie mit mehreren europäischen Staats- und Regierungschefs telefoniert, unter ihnen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), teilte das französische Präsidialamt in Paris mit. An dem gemeinsamen Gespräch hätten auch NATO-Generalsekretär Mark Rutte, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident António Costa teilgenommen.

Druck wird auf das Opfer ausgeübt

Außerdem kamen am Montag die EU-Verteidigungsminister zusammen, um über die weitere Unterstützung der Ukraine zu beraten. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas warnte mit Blick auf die US-Vermittlungsbemühungen am Rande des Treffens vor einseitigen Verhandlungen. „Ich befürchte, dass der gesamte Druck auf die Opfer ausgeübt wird“ und „dass die Ukraine Zugeständnisse machen und Verpflichtungen eingehen muss“, so Kallas.„Wenn wir wollen, dass dieser Krieg aufhört, damit er nicht in ein paar Jahren weitergeht, wenn wir wollen, dass dieser Krieg sich nicht ausweitet, dann sollten wir den gesamten Druck auf denjenigen ausüben, der die Aggression betreibt, nämlich Russland“, verdeutlichte die Außenbeauftragte. Eine Kapitulation der Ukraine sei „der einfachere Weg“, den Krieg zu beenden, sagte Kallas. Das liege aber „weder im Interesse der Ukraine noch im Interesse der Europäischen Union noch im Interesse der globalen Sicherheit insgesamt“.

Eine Kapitulation der Ukraine wäre der einfachere Weg, den Krieg zu beenden. Das liegt aber weder im Interesse der Ukraine noch im Interesse der Europäischen Union noch im Interesse der globalen Sicherheit insgesamt

Kaja Kallas, EU-Außenbeauftragte

Am Sonntag hatten der US-Sondergesandte Steve Witkoff, US-Außenminister Marco Rubio sowie der Schwiegersohn und Berater von US-Präsident Donald Trump, Jared Kushner, im US-Bundesstaat Florida mit einem ukrainischen Verhandlungsteam Gespräche über eine Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen das Land geführt. Witkoff reiste am Montag nach Moskau, wo er am Dienstag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammenkommen soll.

Auf die Frage, ob sie den USA in den Verhandlungen vertraue, sagte Kallas: Es handele sich nicht um eine Frage des Vertrauens, sondern es gehe darum, den „Ausgangspunkt dieses Krieges zu verstehen“: Russland habe „einfach beschlossen“, einen „umfassenden Krieg“ gegen sein Nachbarland zu beginnen. Sollte diese Aggression Erfolg haben, werde überall auf der Welt zu sehen sein, „dass diejenigen, die die Macht haben, nehmen können, was sie wollen“, argumentierte sie.

Positionen liegen sehr weit auseinander

Im Zentrum aller Gespräche dürfte der US-Plan für ein Ende der Kämpfe in der Ukraine stehen, über den Witkoff und Umerow am Montag in Florida weiter verhandelten. Selenskyj nannte die Gespräche mit den USA „sehr konstruktiv“. „Es gibt einige schwierige Themen, die noch bearbeitet werden müssen“, schrieb er im Onlinedienst X. Eine Entscheidung, wie es weitergehe, werde erst nach Gesprächen mit den „Freunden in Europa“ getroffen.

Zunächst deutete aber wenig darauf hin, dass es schon bald zu einem tragfähigen Friedensplan kommt, weil die Positionen der Kriegsgegner sehr weit auseinanderlagen. Sollte sich die in die Defensive gedrängte Ukraine auf Russlands Maximalforderungen einlassen, wird in Kiew und in der EU eine Art Kapitulationseffekt befürchtet. Washington und Moskau dagegen betonen die Chancen eines Kriegsendes. Druckmittel der USA haben vor allem die ukrainischen Verteidiger zu befürchten, für die es ein schwerer Schlag wäre, sollten die Amerikaner die Weitergabe von Waffen und von Aufklärungsdaten für Angriffe im russischen Hinterland stoppen.

Doch selbst nach einem Komplettstopp jeglicher US-Hilfe könnte die Ukraine bei fortgesetzter oder sogar verstärkter Unterstützung aus Europa den Kampf fortsetzen. Denkbar wäre dann, dass Kiew darauf setzt, bis zum Herbst 2026 durchzuhalten und dann bei einer Niederlage von Trumps Republikanern bei den Kongresswahlen mit Hilfe der Demokraten wieder neue Unterstützung aus den USA zu erhalten.

19,3 Prozent des Staatsgebiets sind besetzt

Jedoch verschlechtert sich die ukrainische Position an der Front vor allem aufgrund des chronischen Soldatenmangels zusehends, das würde auch ein Stimmungsumschwung in den USA nicht ändern. Die russischen Truppen haben laut Berechnungen der Nachrichtenagentur AFP im November in der Ukraine so große Geländegewinne gemacht wie in keinem anderen Monat in diesem Jahr. Demnach eroberte die russische Armee im vergangenen Monat weitere 701 Quadratkilometer an ukrainischem Gebiet.

Ende November besetzte die russische Armee somit 19,3 Prozent des Staatsgebiets der Ukraine. Rund sieben Prozent – die Halbinsel Krim und Teile des ostukrainischen Donbass – waren bereits vor dem Beginn der Großinvasion im Februar 2022 unter russischer Kontrolle gewesen.

Trump: „Gute Chance“ auf Abkommen

Nach den jüngsten Gesprächen zwischen ukrainischen und US-Unterhändlern im US-Bundesstaat Florida stehen die Chancen auf ein Abkommen im Ukraine-Krieg nach der Auffassung von US-Präsident Donald Trump gut. „Ich denke, es gibt eine gute Chance, dass wir einen Deal machen können“, sagte Trump am Sonntag an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One vor Journalisten. Zugleich kritisierte Trump den derzeit die Ukraine erschütternden Korruptionsskandal um den zurückgetretenen Präsidialamtschef Andrij Jermak. „Die Ukraine hat ein paar schwierige, kleine Probleme“, sagte der US-Präsident. „Es herrscht Korruption, was nicht gerade hilfreich ist.“ Die Affäre um seinen engsten Berater setzt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj innenpolitisch massiv unter Druck, Experten zufolge dürfte sie außenpolitisch die Verhandlungsposition der Ukraine schwächen. Nach den Gesprächen in Florida hatte US-Außenminister Marco Rubio von einer „sehr produktiven“ Sitzung gesprochen, zugleich aber die Notwendigkeit weiterer Verhandlungen unterstrichen. (AFP)