Mittwoch12. November 2025

Demaart De Maart

Analyse von außenWarum Klimafinanzierung nicht ausreicht 

Analyse von außen / Warum Klimafinanzierung nicht ausreicht 
2000-2024 entfielen fast 90 Prozent der internationalen Patentanmeldungen im Bereich Solar- und Windtechnologien auf die zehn größten Volkswirtschaften Archivfoto: Oliver Berg/dpa

Angesichts der bevorstehenden Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP30) im brasilianischen Belém wird deutlich, dass das weltweite Bekenntnis zu einer gerechten Energiewende auf der Strecke bleibt. In dem Jahr seit der Unterzeichnung des Abkommens zur Aufstockung der Klimafinanzierung auf der COP29 – mit dem Ziel, bis 2035 jährlich 1,3 Billionen US-Dollar zu mobilisieren – haben sich die reichen Länder von ihren finanziellen Zusagen zurückgezogen. Noch schwerer wiegt, dass diese Anzeichen mangelnder Aufrichtigkeit gerade zu einem Zeitpunkt kommen, an dem die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel und die Dekarbonisierung in den Entwicklungsländern steigen. 

Wenn der globale Norden nicht mehr bereit ist, seine Finanzierungsversprechen einzuhalten, wie es derzeit sicher scheint, so kann er seinen guten Willen trotzdem durch eine andere Form der Solidarität zeigen, nämlich durch die Weitergabe von Wissen, Technologie und geistigem Eigentum, die das Fundament des grünen Übergangs bilden.

Diese Frage duldet keinen Aufschub. Der Übergang zu einer grünen Wirtschaft erzeugt bereits dieselben Asymmetrien, die den globalen Handel seit langem prägen. Anstatt eine inklusive Entwicklung zu fördern, ist die Klimapolitik zunehmend von protektionistischen Maßnahmen und Regelungen zum Schutz geistigen Eigentums geprägt, die technologische Monopole im globalen Norden festigen. So wird beispielsweise der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus der Europäischen Union als Schutzmaßnahme gegen die sogenannte Carbon Leakage, also die Verlagerung der CO₂-Emissionen, angepriesen. Dieser Mechanismus verdeutlicht jedoch auch, wie Klimapolitik als Rechtfertigung für protektionistische Handelsmaßnahmen herangezogen werden kann.

Ursache für Handelsstreitigkeiten

Darüber hinaus zeigt Chinas jüngste Beschwerde gegen Indien wegen dessen Subventionen für Elektrofahrzeuge und Batterien, wie grüne Industriepolitik zunehmend zu einer Ursache für Handelsstreitigkeiten wird. Zusammengenommen deuten diese Entwicklungen auf eine wachsende Spannung zwischen Klimazielen und den Regeln der Welthandelsorganisation hin. Könnten Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels bald zu einem neuen Auslöser wirtschaftlicher Ausgrenzung werden?

Im Zentrum dieser Frage steht ein krasses Ungleichgewicht. Größere Mächte wie China, die Vereinigten Staaten und die EU produzieren hochwertige grüne Technologien, während die meisten Entwicklungsländer auf den Export geringwertiger grüner Rohstoffe – vor allem kritischer Mineralien – angewiesen sind. Darin spiegelt sich die Arbeitsteilung aus der Kolonialzeit wider, im Rahmen derer der globale Süden Rohstoffe lieferte und der Norden für Innovationen sorgte, die Produktion monopolisierte und die größten Gewinne einfuhr.

Daten der Weltorganisation für geistiges Eigentum unterstreichen das Ausmaß dieser Kluft. Grüne Patente (in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaanpassung) konzentrieren sich überwiegend auf eine Handvoll Länder wie China, die USA, Japan und Deutschland. Zwischen 2000 und 2024 entfielen fast 90 Prozent der internationalen Patentanmeldungen im Bereich Solar- und Windtechnologien auf die zehn größten Volkswirtschaften. Brasilien, das weltweit den sechsten Platz bei installierter Windkapazität einnimmt, trug nur 0,4 Prozent zu den weltweiten Windkraftpatenten bei. Im Bereich Solarenergie beläuft sich sein Anteil auf lediglich 0,19 Prozent.

Diese technologische Konzentration ist kein Zufall, sondern Ergebnis eines globalen Systems zum Schutz geistigen Eigentums, das Monopolgewinne gegenüber öffentlichen Gütern privilegiert. Bemühungen um eine verbesserte globale Koordination, u.a. durch das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Trips), haben das grundlegende Problem nicht lösen können.

Neue Form der Abhängigkeit

Ohne Zugang zu erschwinglichen Technologien kann der globale Süden nicht in vollem Umfang an der Klimawende teilnehmen. Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass das derzeitige System die Gefahr birgt, Entwicklungsländer in eine neue Form der Abhängigkeit zu treiben, im Rahmen derer sie zwar die mineralischen Rohstoffe für Batterien und Solarzellen liefern, aber nicht über die Mittel verfügen, diese herzustellen.

Die Klimafinanzierung reicht nicht aus, um diesen Kreislauf zu durchbrechen. Vielmehr gilt es, Technologietransfers und Reformen des globalen Systems zum Schutz geistigen Eigentums in den Mittelpunkt der Klimaverhandlungen zu stellen. In der UN-Klimarahmenkonvention und im Pariser Klimaabkommen wird dies zwar anerkannt, doch wurden bisher nur geringe Fortschritte erzielt.

Glücklicherweise gibt es einen Präzedenzfall für die notwendigen Veränderungen. In den 2000er-Jahren spielte Brasilien eine entscheidende Rolle dabei, den Zugang zu HIV/AIDS-Medikamenten als öffentliches Gut und nicht als ausschließlich durch geistige Eigentumsrechte geregelte Ware zu kategorisieren. Diese Veränderung wurde durch eine Kombination aus rechtlichen, politischen und zivilgesellschaftlichen Maßnahmen vorangetrieben, mit denen das globale Pharmapatentrecht hinterfragt und die öffentliche Gesundheit in den Vordergrund gestellt wurde.

Wissensaustausch und Technologietransfer

Wie Nobelpreisträger und Ökonom Joseph Stiglitz argumentiert, sind derartige Mechanismen unerlässlich, um Marktversagen zu korrigieren und einen gerechten Zugang zu Innovationen zu gewährleisten. Aus diesem Grund hat der Internationale Gerichtshof in seinem jüngsten Gutachten zum Klimawandel die Verpflichtung aller Staaten unterstrichen, über die Bereitstellung von Finanzmitteln hinaus bei der Entwicklung und Verbreitung grüner Technologien zusammenzuarbeiten, u.a. durch Wissensaustausch und Technologietransfer.

Das auf der COP28 vereinbarte Technology Implementation Program (TIP) bietet eine Möglichkeit, eine derartige Zusammenarbeit zu fördern. Unter der Führung Brasiliens auf der COP30 kann das TIP zu einer Plattform für die Stärkung nationaler Innovationssysteme werden, die es den Ländern ermöglicht, Technologien an lokale Gegebenheiten anzupassen und Kapazitäten für Klimaschutzlösungen aufzubauen. Die Idee besteht darin, eine Mischung aus öffentlichen und privaten Mitteln zur Unterstützung von Pilotprojekten einzusetzen und anschließend Projekte, die sich bewähren, in größerem Maßstab umzusetzen.

Beispielsweise könnten wir ein Pilotprojekt unterstützen, das darauf abzielt, mit grünem Wasserstoff CO₂-arme Düngemittel herzustellen. Derzeit wird Ammoniak – der wichtigste Ausgangsstoff für Stickstoffdünger – mit Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen hergestellt, weshalb dieser Sektor für etwa 1-2 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich ist. Durch den Einsatz von erneuerbarem (grünem) Wasserstoff anstelle von fossilen Brennstoffen würden bei gleicher Ammoniakproduktion deutlich weniger Emissionen entstehen und eine skalierbare, lokal anpassbare Lösung geschaffen werden. Wenn das Pilotprojekt in diesem schwer zu dekarbonisierenden Sektor erfolgreich ist, hätte man ein reproduzierbares Modell für andere Länder geschaffen.

Die brasilianische COP30-Präsidentschaft kann den globalen Süden für eine Vision des TIP gewinnen, die Klimagerechtigkeit durch Innovation schafft. Dabei handelt es sich nicht nur um eine technische, sondern auch um eine politische Agenda. Nur durch den Zugang zu grünen Technologien können Länder die erforderlichen Kapazitäten aufbauen. Wenn die reichen Länder dem Rest der Welt bei der Dekarbonisierung helfen, helfen sie damit auch sich selbst.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier. Laura Carvalho ist Direktorin für Wirtschafts- und Klimawohlstand bei den Open Society Foundations sowie außerordentliche Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität von São Paulo. Copyright: Project Syndicate, 2025. www.project-syndicate.org.