Musikbesessen – Claire Parsons ist Luxemburgs beste Nachwuchsmusikerin 2018

Musikbesessen – Claire Parsons ist Luxemburgs beste Nachwuchsmusikerin 2018

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Sie ist Sängerin, Komponistin, Pianistin und Lehrerin. Ihre Liebe zur Musik scheint grenzenlos: Für musikalische Abgrenzungen hat sie nichts übrig und will nicht in eine Schublade gesteckt werden. Jazz, Pop, Hip-Hop oder Klassik: Sie mag alles und beschreibt sich selbst als „Hard-core-Musikerin“.

Wer sie einmal singen gehört hat, vergisst sie nicht: Claire Parsons besitzt eine glasklare und unverwechselbare Stimme. Als sie am vorigen 18. Dezember in der Rockhal als beste luxemburgische Nachwuchsmusikerin („Start-up Award for Best Upcoming Musician“) ausgezeichnet wurde, war das für Insider der hiesigen Musikszene keine Überraschung. Nur 25 Jahre jung hat sie schon einige musikalische Eisen im Feuer: Neben zwei eigenen Projekten (ein Duo und ein Quintett) ist sie in den Bands Aishinka und Tadpole Evolution als Sängerin mit dabei.

Beim luxemburgischen Exportbüro für Musiker music:LX wird Parsons zwar in der Sparte Jazz/World geführt, doch sie mag nicht in musikalische Schubladen gesteckt werden, sagte sie uns. Neben den genannten Projekten hat sie z.B. schon beim Hip-Hop-Kollektiv De Läb mitgesungen.

Kurzbiografie von Claire Parsons

 geboren 1993
 aufgewachsen in Keispelt, wohnhaft in Peppingen
 Klavierstudium am Konservatorium in Luxemburg, nebenbei Gitarrenkurse bei der „Union Grand-Duc Adolphe“ (UGDA)
 Bachelorstudium (Jazz-Gesang) am „Koninklijk Conservatorium Brussel“, wo sie derzeit ihren Master vorbereitet
 Jazz/Pop-Gesangslehrerin in der Differdinger Musikschule
 Hobby: sich Dokumentarfilme ansehen
 Alben, die sie besonders mag:
Kendrick Lamar: To Pimp a Butterfly (Rap)
Nancy Wilson/Cannonball Adderley (Jazz)
 Nächstes Konzert:
Reset Festival, Neumünster, 17.-19. Januar

Auf ihrer Visitenkarte steht lakonisch „Claire Parsons – Jazz/Pop vocals“. Auf das Attribut Jazzsängerin angesprochen, meint sie: „Jazz ist für mich nicht das, was traditionell der Swing war. Die Tradition ist natürlich ein Bestandteil davon, doch Jazz wurde zu etwas ganz anderem. Durch das Internet hat jeder Zugriff auf sehr viele Musikstile und dadurch hat sich der Konsum von Musik verändert. Weil man so vielen Einflüssen ausgesetzt ist, kann man Jazz nicht mehr pur spielen. Jazz reflektiert das, was du selbst bist.“

Die sich selbst als „Hard-core- Musikerin“ bezeichnende Frau, kam schon sehr früh mit Musik in Kontakt. „Meine Mutter hat mir als Kind stets vorgesungen, anscheinend auch schon, als ich noch in ihrem Bauch war“, erzählt sie stolz. „Und sie musste mir immer vor dem Zubettgehen etwas vorsingen, sonst wäre ich nicht eingeschlafen.“

Selbst Musik macht die 25-Jährige seit ihrem dritten Lebensjahr. „Das muss zur der Zeit gewesen sein, als ‚Titanic‘ mit Leonardo di Caprio im Kino lief (1997)“, (sie singt die Hauptmelodie des Films), „das war mein absoluter Lieblingsfilm. Ich habe die Noten am Klavier gesucht und das Titellied nachgespielt. Das war der Anfang. Und gesungen habe ich auch immer schon.“

Ab sechs Jahren nahm Claire Parsons Klavierunterricht im hauptstädtischen Konservatorium, mit neun begann sie, parallel bei der UGDA Gitarrenunterricht zu nehmen. „Von meinem zehnten Lebensjahr an wartete ich darauf, Gesangsstunden im Konservatorium nehmen zu dürfen, doch das ist in Luxemburg erst ab 16 Jahren möglich.“ Eine Regelung, die in ihren Augen einerseits verständlich ist, da sich die Stimme bis dahin noch verändert, anderseits hinkten in Luxemburg ausgebildete Sänger dadurch im internationalen Vergleich hinterher.

Einflüsse

Ihre musikalischen Einflüsse reichen „von … bis“, sagt sie. „Als ich klein war, habe ich sehr viel Rock/Pop gehört, aber auch viel Klassik und Folkmusik, mein großes Idol war Cat Stevens. Damals wie heute ’konsumiere‘ ich extrem viel Musik. Momentan höre ich ganz gerne Rap und alternativen Rock, z.B. Half Moon Run (eine Indie-Pop-Band), auch viel Soul und Klassik-Rock, wie z.B. die Beatles und Led Zeppelin …“ Sie hält inne und fährt nach ein paar Sekunden fort: „Eigentlich habe ich nie einen Stil nicht gehört.“

Den Jazz habe sie mit zwölf durch eine Aufnahme, die ihre Großmutter ihr aus den Ferien mitbrachte, entdeckt. „Es war die Aufnahme eines Stride-Piano- Spielers. Das war ein ’turning point‘ für mich. Es war Musik, die ich noch nie vorher gehört hatte. Danach wollte ich nur noch so spielen lernen.“

Die Auszeichnung, die sie im Dezember erhielt, freut sie natürlich. Es sei eine erfrischende Anerkennung ihrer geleisteten Arbeit. „Man glaubt oft, man sei bei vielen Projekten inkognito mit dabei. Ich bin überrascht, dass die Leute das dennoch mitbekommen haben. Ich erkundigte mich aber bei der Jury, ob ich nicht eine Frauen-Quote erfüllen sollte, da ich in der Kategorie ’Best Upcoming Musician‘ ausgezeichnet wurde und nicht in ‚Best Upcoming Woman in Music‘. Man sagte mir allerdings, der Grund für die Entscheidung sei meine Mitarbeit bei verschiedenen Projekten.“

„The usual suspects“

Neben der Mitarbeit bei Gruppen wie Them Lights, De Läb und Tadpole Evolution hat sie die Projekt: Claire Parsons Duo, mit dem israelischen Gitarristen Eran Har Even, und das Claire Parsons Quintet, in dem neben Even noch die Luxemburger Jérôme Klein, Niels Engel und Pol Belardi mitwirken. Die Feststellung, dass sich in den luxemburgischen Jazz-Combos oft „the usual suspects“ (die üblichen Verdächtigen) der Szene wiederfinden, kann sie nur lachend bestätigen. „Ja, das wird oft gesagt. Ich schätze diese Musiker aber nicht nur musikalisch, sondern wir sind auch gute Freunde. Der menschliche Aspekt ist sehr wichtig. Wir verbringen nicht nur viel Zeit wegen der Musik miteinander, wir gehen auch zusammen auf die ’Schueberfouer‘, ins Kino, essen usw. Deshalb kann es sein, dass sich die ’usual suspects‘ immer wieder bei Projekten wiederfinden. Aber es ist nicht so, dass wir die anderen Musiker nicht gut finden, im Gegenteil in Luxemburg gibt es viele gute Musiker.“

Komponieren ist eine weitere Tätigkeit von Claire Parsons. Die Musik ihrer Projekte stammt zu 90 Prozent von ihr selbst. Doch sie gibt sich bescheiden: „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, hole ich mir Rat bei den anderen Musikern, weil sie in Sachen Harmonie und Melodie manchmal mehr wissen als ich. Und ich will mich nicht begrenzen, indem ich alles alleine machen will. Es wäre schade, ihre Ideen nicht mit einzubringen. Ihnen verdanke ich fast zu 100 Prozent meine Arrangements.“

Ihr Bandkollege Pol Belardi zeigt sich geradezu begeistert von ihren musikalischen Fähigkeiten: „Claire ist mega. Was mich an ihr fasziniert als Musikerin, ich sage bewusst Musikerin, da manchmal hast du Sänger, die diese Rolle gut ausfüllen, eine gute Stimme und eine gute Bühnenpräsenz haben. Bei Claire bleibt es aber nicht dabei. Sie ist zusätzlich eine sehr komplette Musikerin. Sie komponiert selbst enorm gut und sie besitzt ein musikalisches Universum, das in viele Richtungen geht und sehr interessant ist. Und sie ist nicht nur Sängerin, sie spielt Klavier, Gitarre, sie besitzt sehr viele Fähigkeiten und bringt es fertig, diese mit anderen Leuten zu teilen. Es ist ein Genuss, mit ihr zusammenzuspielen. Claire bringt viele Ideen mit, die sehr schön und sehr komplett sind. Anfangs ist sie manchmal unsicher, allerdings ohne Grund.“

Ein Nehmen und Geben

Bei ihren Kompositionen bringe sie zahlreiche Einflüsse mit ein. „Alles, was man in seinem Leben an Musik hört, wird Teil deiner Gehirnstruktur, auch wenn du es nicht unbedingt magst. Am Ende ist das, was du machst – und hauptsächlich beim Jazz – Zeuge all der Musik, die du in deinem Leben gehört hast.“ Die Liste der Alben, auf denen sie mitwirkte, ist zwar noch nicht lang, was aufgrund ihres jungen Alters nicht verwundert. Konzerte hingegen hat sie schon reichlich gegeben. Der Kontakt mit dem Publikum beschreibt sie als das A und O eines Musikerlebens: „Wenn du nicht fähig bist, etwas zu geben, dann wirst du auch nichts zurückerhalten. Ein Konzert ist eine Symbiose von Geben und Nehmen.“

Und das tut sie nicht nur bei Konzerten. Sie hatte das Glück, ihre Leidenschaft in doppelter Hinsicht zum Beruf zu machen. Kurz vor Abschluss ihres Bachelors kontaktierte sie der Direktor der Differdinger Musikschule, Rudi De Bouw. Der suchte eine Lehrerin für Jazzgesang und engagierte sie auf Empfehlung von anderen Musikern vom Fleck weg. Eine Entscheidung, die dieser nicht bereut. Im Gegenteil, er zeigt sich begeistert von seiner jungen Angestellten. Ihr Engagement sei genial, mehr als zufrieden sei er mit ihr. Seine Tochter nehme auch Kurse bei Claire und auch die sei begeistert. „Viele Leute haben mich bereits zu der Entscheidung beglückwünscht. ’Gott sei Dank, dass wir solch eine Lehrerin in unserer Schule haben.‘ Hinzu kommt, dass Claire sehr sympathisch ist.“