Tageblatt Flèche du SudIm Schatten der großen Teams: Ein Tag mit dem luxemburgischen Amateurteam Snooze-VSD

Tageblatt Flèche du Sud / Im Schatten der großen Teams: Ein Tag mit dem luxemburgischen Amateurteam Snooze-VSD
Arno Wallenborn (Mitte) will in diesem Jahr eine gute Platzierung bei der Tageblatt Flèche du Sud einfahren Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

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Die Tageblatt Flèche du Sud ist für das luxemburgische Team Snooze-VSD ein ganz besonderes Rennen. Obwohl die Amateur-Mannschaft auf dem Papier gegen die anderen Teams unterlegen scheint, will sich die Mannschaft von Claude Conter nicht verstecken: Mit Arno Wallenborn peilt das Team eine gute Platzierung in der Gesamtwertung an. Das Tageblatt hat die Mannschaft auf der 2. Etappe am Donnerstag begleitet. 

Eigentlich scheint die 2. Etappe der Tageblatt Flèche du Sud von Donnerstag ruhig zu werden. 151,2 Kilometer sind auf einem nicht allzu schweren Rundkurs um Rümelingen zu absolvieren. Achtmal wird zwar die Cote de Langengrund zu befahren sein, doch am Ende soll hier keine Entscheidung rund um den Gesamtsieg fallen. Das weiß auch Claude Conter, Sportlicher Leiter vom Team Snooze-VSD. Doch wie schnell eine vermeintlich einfache Etappe zu einer hektischen wird, das weiß der erfahrene Radsport-Direktor – und erfährt es am Donnerstag erneut. Drei von acht Runden waren erst befahren, da sagt Conter im Teamwagen: „Eigentlich muss das hier jetzt für heute reichen.“

Sebastien Einsle und Claude Conter 
Sebastien Einsle und Claude Conter  Foto: Pascal Gillen

Die Renntaktik des Amateurteams für das Teilstück von Donnerstag fasst er kurz zusammen: „Wir wollen Arno (Wallenborn) heute sicher und ohne Zeitverlust ins Ziel bringen. Ken (Conter) ist unser bester Sprinter. Wenn er die Beine am Ende hat, wäre es natürlich toll, wenn er noch ein gutes Ergebnis rausfahren würde.“  Doch schon am Anfang der Etappe gibt es Probleme. Sascha Weber, den es spontan in die Ausreißergruppe zog, musste mit Problemen an der Bremse zum Teamwagen. Mechaniker Sebastien Einsle steigt kurz aus und behebt das Problem – der 36-jährige Deutsche fährt weiter. Brenzliger wird es später: Arno Wallenborn, der Kapitän des Teams, hat Probleme mit dem Schalthebel. Hektik bricht aus, der 21-Jährige braucht sein Ersatzrad. Wallenborn ist in diesem Jahr das Aushängeschild des Teams. Umso wichtiger, dass er ohne Probleme auf der Etappe durchkommt.

Sprungbrett für die Talente

„Wir wollen Arno helfen, den Sprung in ein Konti-Team zu schaffen. Wir werden hier alles dafür tun, damit er die Flèche so gut wie möglich abschließt und seinen Stempel hier aufdrücken kann.“ Wallenborn konnte erst die Arden Challenge Ende März gewinnen, dann fuhr er bei Liège-Bastogne-Liège der Espoirs auf einen starken 19. Platz. Bei der Flèche du Sud ist alles auf ihn ausgerichtet. „Wir wollen ihm ganz klar die Möglichkeit geben, sich hier zu zeigen. Wenn er die Form hat und über die Etappen bringt, dann kann er eine sehr gute Platzierung im Gesamtklassement einfahren. Wenn die Beine gut sind, Tagesform gut, dann könnten wir Arno in den Top 15 sehen.“

Mit Sascha Weber, Ken Conter oder Tim Diederich hat Wallenborn erfahrene Radsportler an seiner Seite, die sich voll in seinen Dienst stellen. „Es ist immer schön, wenn wir uns in einer Ausreißergruppe zeigen. Aber das Niveau hier ist schon hoch. Wir konzentrieren uns schon auf Arno.“ Für das Team Snooze-VSD ist das Rennen in Luxemburg eins der Highlights im Kalender. „Wir haben viele sehr gute Fahrer in der Mannschaft, aber wir können nur sechs fahren lassen. Es ist schade, dass nicht alle hier starten können.“ Auch bei der Amateur-Mannschaft Snooze-VSD sind die Startplätze also umkämpft. Ein Radsportler wie der Deutsche Max Valtey, der in dieser Saison u.a. Zweiter beim Grand Prix d’Haroué oder Dritter beim GP Garage Thommes wurde, hat es nicht in die Mannschaft geschafft. Auch Nachwuchstalent Pol Breser wurde nicht selektioniert. 

„Tom Thill, Jan Petelin und weitere Fahrer haben es nicht geschafft. Die Plätze waren umkämpft. Stefan Fettes hat auf der 1. Etappe große Probleme mit dem Rücken gehabt und fuhr mit einem großen Rückstand ins Ziel. Ich hoffe, dass er heute (Donnerstag) nicht aufgibt, das wäre schade, auch für andere Fahrer, die nicht hier dabei sind. Aber das sind die Entscheidungen, die du treffen musst“, sagt Conter.

Großer Aufwand

Insgesamt ist der Einsatz der Fahrer vom Team Snooze bei der Flèche du Sud nicht selbstverständlich. Zwischen 5.000 und 6.000 Euro kostet die Rundfahrt pro Tag. „Wir müssen es schätzen, dass wir das alles ermöglicht bekommen“, sagt Conter, der sich bei Paul Mreches bedankt. Der Geschäftsführer der Snooze-Restaurants ist radsportverrückt und trägt einen großen Teil dazu bei, dass diese Mannschaft überhaupt existiert. „Er gibt uns das Vertrauen, dass wir das hier alles so durchziehen können.“ 

Doch die Mannschaft lebt nicht nur von Sponsorengeldern, sondern auch von der Freiwilligenarbeit. „Man muss schon fanatisch und verrückt nach Radsport sein“, sagt Einsle. Alle Mitglieder des Teams haben dabei einen anderen Hauptjob: Claude Conter arbeitet bei SUDenergie in Esch, Tim Diederich arbeitet in einer Schule, Ken Conter ist bei der Sparkasse tätig, Stefan Fettes ist Mechaniker bei Andy Schleck, Sascha Weber ist Mountainbike-Profi bei Trek, Philippe Schmit arbeitet in Paris und Wallenborn studiert an der Lunex. „Das Ganze hier musst du leben“, sagt Conter. 

Sorgt auch für gute Stimmung im Team: Amateur-Landesmeister Tim Diederich
Sorgt auch für gute Stimmung im Team: Amateur-Landesmeister Tim Diederich Foto: Luis Mangorrinha/Editpress

Denn auch das Team hinter dem Team arbeitet freiwillig. So kümmern sich beispielsweise die Freundinnen der Radsportler um die Verpflegung, Liv Conter, die Tochter von Claude, ist kurzfristig als Physiotherapeutin eingesprungen. Und auch die Tage für das Duo Conter-Einsle sind lang. Um halb 7 morgens geht es los mit der Aufbereitung der Räder oder dem Auffüllen der Trinkflaschen – bis abends die Räder wieder nachbereitet werden oder die Trikots gewaschen werden müssen.

Doch am Ende des Donnerstags zeigt sich Zufriedenheit. Wallenborn, der mittlerweile wieder auf seinem Haupt-Rad sitzt, überquert das Ziel im Peloton. Ohne Rückstand geht er auf die Königsetappe am Freitag in Bourscheid. „Als ich den Defekt hatte, war die Gruppe zum Glück langsam. Wir haben das im Team gut gemacht. Wäre der Defekt am Ende der Etappe passiert, wäre es sicher spannender geworden. Aber mit der Erfahrung behältst du die Ruhe.“ Bourscheid hinauf kennt Wallenborn, gewann er doch die Etappe der Arden Challenge, die dort hinauf führte. „Mein Ziel ist es, eine gute Platzierung in der Gesamtwertung zu erreichen. Morgen (Freitag) fällt die Vorentscheidung, aber auch das Zeitfahren wird besonders. Da kommt es auch auf das Material an. Bei manchen Teams gibt’s im Budget keine Grenzen, das ist bei Amateurteams dann schon anders.“ 

Und eines ist jetzt schon sicher: Ruhiger wird es am Freitag auf der Etappe nach Bourscheid im Auto von Snooze-VSD sicherlich nicht.