WohnungsbauNeues Mietrecht wird die Not nicht lindern

Wohnungsbau / Neues Mietrecht wird die Not nicht lindern
Das überarbeitete Mietrecht wird lediglich zu geringen Verbesserungen führen und die Wohnungsnot in Luxemburg nicht lösen. Dessen ist sich auch der grüne Wohnungsbauminister Henri Kox bewusst. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Das überarbeitete Mietrecht erhält einige gute Ansätze, zu einer Senkung der Mietpreise wird das am Dienstag vorgestellte Gesetzesprojekt aber nicht führen. Die Beibehaltung der von Wohnungsbauminister Henri Kox als „Mietendeckel“ verkauften Fünf-Prozent-Regelung soll zwar besser kommuniziert werden, doch eine Verpflichtung für ihre Einhaltung gibt es wegen des bewussten Verzichts auf Kontrollen nicht. Begrüßenswert ist, dass die Maklergebühren künftig aufgeteilt werden und Wohngemeinschaften eine gesetzliche Grundlage erhalten sollen.

Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“) hat seine lang ersehnten Pläne zur Überarbeitung des Mietgesetzes vorgestellt. In sieben Punkten soll das Gesetz von 2006 verbessert und angepasst werden, erklärte Kox am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Der entsprechende Entwurf wurde gestern in der Abgeordnetenkammer deponiert und erstmals in der zuständigen parlamentarischen Kommission vorgestellt. Wer sich aufgrund der horrenden Wohnungspreise in Luxemburg konkrete Maßnahmen zur Senkung der Mietpreise erhofft hatte, wurde enttäuscht. Die Regelungen aus dem Gesetz von 2006 werden größtenteils übernommen und es wird lediglich punktuell nachgebessert. Die Vorgabe, dass die Jahresmiete fünf Prozent des investierten Kapitals („capital investi“) nicht überschreiten darf, wird beibehalten. Kox, der diese großzügige Obergrenze am Dienstag als „Mietendeckel“ verkaufen wollte, hatte zwar wiederholt angekündigt, dass er grundsätzlich bereit sei, den Prozentsatz zu reduzieren, doch dazu kam es bislang offenbar nicht.

Neu in dem vorliegenden Gesetzentwurf ist, dass der Vermieter verpflichtet wird, im Mietvertrag festzuhalten, dass diese Mietobergrenze respektiert wird. Eine öffentliche Kontrollinstanz, die darüber wacht, ob der vereinbarte Mietpreis die Fünf-Prozent-Obergrenze nicht doch überschreitet, sei jedoch bewusst nicht geplant, bestätigte Henri Kox auf Nachfrage. Kontrollen waren auch im Gesetz von 2006 nicht vorgesehen. Einer politischen Diskussion darüber wolle er sich nicht verschließen, sagte Kox am Dienstag, sie könne aber schwierig werden.

Die einzige Schlichtungsinstanz, die bei Verstößen zurate gezogen werden kann, sind die kommunalen Mietkommissionen, die sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzen und sich in der Vergangenheit in manchen Fällen als unnütz oder überfordert erwiesen. Eine Reform zur Professionalisierung der Mietkommissionen sei angedacht, verkündete der Wohnungsbauminister, konkrete Pläne lägen aber noch nicht vor. Darüber hinaus könnten Mieter ihre Rechte auch vor dem Friedensgericht einklagen, betonte Kox. Doch Mieter, die unteren sozialen Schichten angehören, verfügen in vielen Fällen weder über das Know-how noch über die notwendigen finanziellen Mittel, um einen Prozess stemmen zu können. Fraglich ist zudem, ob solche Einsprüche überhaupt Aussicht auf Erfolg hätten. Das Friedensgericht Luxemburg hat erst kürzlich ein abschreckendes Exempel statuiert.

„Capital investi“ wird klarer definiert

Allgemein ist die Fünf-Prozent-Regelung nur sinnvoll bei alten Liegenschaften, die seit Jahrzehnten nicht oder kaum renoviert wurden. Bei Neubauwohnungen und rezenteren Immobilien liegt die Obergrenze meist (noch) deutlich über dem tatsächlichen Marktpreis. Ein Mieter aus dem hauptstädtischen Edelviertel Limpertsberg hatte die Einhaltung dieser Regelung Anfang des Jahres vor dem Friedensgericht eingeklagt. Schnell stellte sich heraus, dass der Vermieter die Nachweise über das investierte Kapital nicht vorlegen konnte oder wollte. Die Mietkommission der Stadt Luxemburg hatte sich trotz fehlender Dokumente eindeutig gegen die vom Mieter geforderte Mietminderung ausgesprochen. Ein vom Gericht beauftragter unabhängiger Bausachverständiger war bei seinen Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass die gesetzliche Monatsmiete der möblierten 90-Quadratmeter-Wohnung aus dem Jahr 1957 bei 268 Euro liegen müsse, während der Mieter in den vergangenen Jahren 1.500 Euro Kaltmiete zahlte. Der Sachverständige war sich aber unsicher, ob seine Berechnungsgrundlage zuverlässig war und ermittelte deshalb auch den aktuellen Marktwert der Wohnung. Dabei kam er auf eine Monatsmiete von 1.825 Euro. Am Ende gab das Friedensgericht in einem mutlosen Urteil dem Vermieter recht. Schuld daran waren auch Unklarheiten im Mietgesetz von 2006, die der Wohnungsbauminister nun beseitigen möchte. So soll das überarbeitete Mietrecht eindeutig festlegen, was zu tun ist, wenn die Dokumente zur Berechnung des investierten Kapitals – wie in dem erwähnten Prozess – nicht vorgelegt oder ermittelt werden können. Auch sollen Sonderregelungen für möblierte Wohnungen abgeschafft oder eingeschränkt und der Begriff der Luxuswohnung soll aus dem Gesetz gestrichen werden.

In einem dynamischen Markt wie Luxemburg äußerst besitzerfreundlich ist hingegen die Neuerung, dass das investierte Kapital von Immobilien bei Vererbungen an den zu dem Zeitpunkt aktuellen Marktwert angepasst werden soll. Diese Regelung war bislang nicht im Gesetz vorgesehen. Im Falle einer Erbschaft oder einer Schenkung erhöht sich der Wert einer Wohnung oder eines Hauses demnach automatisch, ohne dass renoviert oder anderweitig darin investiert werden muss. Beim Kauf einer Immobilie wird schon jetzt der Kaufpreis als Grundlage für das investierte Kapital genommen. Das soll sich auch in Zukunft nicht ändern.

Wohnungsbauminister Henri Kox war am Dienstag sichtlich verlegen, als er sich nach seiner Vorstellung den kritischen Fragen der Journalisten stellte. Er wurde nicht müde zu betonen, dass die Wohnungsnot in Luxemburg nicht mit diesem Gesetz gelöst sein werde. Heute wird Kox zusammen mit Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) die Reform des „Pacte logement“ vorstellen. Mit dem neuen Wohnungsbaupakt will die Regierung Anreize für die Gemeinden schaffen, erschwinglichen Wohnraum stärker zu fördern. Nur durch eine Erhöhung des öffentlichen Wohnungsangebots sei die Wohnungskrise in den Griff zu bekommen, sagte Kox am Dienstag.

Rechtliche Grundlage für Wohngemeinschaften

Dabei enthält das neue Mietrecht durchaus einige positive Ansätze. Gerecht ist, dass die Maklergebühren künftig zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden sollen. Bislang bezahlt nur der Mieter die Immobilienagentur, selbst wenn sie, wie in den meisten Fällen, vom Wohnungsbesitzer beauftragt wird. Ferner soll der Höchstbetrag für die Kaution von drei auf maximal zwei Monatsmieten gesenkt werden und es sollen eindeutige Bedingungen für die Rückzahlung festgelegt werden. Diese Änderungen gehen auf einen Gesetzesvorschlag zurück, den die Oppositionspartei „déi Lénk“ im September 2019 eingebracht hatte.

Hervorzuheben ist auch, dass Wohngemeinschaften erstmals eine gesetzliche Grundlage erhalten sollen. Von einer Wohngemeinschaft (WG) spricht der Gesetzentwurf dann, wenn mehrere Mieter einen gemeinsamen Mietvertrag mit einem Vermieter abschließen. Darüber hinaus wird ein Pakt zwischen den Mitbewohnern einer WG verlangt. In dieser Hinsicht unterscheidet das Gesetzesprojekt klar zwischen Wohngemeinschaften und möblierten Zimmern (den sogenannten „Cafészëmmeren“). Bei Letzteren schließt jeder Bewohner einen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter ab.

Tommy
10. August 2020 - 12.32

Wieder so eine Nullnummer der Grünen und Sozialisten. Der böse Besitzer und der gute Mieter. Wenn das soweiter geht kauft gleich niemand mehr eine Wohnung in Luxemburg und vermietet sie. Damit mehr gebaut und wird braucht der Markt Anreize. Menschen mit schwachem Einkommen sollen ein Eigenheim in dem sie mindestens 15 Jahre wohnen müssen ohne TVA erwerben könne. Investoren die Wohnungen vermieten wieder wie vorher 3% zahlen. Mit diesem neuen Gesetz werden die Kosten und Risiken der Vermieter lediglich auf die Mieter übertragen. So funktioniert nun mal die freie Martkwirtschaft

d'MIM
30. Juli 2020 - 14.05

Tant que nous attirons les riches investisseurs (surtout les Allemands d'après un article paru dans le Spiegel) qui achètent en bloc quantité d'appartements ou de maisons, rien ne changera. La politique le veut ainsi!!

Nomi
30. Juli 2020 - 14.01

@ Luc Jung: "Dreifache Besteuerung von Mieteinnahmen" Dann gett de Loyer nach mei' heich, an et ginn manner Mietwunnengen gebaut. Dann setzt der ob der Strooss oder an enger Bruchbuud wann dir mengt daat wir d'Lei'sung !!

luc jung
30. Juli 2020 - 11.41

Neues Steuerrecht: Dreifache Besteuerung von Mieteinnahmen. Dann werden viele Wohnungen zu nicht Ausbeuterpreisen zum Verkauf angeboten. Bei niedrigen Bankzinsen na ja, können sich vielleicht mehr Leute eine Wohnung leisten.

S.N.
30. Juli 2020 - 11.26

Et wier jo quasi naiv unzehuelen dat sech an dem Bereich wirklech eppes ënnert wat zu gonschten vum den locatairen goen géif.

Nomi
30. Juli 2020 - 11.09

2 Ursaachen fir heich Immo Preisser : 1). Dei' Logementer vun den Expat-Direkter vun Firma'en an Organisatio'unen, dei' hiren Logement vun hirem Arbeitgeber zu egal wei' engem Preis bezuehlt krei'en ! 2). Wann mer ob een terrain 12 Appartementer bauen ass Quotepart vum Terrain X / 12. Wann mer mei' heich bauen an 24 Appart ob dem selweschten Terrain setzen gett di Quotepart Terrain X / 24. Bei duebel Appart get een Appart em 100 000€ mei' belleg !

epl
30. Juli 2020 - 10.40

gelackmeiert scheinen hier wieder die luxemburger Minikapitalisten , welche eine Mietwohnung zur Verfügung stellen. Bei aelteren Wohnungen summieren sich nicht nur die "décotes" sondern auch die kostenintensieven Reinvestitionen. Die Höhe der Bankgarantie herunterzusetzen wird speziell jene Mieter freuen, welche das Land eilends verlassen. Wie denen denn nachkommen, es sei denn mit langem und kostspieligen Prozessieren? Soll man sich da wundern, wenn immer mehr genervte Vermieter ihre Wohnungen leerstehen lassen?

Blaat‘ Gast
30. Juli 2020 - 10.36

Anscheinend stinn nach nët genug Wunnengen eidel ? Eng gudd Froo , oder? Ech sinn sëcher de Kox huet ann sengen Liewen nach nie en Appartement verlount !

Peter
30. Juli 2020 - 8.45

80 % der Immobilienbesitzer haben hier im Land ein Wahlrecht. 80 % der Mieter haben hier im Land kein Wahlrecht. Warum also sollte sich hier etwas ändern?