Neue Statec-PrognosenLuxemburg hat nicht mehr genügend Wachstum – Hoffnung liegt auf fallenden Leitzinsen

Neue Statec-Prognosen / Luxemburg hat nicht mehr genügend Wachstum – Hoffnung liegt auf fallenden Leitzinsen
Mit den steigenden Zinssätzen hat sich die Konjunktur in Luxemburg verschlechtert: 2023 kommt das Land an einer Rezession wohl nicht vorbei. 2024 dürfte die Erholung derweil eher bescheiden ausfallen. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Wegen des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds im Allgemeinen und den gestiegenen Kreditzinsen im Speziellen erwartet nun auch das nationale statistische Institut Statec, dass die Luxemburger Wirtschaftsleistung 2023 schrumpfen wird. 2024 soll es dann wieder leicht besser werden. Die Staatsfinanzen hingegen werden sich wohl weiter verschlechtern.

Statec ist nicht besonders optimistisch, was die Entwicklung der Wirtschaft im Laufe des Jahres 2023 anbelangt. Insgesamt erwarten die Statistiker, dass die Konjunktur hierzulande im nun bald zu Ende gehenden Jahr um ein Prozent schrumpfen wird. Vor sechs Monaten hatten die Statistiker noch mit einem Plus von 1,5 Prozent für 2023 gerechnet.

Die Rezession soll aber nur von kurzer Dauer sein: Im kommenden Jahr, 2024, soll die Konjunktur wieder anziehen, wenn auch ebenfalls langsamer, als bisher erwartet. Laut den neuen Prognosen, die das statistische Institut am Mittwoch im Rahmen der Veröffentlichung der „Note de conjoncture 2-2023“ vorgestellt hat, wird mittlerweile mit einem Plus von zwei Prozent gerechnet. Vor sechs Monaten hatte man noch ein Plus von 2,5 Prozent prognostiziert. 

Betrachtet man nun die Jahre 2022, 2023 und 2024, dann zeige sich, dass das Land spürbar weniger schnell wachse als sonst, hebt Statec-Direktor Serge Allegrezza hervor. Rechne man noch hinzu, dass die Bevölkerung im Schnitt um zwei Prozent pro Jahr wächst, dann ergebe sich ein negatives Wirtschaftswachstum pro Kopf. „Das Land hat nicht mehr genügend Wachstum.“ Zwischen 1995 und 2022 hatte das Wachstum im Schnitt 3,2 Prozent pro Jahr betragen.

Drei Jahre negatives Pro-Kopf-Wachstum

Mit seinen neuen Prognosen folgt Statec den Erwartungen anderer Institute, etwa der OECD, dem Internationalen Währungsfonds und der EU-Kommission, die auch bereits ihre Vorhersagen für Luxemburg nach unten revidiert haben. Die OECD geht mittlerweile von einem Minus von 1,1 Prozent aus, der IWF rechnet mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent und die EU-Kommission mit einem Minus von 0,6 Prozent.

Luxemburg zählt damit, wie auch Deutschland, zu einer Minderheit von Ländern, in denen die Wirtschaft dieses Jahr nicht wachsen wird. Weltweit wird mit einer Wachstumsrate von etwa drei Prozent gerechnet; in der Eurozone mit einem Plus von 0,5 Prozent.

Hintergrund der nicht so guten Entwicklung 2023 in Luxemburg ist, wie Bastien Larue erläutert, unter anderem der gewichtige Finanzsektor. Dort leidet das Geschäftsvolumen unter den gestiegenen Zinsen, die das Aufnehmen von neuen Krediten teurer machen. Zudem seien hierzulande auch das Bauwesen, der Transportsektor und der ICT-Sektor stärker von Rückgängen betroffen als in anderen Ländern, so der Statistiker weiter. Die Zuversicht der Luxemburger Unternehmen „hat sich ziemlich stark verschlechtert“. Der private Konsum der Haushalte und die öffentlichen Ausgaben (Konsum und Investitionen) hätten dazu beigetragen, dass die Binnennachfrage intakt blieb und der Rückgang nicht noch stärker ausfiel.

Dass für 2024 wieder mit Wachstum gerechnet wird, erklärt er mit der Erwartung von steigenden Exporten (da auch in der Eurozone wieder mit leicht mehr Wachstum gerechnet wird), wie auch mit der Erwartung von wieder fallenden Leitzinsen. „Einige Anzeichen für eine Erholung kommen aus der Industrie und den nicht-finanziellen Dienstleistungen“, sagt er. „Aber diese sind sehr neu und noch sehr zögerlich.“ Das erwartete Zwei-Prozent-Wachstum bezeichnet Bastien Larue jedoch als „schwach“. Zudem sei noch nicht sicher, dass die Zinsen 2024 tatsächlich wieder zurückgehen würden.

Hoffen auf einen fallenden Leitzins

Auch „auf dem Arbeitsmarkt sind die negativen Tendenzen gut zu erkennen“, erläutert er weiter. Das Wachstum der Zahl der Arbeitsplätze hat sich „ziemlich deutlich“ verlangsamt und die Quote der Menschen auf Arbeitssuche ist gestiegen. Mit einer weiteren Verschlechterung wird gerechnet – trotz Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr. Die Statistiker gehen davon aus, dass das Wachstum der Beschäftigung 2024 nun noch bei 1,3 Prozent liegen wird – nach 2,1 Prozent in 2022 und 3,2 Prozent in den Jahren 1995 bis 2022. Bis Ende 2024 rechnen die Statistiker nun mit einer Arbeitslosenquote von fast sechs Prozent. Zu Beginn des Jahres 2023 lag sie erst bei 4,8 Prozent.

Während die Wachstumsrate der Zahl der Arbeitsplätze zurückgeht, steigt die Quote der Menschen auf Arbeitssuche
Während die Wachstumsrate der Zahl der Arbeitsplätze zurückgeht, steigt die Quote der Menschen auf Arbeitssuche

Bessere Nachrichten gibt es derweil bei der Entwicklung der Preissteigerungsrate. Seit ihrem Höchststand von 7,43 Prozent im Juni 2022 ist die Inflationsrate rückläufig, so Tom Haas von Statec. Man gehe davon aus, dass sich die Rate in der zweiten Jahreshälfte 2024 wieder nahe bei der Marke von zwei Prozent befinden werde. Im Rahmen dieser Erwartungen wird für das Jahr 2024 auch nur noch mit einer Indextranche gerechnet – im dritten Quartal.

Optimistisch stimmt den Statistiker, dass die Inflation in der Eurozone zuletzt stärker als erwartet zurückging. „Daher auch die Erwartung einer Senkung der Leitzinsen in 2024“, so Haas. Man rechne derzeit mit einem Rückgang von einem Prozentpunkt in der zweiten Jahreshälfte. „Aber das bleibt die spannende Frage: Wann kommen die Zinssenkungen?“ Dies werde entscheidend für den weiteren Konjunkturverlauf sein. Sollten die Zinssenkungen nicht eintreten, rechnet Statec nur mit einer Wachstumsrate von 0,7 Prozent.

Ein steigendes Haushaltsdefizit

Negative Folgen dürfte die neue Gesamtsituation für die Luxemburger Staatsfinanzen mit sich bringen. In den letzten paar Jahren habe die hohe Steigerungsrate der Preise und der Gehälter zu mehr Einnahmen (plus 6,9 Prozent in 2023) geführt, und somit teilweise geholfen, höhere Ausgaben (plus 10,1 Prozent in 2023) zu decken, so Haas. Nun jedoch werden sich die Staatseinnahmen durch die niedrigere Inflation stärker verlangsamen (plus 3,5 Prozent in 2024) als die Staatsausgaben (plus 5,9 Prozent in 2024).

In der Folge werden die Defizite bei den Staatsfinanzen steigen. Für 2024 rechnen die Statistiker mittlerweile mit einem Minus von 2,7 Prozent. Sehr nahe an den derzeit ausgesetzten Euro-Stabilitätskriterien, die ein Defizit von höchstens drei Prozent vorsehen. Sollten die Leitzinsen nächstes Jahr derweil nicht wie erwartet fallen, dann würde der Luxemburger Staat die sogenannten Maastricht-Kriterien (mit einem Minus von 3,4 Prozent) wohl nicht einhalten können, meinen die Statistiker.

Die langsamer drehende Wirtschaft hat derweil auch ihre gute Seite: In Luxemburg ist der Verbrauch der verschiedenen Energiearten 2022 und 2023 zurückgegangen. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2023 waren dies zwei Prozent weniger Kraftstoffverkauf, sieben Prozent weniger Stromverbrauch und zehn Prozent weniger Gasverbrauch als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Nach Schätzungen des Statec führt diese Entwicklung beim Verbrauch zu einem Rückgang der Treibhausgasemissionen um 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2024 wird mit einem weiteren Rückgang von 1,3 Prozent gerechnet. Das sei passend zu den vorgesehenen Klimazielen, so Haas. In den Jahren 1995 bis 2022 waren die CO2-Emissionen im Schnitt jährlich um 2,2 Prozent zurückgegangen.

Die laut Statec wohl wahrscheinlichsten Entwicklungen für 2023 und 2024
Die laut Statec wohl wahrscheinlichsten Entwicklungen für 2023 und 2024 Screenshot: Statec

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Ab 2024 soll die Luxemburger Wirtschaft wieder besser laufen

Grober J-P.
21. Dezember 2023 - 19.59

"Hoffnung liegt auf fallenden Leitzinsen." Ach nee, seit wann hat man das denn gemerkt, Lagarde ist wieder wach geworden ?