EditorialKinder sind keine Schutzschilde

Editorial / Kinder sind keine Schutzschilde
Es ist unverantwortlich, junge Kinder auf eine Demo mitzunehmen, bei der es erfahrungsgemäß zu Unruhen oder Auseinandersetzungen kommt  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Eine Aufnahme der jüngsten Antivax-Proteste sorgt für Empörung. Zu sehen ist ein Kind, das scheinbar mit Polizisten in schwerster Schutzkleidung verhandelt. Ob es nun von Erwachsenen als Schutzschild missbraucht wird oder einfach nur um Durchlass bittet: Wer seine Kinder zu Protesten mitnimmt, die ein gewisses Gewaltpotenzial hegen, handelt in höchstem Maße verantwortungslos.

Nun, da es auch in Luxemburg um das Thema der Kinderimpfungen geht, nehmen immer mehr Eltern ihren Nachwuchs zu den Demonstrationen mit. Schließlich gilt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch für Kinder. Allerdings sollten die Eltern ihre Fürsorgepflicht wahrnehmen und nur an Veranstaltungen teilnehmen, die friedlich verlaufen. In Luxemburg fehlt es nicht an legalen Alternativen. Mit Organisatoren, die dafür bürgen, dass die Veranstaltungen nicht ausufern. Seit Anfang Dezember aber mischt eine Bewegung mit, die regelmäßig Schlagzeilen macht. Mit Demos, die nicht gemeldet werden und Teilnehmern, die sich nicht an die Regeln halten.

Auch wenn die Gefahr von vereinzelten Unruhestiftern ausgeht: Fakt ist, dass die Polizei schon länger unter einem gewissen Druck steht, die unangemeldeten Proteste im Keim zu ersticken. Vor diesem Hintergrund ist es unverantwortlich, junge Kinder auf eine Demo mitzunehmen, bei der es erfahrungsgemäß zu Unruhen oder Auseinandersetzungen kommt.

Vor allem da nicht nur das Wohl der Kinder auf dem Spiel steht: Gewaltbereite Teilnehmer könnten sich durch die Präsenz der Kinder ermutigt fühlen, aggressiver gegen Ordnungskräfte vorzugehen. Heranwachsende werden somit unbewusst von den Eltern als Schutzschilde bereitgestellt. Währenddessen müssen Polizeikräfte abwägen, mit welchen Mitteln sie gegen Unruhestifter vorgehen und wie viel Rücksicht sie dabei auf Kinder nehmen müssen.

Nun ist es Eltern in Luxemburg erlaubt, Kinder zu Protesten mitzunehmen. Was Experten grundsätzlich auch begrüßen: Ein früher Kontakt mit Meinungsfreiheit hilft bei der Bildung einer eigenständigen Persönlichkeit. Vor allem, wenn es sich um Themen handelt, die auch Kinder und deren Zukunft betreffen.

Die Zukunft des Nachwuchses ist eng mit Covid und den Folgen der sanitären Krise verwachsen. Angesichts der kontroversen Inhalte aber, die bei manchen Antivax-Protesten laut werden, wäre eine kritischere Haltung gegenüber solchen Veranstaltungen durchaus angebracht. Angesichts der Heterogenität dieser Botschaften sollten sich Eltern schon genauer damit auseinandersetzen, wem sie auf die Straße folgen.

Schließlich suggeriert die Präsenz von Kindern in einem Protestzug nicht nur Friedlichkeit und Unschuld: Mit ihrer Teilnahme werden auch die Inhalte dieser Kundgebungen auf eine gewisse Weise legitimiert. Sorgen um mögliche Langzeitfolgen der Impfung sind das eine. Abstruse Geschichten von finsteren Eliten, neuen Weltordnungen und Nano-Robotern etwas ganz anderes. Ganz zu schweigen von Vergleichen mit Zeiten, in denen Millionen Menschen in Vernichtungslagern ums Leben gebracht wurden.

Durch die Assoziation mit fragwürdigen, gar niederträchtigen Narrativen wird die Zukunft des Kindes auch gefährdet. Man sollte nämlich nicht vergessen, dass das Internet nichts vergisst. Und: Wie kann man von Kindern erwarten, die Feinheiten einer Faktenlage einzuordnen, an denen sogar viele Erwachsene sich derzeit die Zähne ausbeißen? Eltern haben eine Schutzfunktion gegenüber ihren Kindern. Heranwachsende sollten auf keinen Fall für politische Zwecke missbraucht werden.

Natürlich soll auch unser Nachwuchs Demokratie erleben, Meinungsfreiheit lernen. Für die eigenen Rechte einstehen und diese einfordern, wenn es sein muss auf der Straße, gehört zu den grundsätzlichen Errungenschaften einer modernen, pluralistischen Gesellschaft. Allerdings besteht ein feiner Unterschied zwischen einem friedlichen Aufmarsch gegen die Klimakrise und unangemeldeten Protesten, die regelmäßig aus dem Ruder laufen und von Polizisten in schwerster Schutzkleidung umrahmt werden.


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Kay
19. Januar 2022 - 15.48

Ein deutscher konservativer Innenminister (Friedrich Zimmermann, CSU) bezeichnete in den 80ern Kinder [hier: getragene Säuglinge] auf Demonstrationen in den 80ern als „passive Schutzbewaffnung” und stellte sie mit etwa Motorradhelmen gleichgeordnet dar. Ok, damals waren es Atomkraftgegner, was ja mit Impfgegnern nicht vergleichbar ist. #stopsarcasm

De klenge Frechdachs
18. Januar 2022 - 13.49

D'Eltere sollen net sou schäinhelleg sinn, wéi wann hinnen d'Wuel/Zukunft vun hire Kanner esou wichteg ass. Hunn op de Klimademoen op alle Fall wéineg Erwuessener gesinn. A wann ech héiere wéi déi al iwwert d'Jugend schwätzt, da behaapten ech, dass se hei d'Kanner bewosst ausnotzen. D'Elteren sollen déi néideg Wäitsiicht hunn fir aschätzen ze kënnen, wou se hier Kanner mathuelen. An dofir gëtt et e Jugendschutzgesetz. Schutz vum Kand virun all Form vun Abus.