UnternehmenGoodyear: der größte industrielle Arbeitgeber des Landes

Unternehmen / Goodyear: der größte industrielle Arbeitgeber des Landes
Eins von zwei Innovationszentren der Goodyear-Gruppe hat seinen Standort in Luxemburg  Foto: Editpress/Anne Lommel

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Die „Goodyear Tire & Rubber Company“ wurde vor mehr als 100 Jahren in den USA gegründet. Das börsennotierte Unternehmen beschäftigt weltweit rund 72.000 Personen und gilt als der drittgrößte Reifenhersteller der Welt.

Den Weg nach Luxemburg hatte der Reifenhersteller aus den USA bereits 1949 gefunden. Eine erste Produktionsstätte wurde hier aufgebaut. Schnell folgte auch ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für Europa. Seitdem ist dieses weiter gewachsen. 2020 jährt sich die Herstellung seines ersten Reifens hierzulande zum 70. Mal.

Zu Beginn des Jahres 2022 ist die Unternehmensgruppe mit ihren rund 3.600 Mitarbeitern sogar zu Luxemburgs größtem industriellen Arbeitgeber aufgestiegen. Dieser Platz im Ranking war seit Jahrzehnten immer ArcelorMittal vorbehalten gewesen.

Die gewichtigste Einheit von Goodyear in Luxemburg ist das Werk für überdimensional große Reifen für Lastwagen und Offroad-Fahrzeuge. 1.646 Mitarbeiter arbeiten hier. Daran hängt die Dienstleistung, Reifen und Felgen fertig montiert auszuliefern.

Der – nach Mitarbeiterzahlen – zweitwichtigste Bereich von Goodyear in Luxemburg ist das „Innovaton Center“. „Davon gibt es im ganzen Konzern nur zwei“, hebt Xavier Fraipont im Gespräch mit dem Tageblatt hervor. „Einen in den USA und einen in Luxemburg.“ Hierzulande zähle der Bereich, mit 1.100 Angestellten, sogar mehr Mitarbeiter als in Akron. Der Grund für diese Entwicklung sei historisch: Europa war mal der Standort, der weltweit am wichtigsten war, wenn es um das Festlegen und das Bestimmen der Standards in der Automobilbranche ging.

„Das regionale Herz des Konzerns“

In der drittgrößten Einheit von Goodyear in Luxemburg, der „Mould Plant“, werden „Moules“ für Luxemburg, Europa und Asien hergestellt. Es sind dies „Backformen“ für die Reifen. „Es ist das einzige Werk dieser Art von Goodyear in Europa, unterstreicht Xavier Fraipont.

Der viertgrößte Bereich ist die Verwaltung. Luxemburg fungiert als regionales Headquarter für die Unternehmensgruppe. „Das regionale Herz des Konzerns.“ Etwa 300 Personen sind hier mit Finanzen, Recht, usw. beschäftigt. „Einst ging der Einflussbereich vom Polarmeer bis nach Südafrika. Und von Lissabon bis nach Wladiwostok“, erinnert sich der studierte Elektromechaniker. „Doch dann kam der russische Überfall auf die Ukraine. Der Konzern entschied, sich vom russischen Markt zurückzuziehen. Eine Frage der Ethik.“ Der Zuständigkeitsbereich von Luxemburg aus war demnach etwas geschrumpft.

Hinzu kommen nun neuerdings noch die rund 90 Mitarbeiter in der „Goodyear Mercury Plant“. Als Einzige sind sie nicht in Colmar Berg, sondern in Düdelingen angesiedelt. Dass das Werk nach Luxemburg kam, ist dabei kein Zufall: Es sollte nah am europäischen Innovationszentrum und nah an der Autoindustrie liegen. In Düdelingen gab es Platz und eine gute logistische Anbindung.

In Colmar-Berg wurde ein Fahrsimulator zum Testen neuer Reifen-Prototypen installiert 
In Colmar-Berg wurde ein Fahrsimulator zum Testen neuer Reifen-Prototypen installiert  Foto: Goodyear

Neben dem Werk in Düdelingen hat der Konzern zuletzt auch weitere Investitionen in Luxemburg getätigt. Dazu zählen neben der Installation eines Fahrsimulators, der in der Entwicklung neuer Prototypen Reifen zum Einsatz kommt und mehrere Millionen Euro kostet, auch noch die Errichtung von zwei Fotovoltaik-Kraftwerken auf den Fahrversuchsanlagen in Colmar-Berg.

1.500 Forscher in Luxemburg

Auch gearbeitet wird an neuen „intelligenten“ Dienstleistungen. Etwa an einem System für Betreiber von Lastwagenflotten. Dieses kann automatische Warnungen senden, wenn Sensoren ein potenzielles Problem mit einem Reifen gemessen haben. Zeitgleich kann es informieren, wo das nächstgelegene Goodyear-Wartungszentrum ist. Langfristig will man eine Art All-inclusive-Service anbieten. So soll der Spritverbrauch minimiert und die Effizienz der Lkws erhöht werden. Auch arbeitet man daran, mittelfristig Reifen herstellen zu können, die 100 Prozent recyclebar sind.

Von der aktuellen wirtschaftlichen Abkühlung bleibt derweil auch Goodyear nicht verschont. „Überall spüren wir die Verlangsamung“, so der Luxemburger Konzernsprecher. In allen Bereichen bemerke man die Inflation: „Die Preise von allem, von Strom, Gas, Gehältern, Rohstoffen, Transport, steigen.“ Und sie steigen derart schnell, dass es nicht möglich sei, dies vollumfänglich an die Kunden weiterzugeben.

Der nur langsam beginnende Winter, die sich nur langsam entwickelnden Verkäufe von Autos drückten oder verschöben die Nachfrage. Als produzierendes Unternehmen sei man nun gezwungen, sich an diese Lage anzupassen. Darin habe man aber Erfahrung.

Luxemburg sei sehr wichtig für Goodyear, unterstreicht Xavier Fraipont weiter. „Trotz Krisen wurde immer weiter investiert.“ Besonders beeindruckend sei derweil, dass Goodyear 1.500 Forscher in Luxemburg zähle. Das seien etwa 40 Prozent der gesamten R&D-Mannschaft des Konzerns. „Das ist enorm.“

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