StaatsfinanzenDank starker Steuereinnahmen: Nach acht Monaten immer noch schwarze Zahlen

Staatsfinanzen / Dank starker Steuereinnahmen: Nach acht Monaten immer noch schwarze Zahlen
 Illustration: Fabrizio Pizzolante/Tobias Senzig/Editpress

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Vor allem dank einer guten Entwicklung bei den Steuereinnahmen haben sich die Staatsfinanzen in den ersten acht Monaten des Jahres 2022 besser entwickelt als erwartet. Zwischen Januar und August hat der Luxemburger Staat einen (vorläufigen) Überschuss von fast einer Milliarde Euro erwirtschaftet. Weniger optimistisch erscheinen jedoch die Erwartungen für den Rest des Jahres.

„Die Entwicklung der öffentlichen Finanzen zum 31. August 2022 zeugt von der Widerstandsfähigkeit der luxemburgischen Wirtschaft“, erklärte Finanzministerin Yuriko Backes am Montag zur Entwicklung der Staatsfinanzen in den ersten acht Monaten des Jahres. Dies zeige, dass der Staat über den notwendigen Handlungsspielraum verfüge, um die von der Tripartite beschlossenen Maßnahmen zu finanzieren. Vorgesehen sind hierfür Ausgaben von etwas mehr als einer Milliarde Euro.

Wie sich bereits in den ersten sechs Monaten des Jahres angedeutet hatte, haben die Einnahmen des Luxemburger Staates zwischen Januar und Ende August weiter stark zugelegt: Insgesamt beliefen sie sich in den nun abgelaufenen acht Monaten auf 15,7 Milliarden Euro, was einem stolzen Anstieg von 1,4 Milliarden (oder 9,6 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Bereits im Vergleichszeitraum im vergangenen Jahr lagen die Einkünfte wieder deutlich über dem Vor-Coronakrisen-Niveau. Angetrieben wurde die Entwicklung damals von einer starken Konjunktur

Gehälter sorgen für mehr Steuereinnahmen

In allen großen Steuerbereichen sind die Einnahmen auch 2022 gestiegen. So hat die „Administration des contributions directes“ rund 7,2 Milliarden Euro eingenommen, ein Plus von satten 9,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die positive Entwicklung ist vor allem auf einen deutlichen Anstieg der Einnahmen aus den Steuern auf Löhne und Gehälter zurückzuführen, schreibt das Finanzministerium in seiner Pressemeldung. Insgesamt handelt es sich hier um ein Plus von fast 495 Millionen Euro (oder 15,5 Prozent) auf über 3,7 Milliarden Euro.

Hintergrund sind der gut laufende Arbeitsmarkt und die niedrige Arbeitslosenquote, erklärt die Verwaltung. Das Land zählt demnach heute rund 16.500 Arbeitsplätze mehr als vor einem Jahr. Seit Ende Januar 2020 (also vor der Corona-Krise) sind im Großherzogtum mehr als 32.000 neue Stellen entstanden. Im Mai war erstmals die Marke von (saisonbereinigt) einer halben Million Arbeitsplätze überschritten worden. Auch eine Rolle beim Wachstum der Steuereinnahmen auf Gehältern: das Fälligwerden von Indextranchen. Nominal steigende Gehälter treiben in Prozent berechnete Abgaben automatisch nach oben.

Zugelegt haben derweil ebenfalls die Einnahmen der „Administration de l’enregistrement, des domaines et de la TVA“. Sie belaufen sich bis zum 31. August auf fast fünf Milliarden Euro – ein Plus von 390 Millionen Euro (oder 8,5 Prozent) verglichen mit dem Vorjahr. Besonders gut entwickelt haben sich auch die Einkünfte aus der Mehrwertsteuer: Dort gibt es ein Plus von 292 Millionen auf insgesamt 3,3 Milliarden Euro.

Zu Jahresbeginn dürfte dies durch eine weitere Erholung des Konsums nach der Aufhebung der sanitären Einschränkungen bedingt gewesen sein. Seitdem war es aber die Inflation, die in den vergangen beiden Monaten zu einer Beschleunigung beigetragen hat.

Auch die „Administration des douanes et accises“ hat ihre Einnahmen in den ersten acht Monaten um 5,8 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro vergrößern können. Besonders stark gestiegen sind die „Accises“ auf Tabak (ein Plus von 86,5 Millionen auf 553 Millionen), während Benzin 15 Millionen Euro mehr in die Kassen spülte. Um fast 50 Millionen Euro waren die Einkünfte (wie gewünscht) durch Diesel rückläufig.

Die Ausgaben steigen bisher nur leicht

Gestiegen sind jedoch nicht nur die Einnahmen. Auch die Ausgaben (des Zentralstaats) lagen Ende August 2022 über dem Niveau des vergangenen Jahres. In den ersten acht Monaten 2022 beliefen sie sich auf 14,8 Milliarden Euro. Das sind 292 Millionen Euro (oder zwei Prozent) mehr als im Vorjahr. „Diese relative Stabilität der Ausgaben im Jahresvergleich ist insbesondere auf die allmähliche Auflösung der Ausgaben für die Covid-19-Hilfen zurückzuführen“, so das Ministerium. Deutlich gestiegen sind jedoch die Personalkosten: um 320 Millionen (oder 9,6 Prozent) auf insgesamt 3,7 Milliarden Euro.

Die positive Entwicklung der Einnahmen gekoppelt mit weitgehend stabilen Ausgaben führt derzeit zu einem provisorischen Haushaltsüberschuss von fast einer Milliarde Euro. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr stand um diese Zeit ein Minus von 124 Millionen Euro in den Büchern.

Dabei wird es jedoch nicht bleiben, erklärt das Ministerium in der Pressemeldung. Einerseits schwäche sich die positive Dynamik bei den Einnahmen bereits ab, während sie bei den Ausgaben in den kommenden Monaten merklich ansteigen werde. Beitragen würden dazu u.a. die steigenden Preise, die langsamer laufende Wirtschaft, die Umsetzung der Indexverschiebung vom Jahresbeginn („Solidaritéitspak“), die Maßnahmen des „Energiedësch“ – und auch die Ergebnisse der jüngsten Tripartite-Gespräche im September. 

Laut ursprünglichem Haushaltsplan soll der Zentralstaat das Jahr 2022 mit einem Defizit von rund 1,6 Milliarden Euro abschließen. Für 2023 ist ein weiteres Defizit von 1,3 Milliarden Euro vorgesehen. Eine neue, aktualisierte Schätzung des jährlichen Defizits wird im Entwurf des Staatshaushalts für 2023 vorgelegt, der dem Abgeordnetenhaus Mitte Oktober unterbreitet wird.

Interessant jedoch bereits jetzt: Der Überschuss, der Ende August in den Büchern stand, ist fast genauso hoch wie das angekündigte Volumen der neuesten Tripartite-Versprechen. Der Beobachter darf demnach gespannt sein auf die Höhe des neuen Planes für Defizit und Staatsschuld.

Die Entwicklung der Staatsfinanzen – wie sie im Frühjahr geplant wurde
Die Entwicklung der Staatsfinanzen – wie sie im Frühjahr geplant wurde

Bei jeder Krise steigen die Schulden

Keine Angaben machte das Finanzministerium diese Woche zur Entwicklung der Staatsschulden. Doch die liegen weiter deutlich im grünen Bereich der Maastricht-Kriterien. Ende Mai summierten sie sich auf 19,5 Milliarden Euro (oder 25,2 Prozent des BIP).  Das ist in etwa die Höhe, wie sie laut Haushaltsplan bis Ende 2022 vorgesehen ist. Zusätzliche Schulden dürfte die Regierung – ihrem eigenen Plan zufolge – in diesem Jahr nun nicht mehr machen. Wie sich diese Summe weiter entwickelt, dürfte dann auch Mitte Oktober mit dem Haushaltsplan für 2023 bekannt gegeben werden. Für kommendes Jahr ist derzeit ein Anstieg der Schulden auf 20,8 Milliarden Euro eingeplant.

Es gilt noch zu erwähnen, dass die Verschuldung Luxemburgs seit der Finanzkrise von 2008 praktisch Jahr für Jahr gestiegen ist. In Krisenzeiten geht es jeweils sprunghaft nach oben – und jede Krise scheint teurer als die vorherige zu werden. Im Jahr 2013 hatte Luxemburg erstmals neue Schulden aufgenommen, um alte zu refinanzieren. Der Staat hat heute fast zwei Milliarden Euro mehr Schulden als vor einem Jahr, sechs Milliarden mehr als vor drei Jahren – und fast zehn Milliarden mehr als vor zehn Jahren.

Der Luxemburger Rechnungshof, die „Cour des comptes“, hatte bereits Ende 2020 Bedenken über diese Entwicklung angemeldet. Die Behörde wies die Regierenden damals darauf hin, dass Covid nicht die einzige Herausforderung sei, vor der das Land stehe. Doch sieht es danach aus, als müsse die Regierung – um die Auswirkungen jeglicher Krisen zu bewältigen – immer wieder auf neue, zusätzliche Schulden zurückgreifen. Langfristige Herausforderungen – etwa der Klimawandel oder die demografische Entwicklung des Landes – und auch kommende Krisen würden in Zukunft weiter Druck auf die öffentlichen Finanzen ausüben, warnte die Behörde damals.

Die Entwicklung der Verschuldung – wie sie im Frühjahr geplant wurde
Die Entwicklung der Verschuldung – wie sie im Frühjahr geplant wurde

Dabei sind Krisen teuer. Wurde beispielsweise Ende 2019 erwartet, dass das Land Ende 2023 eine Verschuldung von insgesamt 13,3 Milliarden Euro haben würde, so lag die Prognose für 2023 im Oktober 2021 bereits bei 20,8 Milliarden Euro. Der Corona-Unterschied ist demnach gewaltig, es handelt sich um 7 Milliarden Euro Schulden mehr als zuvor geplant. Auf eine nächste Krise ist Luxemburg somit, trotz weiterhin stabiler Staatsfinanzen, etwas weniger gut vorbereitet als noch vor zwei oder acht Jahren.