Zugang zu Datenbanken der JustizProzeduren zur Prüfung der Ehrbarkeit sollen transparenter werden

Zugang zu Datenbanken der Justiz / Prozeduren zur Prüfung der Ehrbarkeit sollen transparenter werden
Justizministerin Sam Tanson liegt vor allem der Schutz der Kinder am Herzen Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Angehende Waffenbesitzer werden sich in Zukunft einer strengeren Kontrolle ihrer Ehrbarkeit unterziehen müssen. Dasselbe gilt für adoptionswillige Paare. Ein Gesetzentwurf von Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“) regelt, welche Informationen aus Justiz- und Polizeidateien zu welchen Zwecken angefragt bzw. weitergeleitet werden dürfen. Genauer beschrieben werden auch die Prozeduren bei der Einstellung von Mitarbeitern im Justizapparat.

Auslöser des Gesetzprojekts war die Affäre um eine Person, die sich um eine Stelle bei der Staatsanwaltschaft beworben hatte. Letztere hatte Daten zum Bewerber gesammelt und sich schließlich für einen anderen Kandidaten entschieden. Die sich dem Fall anschließende öffentliche Diskussion drehte sich insbesondere um die Frage, ob solche Daten im Rahmen einer Bewerbung abgefragt werden dürften.

Im Gesetzentwurf fließen alle Prozeduren ein, bei denen Justizministerium, Justizapparat und Gerichte impliziert sind und eine Prüfung der Ehrbarkeit erfolgen muss, wobei auf personenbezogene Daten zurückgegriffen wird, die für andere Zwecke gesammelt worden sind, so Tanson gestern bei der Vorstellung des Gesetzprojekts vor der Presse.

Begrenzte Aufbewahrung

Der Datenschutz erlaubt wohl Dateneinsicht, nur muss eine rechtliche Grundlage dazu vorhanden sein, welche Daten für welche Zwecke eingesehen werden dürfen. Dem Projekt zufolge dürfen die erhaltenen Daten nur für die Dauer der Bearbeitung von Bewerbungs- bzw. Genehmigungsanträgen aufbewahrt werden.

Tanson verspricht sich mehr Transparenz auch für den Bürger. Dieser wisse, auf welche Daten die Behörden zurückgreifen würden. Der Gesetzentwurf regelt die Dateneinsicht bei der Rekrutierung von Justizpersonal, bei Kandidaturen für die Staatsanwaltschaft und für die Gerichte. Durchleuchten müssen sich auch Antragsteller auf einen Waffenschein und zukünftige Betreiber von Glückspielen. Die zuständigen Stellen werden sich in Zukunft auch Daten über adoptionswillige Personen ansehen dürfen.

Welche Daten in welchen Datenbanken herangezogen werden dürfen, hängt vom jeweiligen Fall ab. Bei Mediatoren oder Rechtsexperten beispielsweise reicht weiterhin lediglich ein Auszug aus dem Strafregister („Casier judiciaire“). Bei potenziellen Mitarbeitern der Justizbehörden, bei Magistraten und Notaren dürfen hingegen in Zukunft auch Protokolle zu noch laufenden Ermittlungen zu Vergehen und Straftaten eingesehen werden. Man wolle verhindern, dass Personen eingestellt werden, die unter Umständen einige Monate später verurteilt werden könnten.

Waffenbesitz und Adoption

Die strengsten Ehrbarkeitskontrollen werden bei Anträgen auf Waffenbesitz und auf Adoption durchgeführt werden. Hier können zusätzlich zu den oben genannten Informationen auch Daten zu Angelegenheiten gesichtet werden, die klassiert oder ohne gerichtliche Folgen blieben. Es sei wichtig, dass sich der Staat in diesen Bereichen alle notwendigen Mittel gebe. „Es geht um die Sicherheit von Personen“, so Tanson. Niemand sollte einen Waffenschein bekommen, der eine Gefahr für andere werden kann. Als Beispiel nennt sie Fälle von Personen, die wegen Gewaltanwendung im Haushalt auffielen, aber straffrei ausgingen, weil die Klage zurückgezogen worden war, und später erneut gewalttätig wurden. Übrigens dürfte die Ehrbarkeit aktueller Waffenbesitzer einer Neubewertung unterzogen werden. Derzeit soll es davon rund 80.000 geben.

Besonders am Herzen liegt Tanson der Schutz von Kindern, die zur Adoption freigegeben wurden. Personen, die das Wohl des Kindes gefährden könnten, müsste die Adoption verweigert werden. „Als Staat hat man hier eine sehr große Verantwortung“, sagt sie.

Eine erste Etappe

Zur Verfügung gestellt werden dürfen nur die Daten, die für den vorliegenden Fall notwendig sind, betonte die Justizministerin mehrmals. Bei der Bewertung eines Antragstellers auf einen Waffenschein, der vom Justizministerium ausgehändigt wird, werde eine Anfrage auf Dateneinsicht an die Staatsanwaltschaft gestellt. Ein ähnliches Verfahren wird bei der Einstellung von Gerichtspersonal angewandt.

Der Gesetzentwurf definiert nicht die Kriterien, nach denen eingestellt wird. Er regelt lediglich, welche Daten angefragt und ausgehändigt werden dürfen. Die Bewertung der erhaltenen Informationen obliegt anderen Stellen.

Tanson betrachtet ihren Gesetzentwurf als erste legislative Etappe eines von der Diskussion um Justiz- und Polizeidatenbanken eingeleiteten Prozesses. Gestern Morgen war das Projekt im Rechtsausschuss des Parlaments erörtert worden.

J.C.Kemp
12. November 2020 - 19.49

'Personen, die das Wohl des Kindes gefährden könnten, ....' Bei dieser Formulierung sollte man vorsichtig sein, angesichts der anstehenden Verfassungsänderung in Ungarn. Eine ähnlich orientierte Regierung hierzulande (niemals auszuschliessen), könnte eine solche Vorschrift zum gleichen Zwecke benutzen.