TotschlagLuxemburger Verbrecher: Spanische Justiz schickt Jean-Marc Kiesch wieder ins Gefängnis

Totschlag / Luxemburger Verbrecher: Spanische Justiz schickt Jean-Marc Kiesch wieder ins Gefängnis
Jean-Marc Kiesch war den spanischen Behörden nach 16 Jahren auf der Flucht im August 2020 ins Netz gegangen Foto: Policia Nacional

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Wende im Fall Kiesch: Der in Luxemburg verurteilte und nach Spanien geflüchtete Mörder muss nun doch wieder ins Gefängnis. Das hat die Luxemburger Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitgeteilt. Nach „einer Serie von Entscheidungen“ habe die spanische Justiz entschieden, dass der Verbrecher den Rest seiner Strafe in einer spanischen Justizvollzugsanstalt absitzen muss. Kiesch hatte 2004 einen Hafturlaub genutzt, um sich nach Spanien abzusetzen, wo er 2020 gefasst und zunächst wieder auf freien Fuß gelassen wurde.

Die Justizposse um Jean-Marc Sirichai Kiesch ist um ein Kapitel reicher: Wie die Luxemburger Staatswanwaltschaft mitteilt, befindet sich der in Luxemburg rechtskräftig verurteilte Verbrecher seit dem 29. Juni wieder in Haft. Dies habe die spanische Justiz den Luxemburger Behörden am Mittwoch bestätigt. Nach einer „Serie von Entscheidungen“ habe die spanische Justiz nun angeordnet, dass Kiesch den Rest seiner Strafe – immerhin noch 3.275 Tage, also etwas mehr als acht Jahre Haft – in einer spanischen Strafanstalt absitzen muss.

Zurück geht die Affäre auf den 4. Januar 1999. An diesem Abend dringt der noch minderjährige Jean-Marc Kiesch am Ortsrand von Befort in das Haus einer 69-Jährigen ein, um die Frau auszurauben. Der bis dahin recht unscheinbare Jugendliche leidet nämlich unter den Hänseleien seiner Altersgenossen, will sich mit der Beute ins Ausland absetzen. Es heißt, er wolle seine leibliche Mutter aufspüren.

Zu diesem Zeitpunkt hat Kiesch Vertrauen zu einer etwas jüngeren Jugendlichen gefasst, die er nur wenige Wochen zuvor auf der Eisbahn von Befort kennengelernt hatte. Beide fühlen sich vom Rest der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie reden viel, rauchen Joints. Jedoch fehlt es an finanziellen Mitteln. Abhilfe soll deshalb die Rente einer älteren Dame aus dem Umfeld des Mädchens schaffen.

Im Visier der Fahnder

Die 69-Jährige lebt alleine am Ortsrand von Befort, wo sich Kiesch am Abend des 4. Januar 1999 auf die Lauer legt. Doch plötzlich läuft alles aus dem Ruder: Am Morgen dringt Kiesch ins Schlafzimmer der Frau ein, um nach dem Geld zu suchen. Dabei wird er von der 69-Jährigen auf frischer Tat ertappt. Sie greift nach einer Art Haken, will den Eindringling festhalten. Kiesch jedoch gerät in Panik und schlägt die Frau mit einem Holzhammer nieder. Das Opfer wird etwas später am eigenen Blut ersticken.

Schnell gerät Kiesch ins Visier der Fahnder. Nur einen Tag nach der Tat – an seinem 18. Geburtstag – gesteht der junge Mann. Weil ihm keine Tötungsabsicht nachgewiesen werden kann, wird er im Oktober 2000 „nur“ wegen Totschlags und versuchter Brandstiftung zu 20 Jahren Haft verurteilt. Vier Jahre später wird Kiesch dann wegen guter Führung ein Hafturlaub gewährt, den der junge Mann nutzt, um sich ins Ausland abzusetzen.

Der am 6. Januar 1981 geborene Mann mit thailändischen Wurzeln wird auf der Liste der weltweit meistgesuchten Verbrecher geführt. 16 Jahre lang wird nach dem Flüchtigen gefahndet – zunächst ohne Erfolg. Erst am 10. August 2020 geht er spanischen Fahndern im Badeort Punta Umbria ins Netz, nur wenige Kilometer von der portugiesischen Grenze entfernt. 

Die Luxemburger Behörden beantragen prompt seine Auslieferung. Stattdessen wird der zu diesem Zeitpunkt 39-Jährige einen Monat später wieder aus der Haft entlassen. Seinen Pass muss er abgeben und sich alle zwei Wochen bei den Behörden melden. Ein Richter in Madrid begründet die Entscheidung mit dem Umstand, dass 21 Jahre seit der Tat vergangen seien und der Betroffene inzwischen in Spanien verwurzelt sei. Kiesch habe sich nach 2006 ein neues Leben in Punta Umbria aufbauen können, mit Partnerin und Kind. 

Wende nach Luxemburger Haftbefehl?

Da es sich nur um eine vorläufige Entscheidung handelt, hält Luxemburg an der Auslieferung fest. Die Familie des Opfers zeigt sich den Medien gegenüber erschüttert. Im September 2021 fällt die nächste Entscheidung: Die spanische Justiz will das Luxemburger Urteil nicht vollstrecken. Die Begründung: Kiesch, inzwischen 40 Jahre alt, sei bei der Tat noch minderjährig gewesen. Tatsächlich wird der Betroffene erst am Tag nach dem Mord volljährig. Gegen die Entscheidung des mit dem Fall befassten Gerichtes zu Madrid könne kein Einspruch erhoben werden, heißt es zu diesem Zeitpunkt. Die Luxemburger Behörden reagieren mit einem neuen Haftbefehl: Kiesch wird wenige Tage später erneut zur Verhaftung ausgeschrieben. 

Inzwischen sitzt der Betroffene wieder in Haft, wie die Luxemburger Staatsanwaltschaft nun mitteilt. Wie es zu dieser Entscheidung kam und welche Schritte die Luxemburger Behörden in den letzten zwölf Monaten unternommen haben, um Kiesch den Rest seiner Strafe zuführen zu können, geht nicht aus der Mitteilung hervor.