Jahresbericht 2021Luxemburg bleibt in Sachen Strom und Gas von Importen abhängig

Jahresbericht 2021 / Luxemburg bleibt in Sachen Strom und Gas von Importen abhängig
Der Anteil der erneuerbaren Energiequellen steigt  Foto: Guido Romaschewsky

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Mit dem Auslaufen der Anti-Corona-Maßnahmen wurde 2021 in Luxemburg wieder mehr Strom verbraucht als im Vorjahr. Der Großteil musste, wie gewöhnlich, aus dem Ausland importiert werden. Trotz eines starken Wachstums bei den Solaranlagen lag die Eigenproduktion nach wie vor unter der vom Jahr 2015.

„Rekordanstieg bei der Installation von Solarpanels“, verkündete die ILR („Institut luxembourgeois de régulation“) in ihrer Pressemeldung zur Vorstellung der Zahlen des Luxemburger Energiemarktes im Jahr 2021. Insgesamt wurden in dem Jahr „1.264 neue Fotovoltaikanlagen installiert, wodurch die Fotovoltaikkapazität in einem einzigen Jahr um 48 Prozent“ gestiegen ist, so die Aufsichtsbehörde des Sektors.

Viele der neuen Anlagen wurden auf den Dächern von Firmenhallen errichtet. So sind beispielsweise in Contern auf der Lagerhalle des Logistikunternehmens Kühne+Nagel wie auch auf den Dächern der neuen Lagerhalle von Arthur Welter in Bettemburg/Düdelingen zwei der größten Fotovoltaik-Dachanlagen entstanden. Der Stahlkonzern ArcelorMittal derweil hat letztes Jahr eine erste schwimmende Solaranlage in Luxemburg eingeweiht.

Solarenergie steht damit mittlerweile für fast die Hälfte der installierten nationalen Stromerzeugungs-Kapazität. Die kumulierte installierte Leistung aller PV-Anlagen habe damit um 90 MW auf 277 MW zugelegt, so das ILR in dem Jahresbericht (siehe Tabelle).

Doch so gut diese Zahlen auch klingen, Grund zur Freude sind sie nur bedingt: Die Produktion von Strom ist 2021 hierzulande nämlich nicht mal gestiegen, sie ist lediglich stabil geblieben von 1.208 GWh auf 1.209 GWh.

In der Industriezone „Gadderscheier 2“ in Differdingen wurde im Oktober 2021 die erste schwimmende Solaranlage des Landes eingeweiht
In der Industriezone „Gadderscheier 2“ in Differdingen wurde im Oktober 2021 die erste schwimmende Solaranlage des Landes eingeweiht Foto: Editpress/Julien Garroy

Produktion von Solarenergie legt zu

Vor einigen Jahren hatte Luxemburg noch deutlich mehr Strom selber erzeugt. Im Jahr 2012 waren es beispielsweise 2.725 GWh. Doch 2016 wurde dann das Gaskraftwerk Twinerg in Esch/Alzette geschlossen. Die Produktion hatte sich seit einigen Jahren finanziell nicht mehr gelohnt. Mittlerweile steht nicht einmal mehr das Gebäude.

Den Rückgang aus dieser Schließung konnte das Land bisher nicht wettmachen. Im Jahr 2016 war die nationale Stromproduktion auf einen Tiefpunkt (763 GWh) gefallen. Sie deckte damals nur 11,7 Prozent der nationalen Nachfrage.

Die nationale Stromproduktion
Die nationale Stromproduktion Screenshot: ILR

Gewachsen ist hierzulande allerdings die Produktion von erneuerbarer Energie. Ihr Volumen hat sich seit 2015 mehr als verdoppelt. 18,5 Prozent des nationalen Konsums stammten 2021 aus eigenen erneuerbaren Quellen. 2015 lag die Quote bei gerade mal 6,8 Prozent. 2020 waren es 15,6 Prozent gesamten Verbrauchs und ein Jahr davor 12,2 Prozent. Der Anstieg der Stromerzeugung geht auf mehr Wind-, Biomasse- und Fotovoltaikanlagen zurück.

Insgesamt wurde so, im Jahr 2021, 993 GWh Strom auf Basis erneuerbarer Energien produziert (Vorjahr: 979 GWh). Dass der Anstieg nicht größer ausgefallen ist, begründet das ILR mit einem Rückgang bei der Windenergie, bedingt durch die Stilllegung alter Windkraftanlagen, die demnächst durch neue Anlagen ersetzt werden.

Die Produktion erneuerbarer Energie hat sich in den letzten sieben Jahren quasi verdoppelt
Die Produktion erneuerbarer Energie hat sich in den letzten sieben Jahren quasi verdoppelt Foto: dpa/Sina Schuldt

Verbrauch hat deutlich zugelegt

Schneller gestiegen als die Produktion war 2021 derweil der Verbrauch, um 4,6 Prozent auf 6.549 GWh. Damit wurde wieder in etwa so viel Strom verbraucht wie im Jahr vor Corona 2019. Europaweit wurde ein derartiger Zuwachs gemessen, wie Zahlen von Eurostat zeigen. Im Jahr der Corona-Pandemie, 2020, war deutlich weniger Strom verbraucht worden als in den Vorjahren. Doch trotz des starken BIP- und Bevölkerungswachstums lag der Verbrauch 2021 deutlich unter dem von vor 2018.

Größter Stromverbraucher war 2021, mit 3.725 GWh (deutlich mehr als die Hälfte), ganz klar die Luxemburger Industrie. Ein Viertel des Verbrauchs wurde von Nicht-Industrie-Unternehmen getätigt. Nur rund 15 Prozent des Stromverbrauchs gingen direkt auf die Haushalte zurück.

Als Resultat musste Luxemburg im 2021 somit mehr Strom importieren. Satte 81,5 Prozent des nationalen Verbrauchs wurden im Ausland eingekauft. Das waren leicht mehr als 2020 (80,7 Prozent), doch weniger als 2019 (84,1 Prozent). Der Import erfolgt hauptsächlich über Deutschland.

Strom ist – im Gegensatz zu Gas – nicht teurer geworden

Im Gegensatz zu einem deutlichen Preisanstieg (von 34 Prozent) beim Gas (siehe Kasten) hat sich der Anstieg der Energiepreise auf den Großhandelsmärkten 2021 nicht auf den Strompreis für Haushalte ausgewirkt, schreibt das ILR in dem Bericht weiter. Im Jahr 2021 zahlte der durchschnittliche Haushaltskunde, mit einem Verbrauch von 4.000 kWh/Jahr, 795 Euro pro Jahr (bzw. 66 pro pro Monat) für seine Versorgung mit Strom. Im Vorjahr waren die Preise für Privatkunden im Vergleich zu 2019 um 10 Prozent auf 794 Euro pro Jahr gestiegen. 2016 hatte der durchschnittliche Kunde 679 Euro pro Jahr bezahlt.

Im Schnitt liegt Luxemburg, was die Preise anbelangt, im europäischen Durchschnitt. Nicht so teuer wie in Deutschland und Dänemark – aber viel teurer als in den Niederlanden oder Bulgarien.

Über die letzten Jahre hat sich auch der Strommix, der hierzulande durch die Leitungen fließt, deutlich verändert. Der Anteil der fossilen Energie ist zwischen 2009 und 2020 stark zurückgegangen, von 52,6 auf 26,9 Prozent (Vorjahr: 30,2 Prozent). Parallel dazu ist der Anteil der Erneuerbaren stark gestiegen: von 21,3 auf starke 64,3 Prozent (Vorjahr: 59 Prozent). Für 54,2 Prozentpunkte davon steht die (mehrheitlich importierte) Energie aus Wasserkraft.

Der Anteil der Nuklearenergie im Luxemburger Stromnetz schwankt. Im Jahr nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima (2011) lag er bei 24,4 Prozent. Im Jahr danach war sein Anteil dann auf 6,3 Prozent gefallen. 2020 lag er bei 7.3 Prozent (Vorjahr: 10,7 Prozent).

Die Mission des ILR besteht darin, im Interesse der Verbraucher das reibungslose Funktionieren der Märkte auf Grundlage eines wirksamen und nachhaltigen Wettbewerbs zu gewährleisten, zu überwachen und gleichzeitig einen grundlegenden Universaldienst zu garantieren. Das ILR ist eine unabhängige Behörde, die für die Regulierung der elektronischen Kommunikationsnetze und -dienste, des Transports und der Verteilung von elektrischer Energie und Erdgas, der Postdienste, des Schienenverkehrs und der Flughafengebühren zuständig ist.

 Foto: Editpress/Julien Garroy

Das Fast-Energie-Monopol

Auf dem Stromeinzelhandelsmarkt in Luxemburg waren 2021 insgesamt 12 (Vorjahr: neun) Stromunternehmen tätig: sieben auf dem Privatkundenmarkt und zehn auf dem Nichtwohnungsmarkt (professionelle Kunden wie Industrieanlagen und Verwaltungen). Praktisch gesehen wird der Luxemburger Markt jedoch von einem Unternehmen dominiert: der Encevo-Gruppe.

Bei den Privatpersonen hält Encevo/Enovos mitsamt Tochtergesellschaften einen Marktanteil von stattlichen 90,8 Prozent. Von den Wettbewerbern hält nur Sudstroum einen Marktanteil von mehr als 5 Prozent. Auch bei den Geschäftskunden hält Encevo einen Marktanteil von satten 85,5 Prozent. Nur im Bereich der Industrie ist der Anteil von Encevo, mit 58,1 Prozent, etwas geringer. Hintergrund ist, dass der Stahlkonzern ArcelorMittal sich selbst, über ArcelorMittal Energy (Marktanteil von 36,4 Prozent), mit Elektrizität versorgt.

Auf dem Gasmarkt sieht es leicht ausgeglichener aus: Bei den mittelständischen Geschäftskunden hält die Encevo-Gruppe zwar einen Marktanteil von 78,3 Prozent; bei den Anlagen, die aus Gas Strom erzeugen, sind es 90,4 Prozent. Bei den Privatpersonen sind es jedoch nur 49,5 Prozent. Mit 49,2 Prozent hält auch SUDenergie einen beachtlichen Marktanteil. Bei den industriellen Kunden hält ArcelorMittal Energy derweil (mit 63,2 Prozent) den bedeutendsten Marktanteil. Encevo liefert 36,8 des von der Industrie benötigten Gas.

Gilt noch zu erwähnen, dass die Encevo-Gruppe, mit ihrer Tochtergesellschaft Creos zudem der bei weitem wichtigste Strom- und Gasnetzbetreiber des Landes ist.

Größter Anteilseigner von Encevo/Enovos ist mit 28 Prozent der Luxemburger Staat. Indirekt (über BCEE, Post, SNCI, Luxemburg-Stadt) kontrolliert er fast 75 Prozent der Anteile. Zweitwichtigster Aktionär ist der weltweit zweitgrößte Netzbetreiber China Southern Power Grid International

 Foto: dpa/Keystone/Alexandra Wey

Der Luxemburger Gasmarkt 2021

Beim Gas ist Luxemburg noch abhängiger vom Ausland als beim Strom, wo das Großherzogtum letztes Jahr 81,5 Prozent seines Verbrauchs importiert hat. Beim Gas waren es satte 99,99 Prozent, die aus dem Ausland eingeführt werden mussten (größtenteils aus Belgien). Eine totale Abhängigkeit. Nur ein sehr geringer Anteil des verbrauchten Gases (0,006 Prozent) wurde hierzulande, in Form von Biogas, erzeugt.

Insgesamt wurden letztes Jahr 8.708 GWh Gas verbraucht. Das sind 7,6 Prozent mehr als im Vorjahr – doch nach wie vor weniger als in den Jahren vor Corona. Von den 8.708 GWh Gas, die 2021 in Luxemburg verbraucht wurden, wurden etwa 31 Prozent von den Haushalten zum Heizen genutzt, 62,6 Prozent von der Industrie und von Unternehmen und rund 6 Prozent zur Herstellung von Strom. 81.029 Haushalte verfügen über einen Gasanschluss, wie aus dem Jahresbericht der Aufsichtsbehörde ILR hervorgeht.

Der durchschnittliche Haushaltskunde zahlte 2021 insgesamt 52,6 Euro für ein MWh Erdgas. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch bedeutet dies jährliche Kosten von 1.607 Euro pro Haushalt (134 Euro pro Monat). Das war deutlich teurer als im Vorjahr, als die Kosten für den durchschnittlichen Haushalt erst bei 1.201 Euro lagen. Ein Anstieg von 34 Prozent in 12 Monaten. Zurückzuführen sei der gestiegene Preis auf einerseits einen höheren Marktpreis für Gas und andererseits auf die neu eingeführte CO2-Steuer, so das ILR. Der Gaspreis setzt sich zusammen aus 55 Prozent für die Einkaufskosten der Energie, aus 28 Prozent für die Netzkosten und 18 Prozent aus Steuern und Abgaben.

Vor einigen Jahren wurde in Luxemburg noch viel mehr Gas verbraucht. Im Jahr 2015 lag der Verbrauch bei rund 10.100 GWh, 2012 sogar bei 13.610 GWh. Der Rückgang ist auf einen geringeren Konsum im Bereich der Stromerzeugung (Gas- und Dampfturbinen und Kraft-Wärme-Kopplung) zurückzuführen. Traditionell. Das in Luxemburg verbrauchte Gas stammte zu 42 Prozent aus Norwegen und zu 31 Prozent aus den Niederlanden. Bei etwa 13 Prozent handelt es sich um LNG und nur rund 14 Prozent kommen aus Russland.

Weiterführende Lektüre:

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JJ
25. Juli 2022 - 21.58

@Bux+MarcL, das ist vorübergehende Maßnahme. Frankreich wird 14 neue Meiler bauen. EDF soll verstaatlicht werden. Und Deutschland wird garantiert seine 3 letzten Meiler nicht ausschalten so wie die Sache steht. ( cf: Prof.HW Sinn - "Energiewende ins Nichts". )

Bux /
25. Juli 2022 - 13.31

Dafür dass 90 % der elektrischen Energie importiert werden, ist diese hier sehr günstig. Offensichtlich ist es für Luxemburg rentabler keine eigenen Kraftwerke zu betreiben und sich die Energie billig aus dem Ausland zu beschaffen.

MarcL
25. Juli 2022 - 12.21

@JJ: Frankreich wird z.Z mit Strom aus Deutschland beliefert. Grund für den Ausfall von c.a. 50% der franz. Atommeiler sind dringende Reparatur und Unterhaltsarbeiten sowie Wasserknappheit. Flüsse führen in der aktuellen Dürre offenbar nicht genügend Wasser zur Kühlung der Reaktoren. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/frankreich-atomindustrie-101.html#:~:text=Korrosion%20bringt%20die%20Pl%C3%A4ne%20ins,Reaktoren%20sind%20wegen%20Regelwartungen%20abgeschaltet. https://orf.at/stories/3269933/#:~:text=AKW%3A%20Wasserstand%20f%C3%BCr%20K%C3%BChlung%20zu,Electricite%20de%20France%20(EDF).

JJ
25. Juli 2022 - 10.30

".. Im Jahr nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima (2011) lag er bei 24,4 Prozent. Im Jahr danach war sein Anteil dann auf 6,3 Prozent gefallen. 2020 lag er bei 7.3 Prozent (Vorjahr: 10,7 Prozent)." Wind,Sonne und Biogas werden den Bedarf niemals decken und wenn wir das ganze Land zuspargeln würden.Ausserdem sind Wind-und Sonnenenergie "volatile" Energien.Soll heißen,nicht immer verfügbar oder sie produzieren,wenn kein Strom gebraucht wird. Oft sieht man stillstehende Windräder,das soll nicht heißen,dass sie gerade in Reparatur sind.Nein,man weiß nicht wohin mit dem Strom. Der Clou ist indem Fall,dass die Betreiber trotzdem ihr Geld kassieren als ob die Räder laufen würden. Bei dem Wohnungszuwachs der in Luxemburg erwartet wird,kommt bald der meiste Strom aus französischen Kernkraftwerken. Da führt kein Weg dran vorbei.