Grüne FinanzenEuropas Greenwashing sorgt für Kopfzerbrechen am Finanzplatz

Grüne Finanzen / Europas Greenwashing sorgt für Kopfzerbrechen am Finanzplatz
Neue Regeln hätten den Finanzsektor in der EU zu mehr Engagement im Kampf gegen den Klimawandel motivieren sollen. Schlussendlich sorgen sie nur für Verunsicherung. Foto: Christian Muller

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Am Finanzplatz Luxemburg herrscht Verwirrung. Seit Jahren wird sich hierzulande angestrengt, um eine Vorreiterrolle bei der Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel einzunehmen. Doch alles, was bisher erreicht wurde, riskiert nun wegen einer Entscheidung der EU-Kommission zur Farce zu verkommen.

Anfangs klang alles richtig gut. Politiker und Vertreter der Finanzindustrie schlossen sich hierzulande zusammen. Gemeinsam setzte man sich für den Bereich der sogenannten „grünen Finanzen“ ein. Gemeinsam wollte man Tausende Milliarden Euro mobilisieren, um Projekte im Kampf gegen den Klimawandel zu finanzieren.

„In Paris (Anm. d. Red.: bei der Weltklimakonfernez) haben die Staaten erkannt, dass unser Wirtschaftssystem – sowohl für die Umwelt als auch im Sozialen –nicht nachhaltig ist. Wir müssen handeln, und das dringend“, sagte beispielsweise Carole Dieschbourg zu Beginn des Jahres 2018 bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem damaligen Finanzminister Pierre Gramegna. Man versuche daher, als Land, gute Rahmenbedingungen für grüne Finanzen zu schaffen, erklärte die Umweltministerin.

Es sei einfach naheliegend für Luxemburg, den Finanzplatz zu nutzen, um mehr erreichen zu können, unterstrich damals Pierre Gramegna. Er hatte das Thema früh entdeckt. Nur mit dem Finanzplatz könne „Luxemburg einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, der größer ist als das Land selber“, hatte er bereits ein Jahr zuvor im Rahmen des 35. „Journée de la bourse“ erklärt. „Was wir jetzt sehen, ist erst die Spitze des Eisberges. Green Finance ist nicht mehr zu stoppen“, so ein begeisterter Finanzminister im Jahr 2017.

Ein dankbares Thema für den Finanzplatz

Für die Politik, wie auch für den Finanzplatz selber, war es ein dankbares Thema: Einerseits geht es um die Rettung und die Zukunft des gesamten Planeten – andererseits um neue Geschäftsmöglichkeiten. Nach den vielen Jahren mit einem „Schmuddel-Image“, beteiligte sich die Finanzindustrie mit Freude an der neuen Mission. Auch wenn die Maßnahmen einigen Beobachtern nicht weit genug gingen, so wurde der Finanzplatz dennoch, in Zusammenarbeit mit der Regierung und auch der Europäischen Investitionsbank, zu einem Vorreiter, zu einem Pionier. Eine ganze Reihe neuer grüner Finanzprodukte entstand.

Viel Lob gab es für die neue Luxemburger „grüne Börse“
Viel Lob gab es für die neue Luxemburger „grüne Börse“ Foto: Editpress/Julien Garroy

Am meisten Aufmerksamkeit erhielt die Luxemburger Börse für ihre 2016 gegründete „grüne Börse“. Sogar mit einem Preis der Vereinten Nationen wurde sie geehrt. Auf dieser Plattform dürfen nur „grüne Anleihen“ gehandelt werden. Dabei gelten die „Green Bond Principles“ der ICMA: Um zugelassen zu werden, dürfen die geliehenen Gelder beispielsweise nicht in Bereiche wie Kohle, Atomkraft oder Erdöl fließen. Noch heute ist sie weltweiter Marktführer bei der Notierung von „grünen Anleihen“. Eine neue Sparte von „sozial verantwortlichen“ Anleihen ist bereits hinzugekommen.

Auch Brüssel sprang auf den Zug auf: Mitte 2018 kündigte die EU-Kommission, noch unter Präsident Jean-Claude Juncker, in einer Pressemeldung erste Maßnahmen an, um den Finanzsektor „zu einem starken Akteur im Kampf gegen den Klimawandel zu machen“. Es gehe darum, „weltweit die Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels“ zu übernehmen, so die Kommission damals. Erreicht werden sollten diese Ziele durch neue Regeln für mehr Transparenz, die „nachhaltige Investitionen“ als solche definieren sollten, und so für mehr Klarheit und Vertrauen unter den Anlegern sorgen.

Mit der Festlegung von (europaweit geltenden) Kriterien (Taxonomie) sollte somit künftig bestimmt werden können, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist oder nicht. Dies wiederum würde dazu führen, dass der individuelle Anleger besser informiert sei und sich dafür entscheiden könne, sein Geld in nachweisbar nachhaltige Produkte zu stecken. Im Endeffekt könnten viele Milliarden Euro in den Kampf gegen den Klimawandel gelenkt werden, lautete die Überlegung. Mittelfristig könnten für diese Produkte zudem (steuerliche und regulatorische) Sonderregeln eingeführt werden, um sie noch attraktiver zu gestalten.

Überaus hohe Erwartungen

Mit Begeisterung brachte sich Luxemburg damals in die Diskussionen ein. „Es gilt, eine wahre Masse an Projekten zu finanzieren“, hatte Julie Becker im Jahr 2018 am „Tag der grünen Finanzen“, den das Beratungsinstitut PwC organisiert hatte, unterstrichen. Sie war Luxemburger Mitglied in der „EU High-Level Expert Group on Sustainable Finance“. „Der Staat allein kann das nicht stemmen. (…) Ohne Geld kann man träumen, aber nicht handeln. Und wir können nicht behaupten, wir hätten nichts gewusst.“

Am Finanzplatz hatte man überaus hohe Erwartungen an die neue Taxonomie. Manche hegten sogar die Hoffnung, dass sich der Erfolg, den Luxemburg in den 80ern mit der schnellen Umsetzung der Ucits-Direktive hatte, wiederholen könnte. Damals, vor rund 40 Jahren, hatte Luxemburg als erstes europäisches Land die sogenannte Ucits-Direktive in nationales Recht umgesetzt. (Die Direktive legte Regeln für einen europäischen Binnenmarkt für Investmentfonds fest.) Dank der schnellen Umsetzung hat sich das Land nach und nach zum zweitwichtigsten Investmentfonds-Standort der Welt entwickelt. 

Die Beteiligten waren bereit zum schnellen Handeln. Gewartet wurde nur noch auf den juristischen Startschuss: die Taxonomie. „Heute ist der Markt für grüne und nachhaltige Finanzprodukte noch nicht reif, noch nicht erwachsen“, erläuterte Tom Pfeiffer von Deloitte damals (2018) gegenüber dem Tageblatt. Es sei aktuell wirklich viel in Bewegung, so der für das Thema Nachhaltigkeit zuständige Partner beim Beratungsunternehmen. Die Finanzindustrie bringe sich in Stellung. Sie rechne mit einer sprunghaft ansteigenden Nachfrage nach grünen Finanzprodukten. „Man kann die Bewegung richtig fühlen.“ Aber derzeit passiere alles noch auf freiwilliger Basis, fügte er in Erwartung der Ausarbeitung eines europaweit geltenden Regelwerks hinzu.

Eine eiskalte Dusche aus Brüssel

Doch als das Resultat aus Brüssel schlussendlich kam, zwei Stunden vor dem Ende des Jahres 2021, entsprach es einer eiskalten Dusche. Die EU-Kommission plant, neben den Erneuerbaren, auch der Atomkraft und dem Erdgas ein grünes Gütesiegel zu verleihen. In dem betreffenden „ergänzenden delegierten Klima-Rechtsakt“, der am zweiten Februar offiziell verabschiedet wurde, schreibt die EU-Kommission, dass sie der Auffassung sei, dass privaten Investitionen in Gas- und Kernenergie eine Rolle beim Übergang hin zur Verwirklichung der Klimaziele zukomme. „Die in dem Rechtsakt erfassten Gas- und Kernenergietätigkeiten stehen im Einklang mit den Klima- und Umweltzielen der EU“, so die Kommission. „Mit ihrer Hilfe können wir den Übergang von umweltschädlicheren Tätigkeiten wie der Kohleverstromung zu einer klimaneutralen Zukunft mit überwiegend erneuerbaren Energieträgern beschleunigen.“

Ganz überraschend kam die Entscheidung nicht. Zwar hatte Luxemburg immer wieder versucht, sich für echte Kriterien stark zu machen, doch hatten andere Länder wohl mehr Gewicht. Im November 2021 beispielsweise hatten sich das Großherzogtum und einige andere EU-Staaten am Rande der Weltklimakonferenz in Glasgow in einer gemeinsamen Erklärung „für eine nuklear-freie EU-Taxonomie“ ausgesprochen. Doch die Atomkraftgegner-Länder sind in Europa eindeutig in der Minderheit.

Die Luxemburger Vorreiter im Kampf für „grüne Finanzen“ wurden von Brüssel bitter enttäuscht. Mittlerweile ist jegliche Begeisterung für die Taxonomie verflogen. Einige Tage nach der Entscheidung aus Brüssel äußerte sich die Luxemburger Regierung mittels einer Pressemeldung. Sie unterstrich erneut, dass „ein echter Übergang zur Klimaneutralität ohne fossile Energieträger auskommen muss, ebenso wie ohne Kernenergie, die eine teure und hochgefährliche Technologie ist.“

Luxemburg werde der Kommission seinen Einspruch innerhalb der vorgesehenen Frist mitteilen, so die Botschaft weiter. Im europäischen Rat werde man gegen den Text in seiner jetzigen Form stimmen. Zudem prüfe man, in enger Abstimmung mit Österreich, rechtliche Schritte gegen den vorliegenden Beschluss, falls er so angenommen werde. Meilenweit entfernt von der schnellen Umsetzung, die sich ursprünglich eigentlich jeder am Finanzplatz gewünscht hätte.

Mein Vorsatz fürs neue Jahr: weniger Alkohol trinken. (…) Damit das etwas einfacher wird, habe ich Sekt und Bier als Softdrinks eingestuft.

Ein vom ehemaligen Finanzminister Pierre Gramegna geteilter Tweet

„Hier geht es darum, nicht nachhaltige Technologien als nachhaltig zu kennzeichnen“ und damit den Akteuren der fossilen und nuklearen Energieträger den Zugang zu den für den grünen Übergang vorgesehenen Finanzbedingungen zu ermöglichen, so Umweltministerin Carole Dieschburg. Eine Taxonomie müsse aber glaubwürdig sein, vor allem da Europa eine Vorreiterrolle in diesem Bereich spielen möchte. Luxemburg werde daher „alles in seiner Macht Stehende tun, um diese Entscheidung zu blockieren und um Greenwashing zu verhindern“. Luxemburgs neue Finanzministerin Yuriko Backes fügte diplomatisch hinzu, dass das Land weiterhin fest entschlossen sei, „zur Entwicklung einer glaubwürdigen Taxonomie beizutragen, die im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Finanzdienstleistungen als internationaler Standard ist“.

Deutlich direkter äußerte sich ihr Vorgänger: „Dass ausgerechnet Atomenergie als „grün“ eingestuft werden soll, führt die #Taxonomie ad absurdum. Wo nachhaltig drauf steht, muss auch nachhaltig drin sein“, stand in einem Post, den Gramegna auf Twitter teilte. In einem zweiten Post reagierte er mit bitterem Galgenhumor: „Mein Vorsatz fürs neue Jahr: weniger Alkohol trinken. (…) Damit das etwas einfacher wird, habe ich Sekt und Bier als Softdrinks eingestuft.“

Eine Allianz von Atom- und Gaslobby

Wie geht es jetzt weiter? Allem Anschein nach wird sich die EU-Kommission durchsetzen. Im europäischen Rat müssten rund 20 Länder (von 27 Mitgliedsstaaten) mit Nein stimmen, um den von der EU eingeschlagenen Weg eines delegierten Rechtsakts ablehnen zu können. Das gilt, Beobachtern zufolge, als nicht realistisch. Immerhin habe sich Frankreich, als oberster Atombefürworter, mit genügend anderen Ländern zusammengetan, die für ihre Stromproduktion weiter auf den fossilen Brennstoff Gas setzen wollen. Frankreich will zudem zusätzliche Atomkraftwerke bauen.

Auch dass aus Frankreich selbst Warnungen und Zweifel kommen, wird überhört. So hatte die Nachrichtenagentur AFP vor kurzem berichtet, dass Frankreichs Rechnungshof „mit Blick auf den angekündigten Ausbau der Atomkraft im Land vor unabsehbaren Kosten“ warnt. „Es ist unsicher, ob neue Atomkraftwerke termingerecht und zu vernünftigen Kosten gebaut werden können“, so der Rechnungshof. Als Beispiel wird der Prototyp des EPR-Reaktors in Flamanville genannt, der frühestens mit elf Jahren Verzögerung 2023 ans Netz gehen soll. Die Kosten für den EPR-Reaktor sind nach Schätzungen des Rechnungshofs von 3,3 auf mehr als 19 Milliarden Euro angestiegen.

In Europa sind die Atomkraftgegner-Länder in der Minderheit.
In Europa sind die Atomkraftgegner-Länder in der Minderheit. Foto: Christian Muller

Hoffen können die Kritiker der jetzt vorgelegten Taxonomie fast nur noch auf das Europäische Parlament. Dieses hat nun vier Monate Zeit, den Rechtsakt zu prüfen und gegebenenfalls Einwände zu erheben. Das Parlament kann den Vorschlag mit einer Mehrheit (mindestens 353 Abgeordnete) im Plenum ablehnen. Wie realistisch diese Chance ist, ist ungewiss. Nach Ablauf der Frist und sofern weder das Europäische Parlament noch der Rat Einwände erhoben haben, tritt der ergänzende delegierte Rechtsakt in Kraft und gilt ab dem 1. Januar 2023. Dann könnte höchstens noch die luxemburgisch-österreichische Klage das Vorhaben stoppen. Die Erfolgsaussichten hierfür sind ebenfalls unklar.

Sollte sich die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag jedoch durchsetzen, dann wird der Finanzsektor vor einer schwierigen Frage stehen: Wird er die aktuellen Standards senken müssen? Immerhin gelten heute vielerorts Nachhaltigkeitskriterien, die strenger sind als jene, die die EU-Kommission künftig als weltweiter „Gold-Standard“ einführen will. Doch wie reagieren die Kunden, wenn Banken und Versicherungen ihnen „nachhaltige“ Produkte verkaufen, sie später aber merken, dass ihre Gelder schlussendlich doch in nicht-erneuerbare Energieformen investiert wurden.

Es gehöre mittlerweile bereits zum „Marktstandard, dass grüne Finanzprodukte frei von Gas und Nuklearenergie“ sind, hatte der ehemalige grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold schon letztes Jahr gewarnt. Diese Standards seien selbst von Banken und Versicherungen eingeführt worden. Die EU würde sich in eine „total lächerliche“ Situation bringen, sollte sie nun etwas daran ändern, da sie damit hinter bereits etablierte Marktstandards zurückfallen würde. Das würde nicht nur ihrer Glaubwürdigkeit, sondern auch ihren wirtschaftlichen Interessen schaden, wenn Regeln geschaffen würden, die vom Markt nicht akzeptiert werden.

Labelling-Agentur LuxFlag wartet ab

Direkt von einer derartigen Entscheidung getroffen werden dürfte beispielsweise die Luxemburger Fonds-Labelling-Agentur LuxFlag. Die im Jahr 2006 gegründete Institution hatte ursprünglich zum Ziel, ein unabhängiges Label für Mikrofinanz-Fonds zu erstellen. Mit diesem Label wurde dann zertifiziert, dass der betreffende Fonds sich nicht nur „Mikrofinanzfonds“ nennt, sondern der Großteil des Geldes tatsächlich in diesen Bereich fließt. Über die Jahre kam zum Mikrofinanz- unter anderem auch noch ein Umwelt-Label hinzu. Nun stellt sich die Frage, ob dieses Label zur Farce verkommen könnte. Würde nun nämlich ein Fonds, der einen Teil seiner Geldanlagen im Gasbereich, einen weiteren in der Atomkraft und die restlichen in der Ölindustrie stecken hat, von LuxFlag als „nachhaltig und grün“ zertifiziert werden?

Bei LuxFlag ist man sich der schwierigen Lage bewusst. Man scheint aber noch auf ein Umdenken bei der EU-Kommission zu hoffen. „Da die Verhandlungen über die Frage der Aufnahme von Kernkraft und Gas in die EU-Taxonomie noch nicht abgeschlossen sind, d. h. insbesondere der Rat und das Parlament müssen sich noch äußern, werden wir die Auswirkungen auf die Kriterien für die LuxFlag-Labels erst dann in Betracht ziehen, wenn dieser Prozess abgeschlossen ist“, lautete die Antwort auf eine diesbezügliche Tageblatt-Frage.

Seitens des Luxemburger Finanzministeriums klingt es fast so, als habe man den Kampf bereits aufgegeben. Auf die Frage, ob Luxemburg nun gemeinsam mit Österreich eine neue, separate Taxonomie erstellen wird, lautete die Antwort: Luxemburg sei ganz klar weiterhin für eine „glaubwürdige und ehrgeizige“ EU-Taxonomie – also ohne Atomkraft und ohne fossile Energien. Trotzdem müsse man verstehen, dass eine europäische Taxonomie einer gemeinsamen Linie der Mitgliedsstaaten entspreche, und demnach als EU-Norm in der ganzen EU angewendet wird.

Och wa Lëtzebuerg gäre méi ambitionéiert Critère gesaït, muss Lëtzebuerg als Memberstaat eng europäesch Gesetzesgebung respektéieren, an deem Fall och d’Taxonomie.

Finanzministerium

Auch wenn Luxemburg gerne anspruchsvollere Kriterien sähe, so müsse man doch die europäische Gesetzgebung akzeptieren, auch die Taxonomie, schreibt das Ministerium weiter. „Das bedeutet aber nicht, dass man sich zusätzlich umschauen kann, um zu sehen, welche anderen Instrumente mit ehrgeizigeren Kriterien möglich sind.“ Mit der Begeisterung aus dem Jahr 2018 hat das alles jedenfalls nicht mehr viel gemeinsam.

Sollte sich die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag durchsetzen, wird wohl auch die Europäische Investitionsbank (EIB) nicht von den Folgen verschont bleiben. Die Bank, die den EU-Mitgliedsstaaten gehört, hat zum Ziel, die politischen Ziele der EU mittels milliardenschwerer Kredite finanziell zu stützen. Die Gruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Ende des Jahrzehnts Investitionen in Höhe von einer Billion Euro in Klima und Umwelt anzuschieben, hieß es bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2020. Seit Ende 2019 investiert die EIB in keine neuen Projekte mit fossilen Energien mehr.

An der Finanzierung des Baus neuer Atomkraftwerke habe man sich noch nie und wolle man sich auch in Zukunft nicht beteiligen, erklärte das Finanzinstitut im Januar 2021. Ein Jahr später, im Januar dieses Jahres, scheint auch bei der EIB Verwirrung zu herrschen. Bankchef Werner Hoyer zeigte sich skeptisch gegenüber EU-Plänen, Gas und Atomkraft innerhalb der sogenannten Taxonomie übergangsweise als nachhaltig einzustufen, berichtete die Nachrichtenagentur dpa. Die EIB habe ihre eigene Kreditvergabepolitik und habe noch nie Atomkraftwerke finanziert, wird er zitiert.

Ob die Bank nun jedoch gezwungen werden kann, wieder einen Schritt zurück zu machen, und auch Gas- und Atomprojekte finanzieren muss, bleibt abzuwarten. Bisher zählte die EIB im Klima-Bereich zu den Vorreitern. Bereits im Jahr 2007 hatte sie, als erste Institution überhaupt, sich mit einer „grünen Anleihe“ (über die Luxemburger Börse) auf dem Markt Geld besorgt.

Die Taxonomie

Die EU-Taxonomie ist ein technisches Dokument, das Investoren Aufschluss darüber gibt, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als umweltfreundlich und nachhaltig eingestuft werden und folglich als für „grüne Investitionen“ tauglich erachtet werden können. Als Folge des Vorschlags der EU-Kommission könnten die zwei umstrittenen Energieträger künftig bei Finanzierungen wohl die gleichen günstigen Bedingungen wie Solar oder Windenergie erhalten. Geld, das beispielsweise in die Windkraft fließen sollte, könnte in die Atomkraft umgeleitet werden.

Weiterführende Lektüre:

Die Vision des grünen Finanzplatzes. Bericht aus dem Jahr 2017 – LINK

Gespräch mit Umweltministerin Carole Dieschburg: Warum die Atomkraft nicht nachhaltig ist, und auch als Übergangslösung nichts taugt. – LINK

Ungeklärt ist, wer im Falle von grossen Unfällen bei Atomkraftwerken für die Kosten aufkommen würde. Die Betreiber benötigen keine Versicherung, die auch nur annähernd für die Schäden aufkommen könnte – LINK