RegierungserklärungLuxembourg’s economy first: Wirtschaftlicher und administrativer Pragmatismus inspirieren Friedens Politik

Regierungserklärung / Luxembourg’s economy first: Wirtschaftlicher und administrativer Pragmatismus inspirieren Friedens Politik
Hat einen wirtschaftsliberalen Kurs für die kommenden Jahre festgelegt: Premierminister Luc Frieden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Luc Friedens Regierungserklärung verdeutlicht den wirtschaftsfreundlichen Kurs der neuen CSV-DP-Koalition. In einigen Fragen aber bleibt Luxemburgs Premier die versprochenen Erklärungen schuldig.

Nach Friedens knapp einstündiger Regierungserklärung am Mittwochnachmittag im Chamber-Plenum ist klar: Wirtschaftliche Interessen, der Wohnungsbau und die administrative Vereinfachung sind die politischen Handlungsleitlinien der CSV-DP-Regierung. Am Ende seiner Ausführungen fragte Frieden, wie in der Verfassung vorgeschrieben, um das Vertrauen der Chamber. Das Votum erfolgt nach der Debatte am Donnerstag.

Luc Frieden ist Luxemburgs Premier, aber nicht nur Premier der Luxemburger. Das machte der CSV-Premierminister gleich zu Beginn seiner Rede klar, als er sich auf Französisch an die „Nicht-Luxemburger, die in diesem Land leben und arbeiten“, wendete. Anhand der „Berufskammern und anderer Organisationen“ wolle er auch ihre Stimmen hören.

Viel Neues konnte Luc Frieden in seiner Rede nicht mehr vorstellen. Der institutionelle Respekt gebühre es, dass das Programm erst der Chamber vorgestellt werde, wiederholte Luc Frieden am Mittwoch. „Das ist nicht ganz gelungen“, schien Luxemburgs neuer Premierminister den Leak des Koalitionsvertrages jedoch mit Humor zu nehmen. Bereits am Freitagmorgen vergangener Woche war der Koalitionsvertrag an die Öffentlichkeit gelangt, mittlerweile haben nicht nur Abgeordnete, sondern auch zahlreiche Verbände aus der Zivilgesellschaft auf die Maßnahmen im Vertrag reagiert.

Wirtschaftlicher Pragmatismus

Auf Französisch erläuterte Frieden auch die Leitlinien der künftigen Luxemburger Außenpolitik und erinnerte an die Werte, für die Luxemburg einstehen will. Mit den üblichen Absichtsbekundungen an EU und NATO, dass Luxemburg seinen europäischen Verpflichtungen nachkommen wird und sich aktiv an der Europäischen Integration beteiligt, schweifte Frieden mit einem Schwenk auf China vom Symbolpolitischen sogleich ins Realpolitische ab. „Wir werden gute Beziehungen zu China aufrechterhalten, die mit unseren wirtschaftlichen Interessen und Werten im Einklang stehen – ein China, dessen politische, wirtschaftliche und technologische Bedeutung unsere volle Aufmerksamkeit verdient“, sagte Frieden vor dem Chamberplenum. Obschon kein direkter Bruch mit der in Folge des Ukraine-Krieges wieder in den Vordergrund gerückten werteorientierten Außenpolitik angekündigt wird, deutet sich eine zumindest pragmatischere Herangehensweise an. Ein Hinweis auf den Rest der folgenden Regierungserklärung: Die Außen-, aber auch die Arbeits- und wenig überraschend auch die Umweltpolitik sollen der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes klar untergeordnet werden.

Eine gut funktionierende Luxemburger Wirtschaft, die Wohnungskrise und die administrative Vereinfachung waren Elemente, die Friedens Ausführungen durchzogen und quasi in jedem Politikfeld – ob Familien- oder Migrationspolitik – als Lösung aller Probleme dargestellt wurden. Premier Frieden sprach in seiner Regierungserklärung von schlechteren wirtschaftlichen Perspektiven in vielen Ländern der Welt, auch in Luxemburg. Das Sozialsystem und der Wohlstand des Landes aber bräuchten Wachstum, so der Regierungschef. „Wir stehen zu einem nachhaltigen und inklusiven Wachstum“, sagte Frieden über die politische Ausrichtung der neuen Regierung. Mehr Wachstum sei nicht gleichbedeutend mit mehr Menschen und mehr Verkehr. Es gebe „andere Methoden“, um das zu erreichen, so Frieden. Wie genau, sagte Frieden nicht – zumal unter Frieden das Recht auf Télétravail nicht eingeführt werden soll.

In seiner Rede machte Frieden deutlich: „Um die Kaufkraft zu erhalten, wird die Regierung den Index in seiner aktuellen Form beibehalten.“ Der Index habe jedoch zwei Seiten, so Frieden. Man dürfe auch nicht die finanzielle Belastung der Unternehmen vergessen. Aus diesem Grund wolle man, sollte mehr als eine Indextranche pro Jahr fällig werden, in einen Sozialdialog mit allen Beteiligten gehen. In den Sozialdialog will Frieden auch treten, um den „Plan d’organisation de travail“ zu überarbeiten und die Sonntagsarbeit zu flexibilisieren.

„Esprit d’entreprise“

Mit Steuererleichterungen für Unternehmen und Privatpersonen will Frieden die Kaufkraft stärken und ein Umfeld schaffen, das den „Esprit d’entreprise“ unterstützt. Maßnahmen, die die Regierung sich einiges an Geld kosten lassen wird. „Dafür braucht unser Land gesunde und solide Staatsfinanzen“, so Frieden. Alles andere als solide ist jedoch die Richtung, die die Staatsfinanzen einnehmen sollen. Denn wie schon im Koalitionsvertrag wird weniger der Schuldenstand als die Natur der Schuld als Indikator genutzt. „Die Schuld darf nicht unverantwortlich wachsen“, sagte Frieden. Und wenn, dann auch nur „für Infrastrukturen, den bezahlbaren Wohnungsraum und erneuerbare Energien“. Luc Frieden hat aber sehr wohl anerkannt, dass es weiterer Finanzierungsquellen bedarf, um das Investitionsniveau hochzuhalten. Als mögliche Quellen nannte Frieden dann auch „private-public partnerships“, Bürger- oder auch Staatsfonds.

Eine Erklärung zur Finanzierbarkeit des Luxemburger Rentensystems blieb Frieden ebenfalls vorerst schuldig. Eine große öffentliche Debatte soll stattdessen die Richtung vorgeben. „Wir hoffen, dabei einen gesellschaftlichen Konsens zu finden“, sagte Frieden. Eine schwierige Diskussion, die aber notwendig sei fürs Land.

Das Lösen der Logement-Krise im Land und die administrative Vereinfachung haben für Friedens Regierung oberste Priorität. Die Prinzipien des „once only“ und des „silence vaut accord“ sollen langwierige Prozeduren beim Staat aufbrechen. Mit zentralen Anlaufstellen sollen Prozeduren im Bau, im Sozialbereich oder auch der Migration vereinfacht werden. Apropos Migration: Asylsuchende sollen „aufs ganze Land solidarisch verteilt werden“ und bereits nach vier Monaten arbeitstätig werden können – um dem Fachkräftemangel in Luxemburg vorzubeugen. Die gleiche wirtschaftsliberale Logik soll auch die Reform des Revis inspirieren: „Arbeit soll sich lohnen“, erklärte Frieden, wie bereits auf seiner Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag.

Fundamentaler Wechsel bei Klimapolitik

Obwohl sich Frieden zum Energie- und Klimaplan bekannte, wurden umweltpolitische Maßnahmen quasi nur dann erwähnt, wenn diese als Bremse der wirtschaftlichen Entwicklung angesehen und abgeschafft werden sollen. Eine „ambitiöse, pragmatische und sozial gerechte Klimapolitik“ wolle die Regierung führen. Der Gewichtung von Friedens Rede nach zu schließen, wird künftig mehr Wert auf das Pragmatische als das Ambitiöse gelegt. „Den Weg dahin will die neue Regierung fundamental neu angehen.“

Luc Friedens Erklärungen hat es zum besseren Verständnis des Koalitionsvertrages nicht gebraucht. Wenn, dann hat er den Rahmen der künftigen Politik nur noch einmal verdeutlicht. Luxembourg’s economy first, everything else second, scheint die Guideline der Regierung zu sein. Das ist aus Friedens Erklärungen sehr deutlich hervorgegangen. Dahingegen blieb Frieden in entscheidenden Fragen Erklärungen schuldig. So etwa bei den Staatsfinanzen, beim Klimaschutz, der Wachstums- und der Rentenfrage. „Ein Regierungsprogramm muss eine Grundausrichtung und keine Antwort auf jede Frage sein“, sagte Frieden zwar. Wer sich im Vorfeld der Debatte jedoch als Erklärer der Nation stilisiert, sollte diese dann auch möglichst liefern.