SorgfaltspflichtEU-Kommission legt neue Regeln zum Umweltschutz und zur Einhaltung der Menschenrechte in der Wirtschaft vor

Sorgfaltspflicht / EU-Kommission legt neue Regeln zum Umweltschutz und zur Einhaltung der Menschenrechte in der Wirtschaft vor
EU-Justizkommissar Didier Reynders gibt Erklärungen zu dem neuen Richtlinienvorschlag der Kommission zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen Foto: AFP/John Thys

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Unternehmen in der Europäischen Union sollen dazu verpflichtet werden, den Umweltschutz sowie die Einhaltung der Menschenrechte stärker zu berücksichtigen. Die EU-Kommission legte dazu am Mittwoch einen Gesetzesvorschlag vor, der eine entsprechende Sorgfaltspflicht für Unternehmen einführt.

Mit neuen Regeln will die EU gegen die Schattenseiten des globalen Handels vorgehen. Zwangs- und Kinderarbeit sowie unwürdige Arbeitsbedingungen mögen in der Union kein Thema mehr sein, doch werden sie über den weltweiten Warenstrom quasi weiterhin zu uns importiert. Was umweltschädigende Produktionsmethoden anbelangt, dürfte es selbst in Europa noch vieles an Nachholbedarf geben, um dies abzustellen. Darauf zielt die neue Richtlinie ab, die die EU-Kommission gestern in Brüssel vorgelegt hat. Unternehmen sollen dazu verpflichtet werden, sich den Prinzipien der Nachhaltigkeit anzupassen und die Umwelt sowie die Menschenrechte zu respektieren. Und das entlang der gesamten Wertschöpfungskette ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit.

Vor zwei Jahren hätten die Diskussionen zu den neuen Regeln begonnen, Unternehmen, aber auch die Zivilgesellschaft und Bürger seien gehört worden, wie EU-Justizkommissar Didier Reynders gestern betonte, bevor die Richtlinie ausgearbeitet worden sei. Viele Unternehmen hätten mittlerweile selbst die Initiative ergriffen und freiwillige Maßnahmen eingeführt, um ihre Geschäftstätigkeit den geforderten Ansprüchen anzupassen. „Es ist eine Sache der Reputation für sie“, meinte Didier Reynders, wenn sich Unternehmen bereits jetzt an den von der OECD und der UNO in Sachen Sorgfaltspflicht erstellten Richtlinien ausrichten. „Freiwilligkeit allein reicht aber nicht“, so der Belgier weiter. Erst ein Drittel der Unternehmen habe so gehandelt, ergänzt Binnenmarktkommissar Thierry Breton.

„Wir müssen eine Fragmentierung mit verschiedenen Gesetzen in den Mitgliedstaaten vermeiden“, begründet Didier Reynders unter anderem den EU-Vorschlag. Frankreich etwa, aber auch Deutschland mit seinem Lieferkettengesetz sind Vorreiter. In den Benelux-Staaten, Schweden und Finnland werden entsprechende Gesetze diskutiert.

Der EU-Vorschlag sieht vor, dass die Regeln für EU-Unternehmen gelten, die mindestens 500 Mitarbeiter und einen Nettoumsatz von 150 Millionen Euro weltweit haben. Die Kommission schätzt, dass etwa 9.400 Unternehmen in der EU infrage kommen. Diese Unternehmen müssen zudem einen Plan vorlegen, aus dem hervorgeht, „dass ihre Geschäftsstrategie die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris berücksichtigt“, wie die Kommission weiter mitteilt. Weiter wären schätzungsweise 3.400 „ressourcenintensive“ EU-Unternehmen, etwa in der Textil- und Agrarindustrie sowie der Rohstoffgewinnung, von der Richtlinie betroffen, die mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigen und einen Nettoumsatz von 40 Millionen Euro weltweit haben. Zudem sind in der EU tätige Unternehmen aus Drittstaaten betroffen, die einen der beiden Umsätze innerhalb der EU erwirtschaften. Das wären nach Angaben der EU-Kommission noch einmal rund 4.000 Unternehmen.

Tilly Metz fehlt es an Ehrgeiz

Der Vorschlag gebe den Unternehmen Rechtssicherheit und führe ein sogenanntes „level playing field“, also gleiche Regeln für alle Betroffenen im Binnenmarkt ein, erklärte Didier Reynders weiter. Der zudem darauf hinwies, dass mit dem Kommissionsvorschlag „höhere Ambitionen“ als mit den bestehenden nationalen Regelungen verbunden seien.

Die Richtlinie sieht vor, dass die unter den Geltungsbereich fallenden Unternehmen dafür sorgen, dass sich alle ihre Geschäftspartner und Zulieferfirmen an die Vorgaben, was die Einhaltung der Nachhaltigkeit, des Umweltschutzes sowie die Einhaltung der Menschenrechte betrifft, halten. Es liegt in der Pflicht der betroffenen Unternehmen, ihre gesamte Lieferkette entsprechend zu prüfen. Indirekt müssen sich demnach weitaus mehr Unternehmen an die Regeln halten, als oben angegeben.

Thierry Breton setzt unter anderem auf Whistleblower und Nichtregierungsorganisationen, um Informationen darüber zu erhalten, ob die Regeln eingehalten werden. Es obliegt den Mitgliedstaaten, Sanktionen zu verhängen, sollte das nicht der Fall sein. Zudem wird Geschädigten ein Anspruch auf Entschädigung zugestanden.

Die luxemburgische EU-Parlamentarierin Tilly Metz meinte, der Kommissionsvorschlag sei „ein Schritt in die richtige Richtung“, allerdings fehle es ihm an Ehrgeiz. So seien „Klimarisiken und die Gleichstellung der Geschlechter nicht ausreichend berücksichtigt“. Zudem gelte die Richtlinie „nur für größere Unternehmen“, so die Grünen-Politikerin weiter, die befürchtet, dass „gefährliche Schlupflöcher“ entstehen könnten.