Partei zeigt GeschlossenheitCSV-Kongress: Elisabeth Margue und Stéphanie Weydert zu Präsidentin und Generalsekretärin gewählt

Partei zeigt Geschlossenheit / CSV-Kongress: Elisabeth Margue und Stéphanie Weydert zu Präsidentin und Generalsekretärin gewählt
Parteipräsident Claude Wiseler (rechts) bei der Begrüßung auf dem CSV-Nationalkongress am Samstag Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die Freude, sich live und in Farbe zu begegnen, war am Samstagmorgen in der Deichhalle groß. Gastgeber und „Député-maire“ von Ettelbrück, Jean-Paul Schaaf, hatte sichtlich Schwierigkeiten, die Delegierten von Kaffee und Gebäck weg zu ihren Sitzplätzen zu bewegen, von wo aus sie während der folgenden drei Stunden den Reden der CSV-Parteiführung zuhören sollten. Und so begrüßte er den Kongress, noch bevor sich alle niedergelassen hatten. Dramatisch war das nicht, denn große, richtungsweisende Entscheidungen wie Programm- oder Statutenänderungen standen nicht an. Auch eine Resolution war nicht eingereicht worden. Die 217 eingetragenen Delegierten sollten lediglich über die zwei einzigen Kandidatinnen auf die Posten der Parteipräsidentin, Elisabeth Margue, und der Generalsekretärin, Stéphanie Weydert, befinden. Die im September 2021 abgeänderten Statuten sehen eine Doppelspitze für beide Ämter vor. Weydert wurde mit 194, Margue mit 185 Stimmen gewählt.

Der Parteitag diente jedoch auch dazu, eine neu gewonnene Geschlossenheit zu demonstrieren. Die die CSV während Monaten erschütternde Freundeskreisaffäre um den früheren Parteivorsitzenden Frank Engel und mehrere CSV-Mitglieder, kam nur am Rande zur Sprache. Sie sollte den Kongress nicht überschatten. Dafür hatte Parteipräsident Claude Wiseler gleich zu Beginn gesorgt. Heute würde man vieles anders machen, räumte er gleich nach der Begrüßungsansprache von Jean-Paul Schaaf ein. Da seien Mitglieder in etwas hineingeraten, obwohl sie nichts falsch gemacht hatten. Er sei all den von der Angelegenheit betroffenen Mitgliedern dankbar, dass sie weitermachen. Heute schlage man ein neues Kapitel auf. Engel war unter anderem wegen eines angeblich fiktiven Arbeitsvertrags und der Rückerstattung von Sozialbeiträgen aus der CSV-Kasse angeklagt worden. Die eigenen Parteikollegen hatten die Affäre ins Rollen gebracht. Vor Gericht verantworten mussten sich unter anderem auch die neue Parteipräsidentin Margue und die Generalsekretärin Weydert. Die Richter sprachen die Betroffenen im Dezember 2021 in erster Instanz frei. Die Staatsanwaltschaft hatte auf die Berufung verzichtet. Die einzige Wortmeldung stammte von einem der Betroffenen, Georges Pierret. Was damals geschah, habe wehgetan, sagte er. Er reiche jedoch die Hand. Eine Geste, die der Saal mit stehendem Applaus quittierte.

Von links: Anne Logelin, Gilles Roth und Martine Hansen
Von links: Anne Logelin, Gilles Roth und Martine Hansen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Ideologie war das Schimpfwort des Tages. Jedes Mal, wenn es galt, den politischen Gegner, insbesondere die Grünen, anzugehen, wurde es „ideologisch“. „Déi Greng“ würden ihre Politik an einer Ideologie ausrichten, so Stéphanie Weydert in ihrer Kandidatenrede. Der Ideologisierung wurden insbesondere Energieminister Claude Turmes und Umweltministerin Carole Dieschbourg bezichtigt. Letztere würde es den kleinen Unternehmen schwer machen, neue Gewerbeflächen zu bekommen. Gebraucht werde eine Politik, die nicht auf Ideologie fuße, setzte Kandidatin Elisabeth Margue die Kritik fort. Die Co-Fraktionsvorsitzende Martine Hansen erklärte, sie sei der CSV beigetreten, weil sie dort Menschen vorgefunden habe, die mit beiden Beinen auf dem Boden stünden und keine Ideologen seien. Die Ungerechtigkeiten in der Steuerklasse 1A sollte man umgehend beseitigen, ehe man mit großer Ideologie umherziehe, meinte Co-Fraktionspräsident Gilles Roth zu den nicht eingehaltenen Versprechen der Dreierkoalition, Steuerungerechtigkeiten auszumerzen. Und auch Parteipräsident Wiseler wollte nicht auf das Ideologiegespenst verzichten. Bei der Energieversorgung des Landes befinde man sich in einer Situation, in der man ideologiefrei darüber diskutieren müsse, wie man das Land versorgen könne.

Eine lange (und bekannte) Liste an Verfehlungen

Die Liste der Verfehlungen, die die CSV der Regierung am Samstag vorhielt, war lang, aber nicht neu. Über weite Strecken erinnerten die Interventionen der Co-Fraktionsvorsitzenden und des Parteipräsidenten an jene, die sie in den letzten Wochen auf der Chamber-Tribüne gehalten hatten. Martine Hansen warf Bildungsminister Claude Meisch mangelnde Dialogbereitschaft vor. Über sein Vorhaben, die Schulpflicht auf 18 Jahre anzuheben, habe er mit niemandem geredet. Fremdsprachen würden noch wie früher gelehrt. Die Schule brauche jedoch neue Lehrformate. Das gehe aber nur im Dialog und nicht mit Diktatur. Zu ihrem zweiten Schwerpunktthema Landwirtschaft forderte Hansen, die Landwirte angesichts einer drohenden Lebensmittelkrise von der Verpflichtung nach Brachlegung von Ackerland zu entbinden.

Auf dem CSV-Parteitag herrschte offenbar Freude darüber, sich wieder persönlich gegenüberstehen zu können und den Kongress nicht noch einmal online abhalten zu müssen
Auf dem CSV-Parteitag herrschte offenbar Freude darüber, sich wieder persönlich gegenüberstehen zu können und den Kongress nicht noch einmal online abhalten zu müssen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Die letztwöchigen Ergebnisse der Tripartite begrüße die CSV. Nun müsse jedoch auch die Mittelschicht entlastet werden, forderte seinerseits Gilles Roth. Vor den Wahlen werde stets versprochen, den sogenannten Mittelstandsbuckel abzuflachen, doch nach den Wahlen müsse die Mittelschicht stets herhalten, um die Staatskasse zu füllen. Die Steuertabelle müsse sofort inflationsbereinigt werden. Total unverständlich sei, dass die Parlamentsmehrheit die CSV-Vorschläge zur sofortigen Entlastung von einkommensschwachen Haushalten zurückgewiesen habe. Dabei habe das Armutsrisiko mit 17,5 Prozent einen Höchststand erreicht.

Claude Wiseler fasste die Kritik an der Regierung zusammen und formulierte bereits einige Wahlversprechen. Käme die CSV 2023 an die Macht, würde die Mittelschicht entlastet. Im Schulbereich warf er Bildungsminister Meisch vor, mit den Europaschulen ein paralleles System zu den öffentlichen Schulen aufzubauen. Er sollte sich auch mit letzteren beschäftigen. Zur Förderung des Wohnungsbaus sollte der Bauperimeter falls möglich ausgedehnt werden. Im Gesundheitsbereich müsste der Gesetzentwurf über gemeinsame Arztpraxen weitergetrieben werden. Der Norden und der Osten müssten ihre „Maisons médicales“ bekommen. Das Dossier IRM für Privatpraxen lasse man „verfaulen“.

Umdenken im Energiebereich

Die CSV hat am Samstag seit langem wieder einen Nationalkongress in Präsenz abgehalten
Die CSV hat am Samstag seit langem wieder einen Nationalkongress in Präsenz abgehalten Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Den Großteil seiner Abschlussrede widmete Wiseler jedoch der Außenpolitik und insbesondere der Ukraine-Krise. Premierminister Xavier Bettel (DP) spreche immer von Dialog und Brückenbauen. Aber die Zeiten hätten sich geändert. Der Dialog mit Russland sei gescheitert. Er verstehe die rezenten Telefongespräche mit Russlands Präsidenten Putin nicht. Um was zu sagen, um was zu tun? Und während Bettel mit Putin rede, erkläre Außenminister Jean Asselborn (LSAP), mit Dialog sei nichts mehr zu bewegen, dass Putin ein Diktator sei und liquidiert werden müsse. Redet man überhaupt noch in der Regierung miteinander?, fragte Wiseler. In einem normalen Land wären beide längst nicht mehr in der Regierung. Der eine wegen der Plagiatsaffäre, der andere wegen seiner außenpolitischen Aussagen. Das Land werde außenpolitisch längst nicht mehr für voll genommen. Es habe dramatisch an Glaubwürdigkeit verloren.

Umdenken forderte Wiseler im Energiebereich. Man sollte voll auf alternative Energien setzen. Doch könne man den Diskurs über Frackinggas nicht mehr so weiterführen wie bisher. Beim Wasserstoff sollte man nicht mehr warten, bis er ganz grün sei. Auch über die Nuklearpolitik müsse man diskutieren. Die CSV unterstütze die Sanktionen gegen Russland voll und ganz, sagte Wiseler. Das sei auch morgen und übermorgen der Fall. Die Sanktionen würden Folgen haben, doch man könne nicht heute Ja und in einigen Wochen Nein sagen. Die Ukrainer würden auch für „uns“ kämpfen. Wenn Putin gewinne, halte ihn nichts mehr auf. Deshalb dürfe er diesen Krieg nicht gewinnen. Und: Die Zeit der Spaßpolitik sei vorbei.

Ihre gute Laune ließ sich die CSV-Führung jedoch vorerst nicht nehmen und stellte zum nahenden Ende des Kongresses einen von einer Werbeagentur produzierten Clip vor: ein auf eine Zielscheibe zufliegender Dartpfeil, in der bereits zwei andere Pfeile stecken. Das Ganze nennt sich „Mission DART“, wobei D für dynamisch, A für authentisch, R für relevant und T für Team steht. Ob es sich dabei um den neuen Wahlslogan der Partei handelt, wird die interessierte Öffentlichkeit vielleicht am 11. Juni beim außerordentlichen Parteitag erfahren.

H.Horst
27. März 2022 - 17.06

Einige werfen den Grünen vor ideologische Politik zu machen. Ideologische Politik bedeutet im Wortsinn, dass sie einer Idee folgt d.h., dass sie berechenbar ist. Was ist falsch daran ? Andere werfen den Grünen vor ihre Ideale zu missachten. Also, Frau Weydert, was denn nun ? Hauptsache wieder mal einen rausgehauen....gell ? Wo ist denn eine CSV-Ideologie, d.h. eine Sammlung von Grundsätzen an denen man diese CSV in ihrer praktischen Politik messen könnte. Ich suche und finde.....exakt nix.

HTK
27. März 2022 - 11.09

"eine Politik, die nicht auf Ideologie fuße, setzte Kandidatin Elisabeth Margue die Kritik fort." sic Wenn die CSV nicht weiß was Ideologien sind,dann weiß es niemand. Man drehe den Spieß einfach um,oder sich selbst, und schon stehen alle hinter dir. Aber die Grünkernpartei macht es den anderen aber auch einfach. Mit dem Brecheisen das Klima retten.(aber nur auf dem Papier) Dass wir vom Öl weg müssen wissen wir schon seit 40 Jahren(Club of Rome),passiert ist nichts,denn zuerst müssen wir den Saft ja verkaufen. Und dann kam Putin und zeigte,vor allem Deutschland,was Abhängigkeit ist. Jetzt ist Panik an Bord. Gratuliere der CSV auch zu dem Frauen"quoten"-Double,womit sich die Frauenbewegung wieder etwas beruhigen dürfte. Aber vielleicht bringt die Damenriege es ja fertig,dass die verkrustete Christensekte sich etwas modernisiert und den lieben Gott einmal aus dem Spiel lässt. Wenn man,ausser in Bayern,den Niedergang der C-Parteien in ganz Europa sieht,währe eine Namensänderung vielleicht auch gut weil auch Nichtchristen interessiert sein könnten. Ausgerechnet ein Engel hat es vorgemacht,oder ist gerade dabei.

jung.luc.lux
26. März 2022 - 20.59

Mit Putin darf und kann man nicht mehr reden. Bei den nächsten Wahlen werde ich niemand wählen wer mit einem Diktator telefoniert. Auch die Generation meiner Grosseltern haben hier in Luxemburg einen Diktator bekämpft und nicht mit diesem Telefongespräche geführt.

Myriam
26. März 2022 - 20.11

Wie tief sind die gefallen. Wäre traurig, wenn's nicht so lustig wäre. ?