JustizFrank Engel und der CSV-Freundeskreis-Prozess: Was Sie wissen sollten

Justiz / Frank Engel und der CSV-Freundeskreis-Prozess: Was Sie wissen sollten
Frank Engel im Austausch mit seiner Anwältin Lydie Lorang Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Um was geht es in dem Freundeskreis-Prozess?

Der Freundeskreis-Prozess entscheidet in zwei Fällen, ob Frank Engel, Félix Eischen, André Martins Dias, Georges Heirendt, Elisabeth Margue, Stéphanie Weydert und Georges Pierret unter betrügerischem Vorwand Geld vom CSV-Freundeskreis und aus der Parteikasse unterschlagen haben sollen.

In einem Fall ist Frank Engel mit den beiden CSV-Kassenwarten André Martins Dias und Georges Heirendt angeklagt. Konkret geht es um rund 8.536 Euro, die Engel für seine Sozialabgaben aus der Parteikasse rückerstattet wurden. Georges Heirendt hatte Frank Engel 6.000 Euro überwiesen, André Martins Dias als Nachfolger von Heirendt noch einmal 2.536 Euro. 

Der zweite Streitpunkt betrifft den CSV-Freundeskreis und den Arbeitsvertrag, den Frank Engel mit der Asbl. geschlossen hat. Frank Engel, Félix Eischen, Georges Pierret, Elisabeth Margue, Stéphanie Weydert und André Martins Dias wird vorgeworfen, dass der abgeschlossene Arbeitsvertrag zwischen Frank Engel und dem Freundeskreis lediglich ein Scheinvertrag war.

Sozialabgaben

Beim Freundeskreis-Prozess handelt es sich eigentlich um zwei Prozesse, die zusammen verhandelt werden. In einem Fall sind neben Frank Engel auch die beiden Kassenwarte der CSV Heirendt und Martins angeklagt. Die drei Angeklagten werden beschuldigt, Gelder der Partei unterschlagen zu haben, indem sie die Sozialabgaben von Frank Engel aus der Parteikasse rückerstattet haben.

16 Jahre lang war Heirendt Kassenwart der CSV. Die Anfrage von Frank Engel, die Sozialabgaben aus der Parteikasse abdecken zu lassen, war Heirendts Aussage zufolge eher ungewöhnlich. „Ich habe ihm geraten, sich das von den zuständigen Parteigremien absegnen zu lassen“, sagt Heirendt vor Gericht aus. Er habe aber als Kassenwart keine Entscheidungskraft über die Finanzen, sondern verwalte lediglich die Bücher und habe die geforderte Summe von 6.000 Euro deshalb überwiesen.

André Martins, der im darauffolgenden Jahr den Posten von Heirendt als Kassenwart übernahm, wurde während seiner Amtszeit mit einer ähnlichen Zahlung in Höhe von 2.536 Euro konfrontiert. Da diese bereits im Jahr zuvor getätigt wurde – und die Jahresbilanz auf dem Nationalkongress der CSV im Oktober 2020 mit großer Mehrheit abgesegnet wurde –, habe er keine weiteren Fragen gestellt und die geforderte Summe überwiesen. Die beiden Kassenrevisoren der CSV sagen allerdings, dass die Zahlung durchaus ungewöhnlich war. Jedoch habe der Beweis einer Zahlung vorgelegen; die Entscheidung der Partei, die Kosten zu übernehmen, habe man deshalb nicht angezweifelt. Auch diese Jahresbilanz wurde auf dem CSV-Kongress im April 2021 ohne Widerrede angenommen.

Fränk Rollinger, der Anwalt von Heirendt, beanstandet in seinem Plädoyer die ungenaue Anklageschrift. Georges Heirendt sei angeklagt worden, weil er 8.536 Euro unterschlagen haben soll. Sein Mandant sei aber lediglich für die Überweisung von 6.000 Euro verantwortlich gewesen – bei der zweiten Transaktion habe er das Amt des Kassenwartes bereits an seinen Nachfolger Martins übergeben.

CSV-Freundeskreis

Beim zweiten Prozess geht es um den Arbeitsvertrag, den Frank Engel mit der „CSV-Frëndeskrees Asbl.“ geschlossen hat. Der Vorstand des CSV-nahen Vereins setzte sich analog zum CSV-Parteipräsidium zusammen, sodass neben Engel auch die damaligen Vizepräsidentinnen Stéphanie Weydert und Elisabeth Margue, der vor seiner Krankheit als Generalsekretär fungierender Félix Eischen und Kassenwart André Martins Dias im Vorstand vertreten waren. Komplettiert wurde das Quintett von Georges Pierret, dem ehemaligen Staatsratsmitglied. Frank Engel wird zur Last gelegt, nur einen Scheinvertrag unterschrieben zu haben. Für den Vertrag mit einer Laufzeit von sieben Monaten, vom 1. Juni bis 31. Dezember, wurde Engel ein Bruttogehalt von 40.000 Euro überwiesen.

Tatsächlich wussten nur Félix Eischen und André Martins als Gegenzeichner des Vertrages von dem Arbeitsverhältnis zwischen dem „Frëndeskrees“ und Frank Engel. Während der Verhandlungen richtet Engel ein kleines Mea Culpa Richtung Pierret, Margue und Weydert, die erst im Januar 2021 von dem Vertrag erfahren hatten. „Ich hätte den unterschriebenen Vertrag tatsächlich an den gesamten Vorstand weiterleiten können“, gesteht Engel ein.

Die Aufgaben von Frank Engel bestanden eigenen Angaben darin, ein neues Zuhause für die Parteizentrale zu suchen und den „Frëndeskrees“ in eine Stiftung umzuwandeln sowie die politische Arbeit akademisch zu untermauern. Dadurch sollte– so der Plan von Engel – das Geld für seinen Arbeitskontrakt wieder eingenommen werden. Mündlich habe er deshalb mehrere Mitglieder des „Frëndeskrees“ darüber informiert, das Geld im Falle eines Scheiterns seiner Mission auch wieder zurückzuzahlen. Schriftlich wurde das allerdings nicht festgehalten.

Wie ist es zum Prozess gekommen?

Frank Engel ist es nicht gelungen, seine Mission bis zum Jahresende 2020 zu erfüllen. Deshalb sei er Anfang 2021 an Elisabeth Margue und Stéphanie Weydert herangetreten, um über eine Verlängerung seines Kontrakts zu diskutieren. Sowohl Margue und Weydert haben vor Gericht ausgesagt, zu dem Zeitpunkt von dem Arbeitsverhältnis überrascht gewesen zu sein. Prinzipiell habe man sich einverstanden gezeigt, Frank Engel in Vollzeit zu beschäftigen. Man habe aber nie einen Vertrag gesehen, wodurch beide Angeklagten davon ausgegangen sind, dass sich diese Idee nie konkretisiert habe.

Daraufhin bestehen Weydert und Margue auf eine Generalversammlung des Freundeskreises, die schlussendlich am 8. März stattfindet. Auf der Versammlung sind mehrere Abgeordnete der CSV-Fraktion anwesend, die auch Mitglieder des „CSV-Frëndeskrees“ sind, darunter Martine Hansen, Diane Adehm, Gilles Roth und Marc Spautz. Paul Galles, der für den erkrankten Félix Eischen einspringt, sagt später vor Gericht aus, dass es auf der Versammlung hoch herging, da die Mitglieder der CSV-Fraktion der Meinung waren, dass Frank Engel seinen Arbeitsvertrag nicht erfüllt habe.

Kurz darauf wird von der CSV-Fraktion ein Rechtsgutachten angefordert, das den CSV-Präsident stark belasten sollte. Alle Mitglieder des CSV-Freundeskreises werden am 16. März darüber informiert, möglichst schnell in die CSV-Fraktion zu kommen. Dem Gutachten zufolge würde genügend belastendes Material gegen Engel vorliegen. Von den Verwaltungsratsmitgliedern des „Frëndeskrees“ gibt lediglich Pierret an, genügend Zeit gehabt zu haben, das Rechtsgutachten eingehend zu studieren. Sein Fazit: „Dat hält d’Strooss net.“ Trotzdem unterschreibt der Jurist später die Anzeige gegen Frank Engel – ebenso wie die gelernten Juristen Margue und Weydert, die jedoch angeben, dass sie das Rechtsgutachten unter Zeitdruck nicht näher studieren konnten. Martins habe als gelernter Ökonom erst mit einem Juristen reden wollen, sagt der Kassenwart vor Gericht aus. Gilles Roth und Léon Gloden, beides gelernte Jursiten,  hätten ihm geraten: „Unterschreibe, dann passiert dir nichts.“

Auf Nachfrage des Richters, warum auch die gelernten Juristen Weydert, Pierret und Margue das Gutachten unterzeichnet hätten, obwohl sie Zweifel am Inhalt hatten, wird vor allem der von Fraktionsmitgliedern ausgeübte Druck und Solidarität angegeben. Beim Nachhaken des Richters, ob sie sich bewusst waren, dass sie sich damit selbst anzeigen würden, antworten die vor Gericht stehenden Verwaltungsratsmitglieder mit Ja. Man habe nicht gedacht, dass diese Affäre vor Gericht landen würde, da sie sich bis heute keiner Schuld bewusst seien, versuchen sich die Angeklagten zu erklären.

Was haben die Ermittlungen ergeben?

Die beiden Ermittler haben als erste Zeugen vor Gericht ausgesagt. Bei den Durchsuchungen in der Parteizentrale der CSV seien ein Computer und ein Laptop von Frank Engel sichergestellt worden, auf denen der E-Mail-Verkehr zwischen Engel und Heirendt gefunden werden konnte. Auf die Ankündigung von Heirendt, als Kassenwart der CSV aufhören zu wollen, habe Frank Engel ihn gebeten, ihm die 6.000 Euro an Sozialabgaben noch zu überweisen. Der Betrag sei dann auch überwiesen und von den Kassenrevisoren gutgeheißen worden, so einer der Ermittler. Beide Polizisten deuten an, dass bei den Ermittlungen keine klaren Prozeduren erkannt werden konnten, nach denen die CSV finanzielle Angelegenheiten regele.

Während der Durchsuchung im Rahmen der „Frëndeskrees“-Ermittlugnen finden die Beamten im Büro von Frank Engel einen Entwurf des Kontrakts sowie die Lohnzettel von Juni bis Dezember 2020. In dem Arbeitskontrakt seien andere Aufgaben festgeschrieben worden, als Frank Engel vor Gericht angab – ein Umstand, den Engel mit zahlreichen Leaks innerhalb der Partei zu erklären versuchte. „Ich wollte die Strategie der Partei nicht preisgeben.“ Arbeitsnachweise hätten die Ermittler allerdings wenige gefunden. Festzuhalten bleibe jedenfalls, dass die 40.000 Euro Gehaltszahlungen wieder zurück an den Freundeskreis überwiesen wurden. Dass es eine mündliche Absprache zur Rückzahlung gegeben habe, bestätigt nachher der zweite Ermittler in dem Fall. Laut den Ermittlungen soll Frank Engel tatsächlich fast jeden Tag in der Parteizentrale gewesen sein – die im Arbeitsvertrag festgesetzten Ziele, nämlich die Umwandlung der Asbl. in eine Stiftung und der Erwerb einer neuen Immobilie sowie die Anwerbung neuer Mitglieder, habe Engel jedoch nicht erfüllt.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach den Anhörungen der Zeugen haben die Anwälte der Angeklagten am Donnerstag ihre Plädoyers vorgetragen. In Erinnerung wird wohl die Aussage von Lydie Lorang, rechtlicher Beistand von Frank Engel, bleiben: „Die Anzeige ist nichts anderes als ein Feigenblatt. Es ist ein Putsch, der einer CSV unwürdig ist.“ Es zeige lediglich den mangelnden Respekt der CSV-Fraktion vor der eigenen Basis, die Engel zum Präsidenten gewählt habe. „Ech sinn CSV-Member, ech sinn outragéiert“, so Lorang.

Fränk Rollinger und Philippe Penning, die Anwälte von Heirendt und Martins, haben in ihren Plädoyers auf undurchsichtige Entscheidungsstrukturen in der CSV hingewiesen. Zudem seien die ihren Klienten zur Last gelegten Ausgaben vom Nationalkongress der CSV abgesegnet worden – nachdem die Kassenrevisoren diese eindeutig unter dem Punkt Sozialabgaben klassiert hätten. Es sei durchaus ungewöhnlich gewesen, die Sozialabgaben für den Präsidenten zu bezahlen – jedoch sei die Präsidentschaft von Frank Engel als erster Vollzeitpräsident auch nicht normal gewesen, so Rollinger.

Me Daniel Baulisch, der Félix Eischen vor Gericht vertritt, ist der Meinung, dass sein Klient von der eigenen Partei verschaukelt wurde. Auch sei das Rechtsgutachten, auf dem der gesamte Prozess letzten Endes basiere, anhand von Falschinformationen angefertigt worden. „Die Schlussfolgerung ist demnach auch falsch“, sagt Baulisch im Anschluss an die Sitzung am Donnerstag. Tatsächlich steht in der Schlussfolgerung des Rechtsgutachtens, das dem Tageblatt in Teilen vorliegt: „Vous n’avez pas d’autre choix que de dénoncer la materialité de ces faits au Procureur d’Etat conformément à l’article 23 du CPP […].“

Der Prozess wird am Dienstag mit den Plädoyers von den restlichen Anwälten fortgesetzt.

Tarchamps
23. Oktober 2021 - 15.40

Es ist ein Freundeskreis und eine FreunIN hat einem den Dolch in den Rücken gesteckt weil sie eine Wahlniederlage nicht verkraftet hat. Die CSV als Ganzes ist nur Collateral Damage, das Ego geht vor.

carla
23. Oktober 2021 - 13.23

Er hat nichts falsch gemacht, kein Schein-Job aber trotzdem seinen hart verdienten Lohn zurückgezahlt? Halten die uns für dämlich?