LuxemburgDank sprudelnder Einnahmen entwickeln sich die Staatsfinanzen besser als geplant

Luxemburg / Dank sprudelnder Einnahmen entwickeln sich die Staatsfinanzen besser als geplant
Dank sprudelnder Einnahmen entwickeln sich Luxemburgs Staatsfinanzen besser als geplant Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Luxemburger Staatsfinanzen haben sich im Jahr 2021 deutlich besser entwickelt als vorgesehen. Dennoch bleibt bislang ungewiss, ob der Zentralstaat das Jahr in schwarzen oder in roten Zahlen abschließen wird.

2020 war ein überdurchschnittlich schlechtes Jahr für die Luxemburger Staatsfinanzen. Am Ende des Jahres hatte der Zentralstaat, vor allem bedingt durch die Corona-Krise, 3,2 Milliarden Euro mehr ausgegeben als Einnahmen verbucht wurden. Im Jahr 2021 sollte sich, den Plänen von Oktober 2021 zufolge, die Lage wieder bessern – der Saldo jedoch auch weiter deutlich im Minus bleiben. Insgesamt wurde geplant, dass der Zentralstaat das Jahr mit einem Defizit von 1,37 Milliarden Euro abschließen werde.

Doch so schlecht wie noch im Oktober 2021 erwartet, wird der Jahreshaushalt nicht ausfallen. „Die Zahlen zum 31. Dezember 2021 bestätigen die positive Entwicklung der Steuereinnahmen, die im Laufe des Jahres zu beobachten war“, sagte Luxemburgs neue Finanzministerin Anfang dieser Woche vor Vertretern des Parlaments. „Da gleichzeitig die Ausgaben weitgehend unter Kontrolle gehalten wurden, dürfte die Zentralregierung das Jahr 2021 mit einem besseren Ergebnis abschließen als erwartet“, so Yuriko Backes.

Bereits die Vormonate hatten Anlass zu Optimismus gegeben. Nach den ersten sechs Monaten 2021 beispielsweise war der Luxemburger Zentralstaat – trotz Pandemie – immer noch in den schwarzen Zahlen. Gestiegene Einnahmen und weniger Ausgaben hatten zur Folge, dass der Haushalt des Zentralstaates Ende Juni 2021 sogar einen Überschuss von 100,5 Millionen Euro aufwies.

Entwicklung des Staatshaushaltes, laut Plan von Oktober 2021
Entwicklung des Staatshaushaltes, laut Plan von Oktober 2021

Steuereinnahmen legen stark zu

Gut entwickelt haben sich vor allem die Einnahmen. Im nun abgelaufenen Jahr 2021 hat der Luxemburger Staat 21,9 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben eingesammelt. Das sind stattliche 16,3 Prozent mehr als im Jahr 2020, als die gesamte Luxemburger Wirtschaft voll im Griff der Pandemie war.

Gewachsen sind die Einnahmen jedoch auch im Vergleich zu 2019, dem Jahr vor der Corona-Krise. Verglichen mit diesem Zeitraum beträgt der Anstieg ebenfalls stattliche 10,5 Prozent. Das ist ein durchschnittliches Jahreswachstum von rund 5,2 Prozent, „was mit dem historisch beobachteten jährlichen Wachstum vergleichbar ist“, so das Finanzministerium. Die Pandemie hat das Land, was die laufenden Staatsfinanzen betrifft, also bereits hinter sich gelassen.

Hintergrund der positiven Entwicklungen ist die starke Konjunktur. Die Auswirkungen der Corona-Krise hat die nationale Wirtschaft, im Gegensatz zur Europäischen Union, bereits seit Monaten hinter sich gelassen. Das nationale statistische Institut Statec erwartet, nach einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um 1,8 Prozent im Jahr 2020, eine Wachstumsrate von sieben Prozent. Die Wirtschaftsleistung hatte ihr Vorkrisenniveau bereits im dritten Quartal 2020 wieder erreicht. Auch die Zahl der Arbeitssuchenden liegt seit Sommer 2021 bereits wieder unter dem Niveau von vor der Krise.

In allen großen Steuerbereichen sind die Einnahmen, auch verglichen mit den beiden Jahren vor Corona, gestiegen. So hat die „Administration des contributions directes“ rund 10,3 Milliarden Euro eingenommen, ein Plus von 12,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2020. Im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 beträgt der Zuwachs 8,3 Prozent. Die positive Tendenz ist vor allem auf die gute Entwicklung des Arbeitsmarktes zurückzuführen, die zu einem deutlichen Anstieg der Einnahmen aus der Steuer auf Löhne und Gehälter beiträgt. Seit Dezember 2020 sind hierzulande 17.965 neue Jobs geschaffen worden.

CO2-Steuer bringt fast 200 Millionen Euro

Zugelegt haben auch die Einnahmen der „Administration de l’enregistrement, des domaines et de la TVA“. Sie belaufen sich auf 6,7 Milliarden Euro – ein Plus von 19,9 Prozent verglichen mit 2020 und von 20 Prozent verglichen mit 2019. Das Wachstum dieser Einnahmen spiegelt die Erholung des Verbrauchs nach der allgemeinen Normalisierung des Wirtschaftslebens wider. Allein die Einnahmen der Mehrwertsteuer sind von 3,8 auf 4,5 Milliarden gestiegen.

Auch die „Administration des douanes et accises“ hat ihre Einnahmen 2021 steigern können, auf 1,9 Milliarden Euro. Verglichen mit 2020 handelt es sich um einen Anstieg von 16,9 Prozent. Im Vergleich mit 2019 handelt es sich jedoch um einen – für Luxemburger Verhältnisse – nur mageren Anstieg von 5,3 Prozent. Hintergrund ist die Entwicklung des Verkaufs von Kraftstoffen, ein Wirtschaftsbereich, der mit dem Kampf gegen den Klimawandel schrumpfen soll. Insgesamt etwa 198 Millionen Euro (mehr als erwartet) hat derweil die neue CO2-Steuer, die den Preis für Kraftstoffe im Vergleich zu den Nachbarländern unattraktiver machen soll, in die Kasse des Staates gespült.

Die Ausgaben des Zentralstaates sind derweil im abgelaufenen Jahr, mit 21 Milliarden Euro, hoch geblieben. Verglichen mit dem außerordentlichen Corona-Jahr 2020 handelt es sich lediglich um einen Rückgang von 0,6 Prozent. Verglichen mit den Ausgaben des Staates von vor der Krise (2019), handelt es sich um einen stattlichen Anstieg von 13,6 Prozent.

Die Auszahlungen für Covid-19-Maßnahmen beliefen sich im Jahr 2021 auf 681 Millionen Euro und lagen damit unter dem Niveau von 2020, als noch 2 Milliarden Euro ausgezahlt wurden, präzisiert die Regierung. Dieser Rückgang spiegle die immer geringere Inanspruchnahme der verschiedenen Beihilferegelungen und die gute wirtschaftliche Entwicklung des Landes wider.

Zentralstaat mit Überschuss?

Mit den bisher vorliegenden Zahlen hätte der Zentralstaat im Jahr 2021 einen Überschuss von stattlichen 840 Millionen Euro erwirtschaftet. Jedoch entspricht dieses Ergebnis noch nicht dem Endresultat des Haushaltsjahres 2021, fügt das Ministerium hinzu. Noch bis Ende April 2022 läuft die sogenannte Ergänzungsperiode, in der zusätzliche Ausgaben zulasten des Haushalts 2021 getätigt werden können. Dieser Überschuss bleibe somit eine Momentaufnahme, unterstreicht das Ministerium.

Wie die Zahlen letzten Endes aussehen werden, ist für einen Beobachter schwer abzuschätzen. In den Vorjahren war das endgültige Resultat oftmals viele hundert Millionen Euro anders als die Zahlen von Ende Dezember. Diesmal dürften die Zahlen schlechter werden: Das schlussendliche Endsaldo des Jahres werde voraussichtlich niedriger ausfallen, schreibt das Ministerium. Die nun vorliegenden Zahlen würden jedoch darauf hindeuten, dass der Zentralstaat das Haushaltsjahr 2021 mit einem besseren Resultat abschließen wird als das im Herbst 2021 geplante Defizit von rund einer Milliarde Euro, so das Ministerium.

Yuriko Backes kommt die konservative Planung ihres Vorgängers Pierre Gramegna zugute. Nach dem besonders schlechten Finanzjahr 2020 hatte Gramegna für 2021 kontinuierlich hohe Defizite angekündigt, um dann aber Monat für Monat verkünden zu können, dass die Zahlen doch besser seien als erwartet.

Deutlich mehr Schulden als 2019 geplant

Ganz im Sinne der Kontinuität erklärt Finanzministerin Yuriko Backes dann: „Ich werde mich bemühen, meine Aufgabe in demselben Geist zu erfüllen, im Interesse des Landes und der Bürger.“ Gleichzeitig warnt sie, wie es sich für einen Finanzminister gehört, der auf solide Zahlen setzen will: „Auch wenn die aktuellen Zahlen die Widerstandsfähigkeit der luxemburgischen Wirtschaft unterstreichen, warten noch viele Herausforderungen auf uns, die ein umsichtiges und verantwortungsvolles Vorgehen erfordern.“

Bei der Staatsschuld bleiben die Folgen der Pandemie derweil überaus sichtbar. Ende 2019 wurde erwartet, dass das Land Ende 2023 eine Verschuldung von insgesamt 13,3 Milliarden Euro (oder 17,5 Prozent des BIP) haben würde. Aktuell liegt die Schätzung für 2023 jedoch bei 20,3 Milliarden Euro (oder 27 Prozent des BIP). Der Unterschied ist gewaltig, es handelt sich um sieben Milliarden Euro Schulden mehr als geplant. Im europäischen Vergleich zählt Luxemburg dennoch zu den guten Schülern. Derzeit liegt die Verschuldungsquote hierzulande bei rund 25 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Entwicklung der Staatsschulden laut Plan von Oktober 2021
Entwicklung der Staatsschulden laut Plan von Oktober 2021

Investmentfonds und Erbschaftssteuer

Einen deutlich gestiegenen Beitrag zu den Luxemburger Staatsfinanzen wurde 2021 vom Sektor der Investmentfonds eingebracht. Allein die sogenannte „Taxe d’abonnement“, eine Steuer auf den Geldvolumen der Fonds, hat satte 1,28 Milliarden Euro in die Staatskasse gespült. Deutlich mehr als erwartet und auch deutlich mehr als im Vorjahr (1,05 Milliarden).
Hintergrund ist die starke Entwicklung des Sektors im Laufe des Jahres. Dank einer guten Entwicklung der Finanzmärkte sowie zusätzlicher Gelder der Investoren konnte das von den Luxemburger Fonds verwaltete Volumen auf die praktisch unvorstellbare Summe von 5,9 Billionen Euro gesteigert werden. Zum 31. Dezember 2021 hat das Nettovermögen luxemburgischer Investmentfonds ein Allzeithoch von 5.859 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Anstieg von 886 Milliarden Euro oder von 17,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Umgerechnet ist der Sektor letztes Jahr damit um über 2,4 Milliarden Euro pro Tag gewachsen.
Der weltweite Vertrieb von Investmentfonds ist eine Erfolgsgeschichte für den Luxemburger Finanzplatz. Im Jahr 2009 lag die Summe der investierten Gelder noch weit unter 2.000 Milliarden Euro (1.526,6 Milliarden). Die 3.000-Milliarden-Marke wurde 2014 überschritten – die 4.000-Milliarden-Marke nur drei Jahre später. Im Januar 2021 war das Volumen der von den Investmentfonds verwalteten Gelder erstmals über die Marke von 5.000 Milliarden Euro gesprungen. Das Großherzogtum ist der zweitwichtigste Fondsstandort weltweit – nach den USA.
Fast lächerlich, verglichen mit den Investmentfonds, ist derweil der Beitrag von 117 Millionen Euro, den die Erbschaftssteuer zu den Staatsfinanzen leistet. Dabei ist die Summe bereits deutlich größer als die im Haushalt vorgesehenen 85 Millionen, oder als die 80 Millionen Euro vom Vorjahr.

Entwicklung der von den Luxemburger Fonds verwalteten Geldsumme sowie die Entwicklung der Zahl der Fonds
Entwicklung der von den Luxemburger Fonds verwalteten Geldsumme sowie die Entwicklung der Zahl der Fonds Quelle: Screenshot CSSF