Editorial„Da kann ich nichts anders machen“– Xavier Bettels seltsamer EU-Kommentar

Editorial / „Da kann ich nichts anders machen“– Xavier Bettels seltsamer EU-Kommentar
Premierminister Xavier Bettel auf der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch Foto: Editpress/Alain Rischard

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Und da war er dann auf einmal, der Moment, in dem Xavier Bettel den EU-Joker zog. Etwas mehr als eine halbe Stunde lief die Pressekonferenz nach dem Regierungsrat am Mittwoch, Bettel hatte die Wiedereröffnung der Terrassen verkündet (aber ohne „Rambazamba“!), die Verlängerung der Gültigkeit der Übernachtungsgutscheine erklärt und seine Familienministerin verteidigt. Dann fragte ein Journalist nach dem kommenden EU-Gipfel und der europäischen Impfstrategie. Und Luxemburgs Premier vergaß auf einmal, dass er doch eigentlich der Regierungschef vom Europa-Musterschüler ist. 

„Ich warte immer darauf, die Dinge geliefert zu bekommen, ehe ich mich zu früh freue“, sagte Bettel. „Von Dingen, die wir aus dem Ausland angekündigt bekommen haben, bin ich zu oft enttäuscht worden.“ Mit den „Dingen aus dem Ausland“ meinte der Premier die Impfdosen, deren Beschaffung bekanntlich die Europäische Union organisiert. 95.000 Menschen könne Luxemburg pro Woche impfen, sagte Bettel. Eigentlich. „Wenn wir vor drei Monaten allen Impfstoff gehabt hätten, dann hätten wir in zwei Monaten ganz Luxemburg geimpft“, sagte Bettel. „Aber wenn man keinen Impfstoff hat (Achselzucken), da kann ich nichts anders machen.“ 

An der Luxemburger Regierung liegt es also selbstverständlich nicht, dass nicht genug Geimpfte im Land sind. Im Gegenteil: Hier ist wie immer alles top geplant und organisiert und steht bereit. Aber die Brüsseler Bürokraten, die keine Bestellung beim Pizzamann um die Ecke aufgeben können, ohne sich eine Verwaltungsklage einzufangen, haben’s halt vergeigt.

Versagt die EU tatsächlich in der Pandemie, in der weitreichende Entscheidungen schnell getroffen werden müssen? Braucht es für die großen Krisen knallharte Durchgreifer anstatt Superföderalismus? Einen starken Mann oder eine starke Frau an der Spitze, die Tacheles reden und mutig Entscheidungen durchsetzen? Die den doofen Brexit-Briten zeigen, wo das AstraZeneca hingehört (nur in die Ärmel von EU-Bürgern, Friends!). Die den ganzen Laden mal eben auf Kriegswirtschaft umstellen – und in „zwei Monaten“ ist der Kuchen gegessen? 

Ja, die Versuchung ist so groß, wie die Zeiten schwierig sind. Aber wer in Geschichte aufgepasst hat, der weiß: Das passiert nicht zum ersten Mal. Und wer der Versuchung erlegen ist, der hat es jetzt noch immer bereut. 

Der Föderalismus, mit dem sich Europa organisiert, ist kompliziert. Aber er ermöglicht es einer heterogenen Gesellschaft mit 450 Millionen Einwohnern, sich so effizient zu organisieren, wie es halt gerade geht. Er versetzt 27 unterschiedliche Länder in die Lage, Entscheidungen zu treffen, mit denen sich jeder so halbwegs identifizieren kann. Ja, die Kompromisse sind oft nur der kleinste gemeinsame Nenner. Aber sie sind besser als nichts – und sie sorgen in normalen Zeiten für Frieden und Wohlstand. Deshalb war und bleibt die EU trotz einer Vielstimmigkeit, die in den vergangenen Jahren mitunter so dissonant klang, dass einige noch immer Kopfschmerzen haben, immer ein Erfolgsmodell. Dass es jetzt beim Impfen knirscht, liegt nicht an zu viel EU – sondern an zu wenig.

Dass das Management der Corona-Pandemie nicht zu den Sternstunden des Staatenbunds gehört, ist inzwischen jedem klar. Aber man darf dabei eines nicht vergessen: Die EU – das sind wir. Luxemburg hat genauso einen Platz im Europäischen Rat und in der Europäischen Kommission wie alle 26 anderen auch. 

Vor knapp einem Jahr wusste das auch noch Xavier Bettel. „Ich habe mich beim letzten Gipfel für eine koordinierte, gemeinsame Strategie starkgemacht“, sagte er zum Thema Impfmittel und EU im Mai 2020 in einem Interview im Luxemburger Wort. „Es ist absolut wichtig, dass die Kommission bei der Koordinierung die Führung übernimmt.“

Münchhausen
5. April 2021 - 9.54

Wir bekommen keine Impfdosen und von denen geben wir 5000 Stück an das Ausland weiter. Aha.Drei Kinder gehen in die Schule hinein und fünf kommen heraus.Wieviele Kinder müssen dann hineingehen bis keines mehr drin ist? Man sieht,es gibt Fragen auf die nur Eurokraten eine Antwort haben.

Hans Peter
30. März 2021 - 9.54

@ Hatfield ... was kümmerts die Eiche, wenn sich an ihrer Borke eine Wildsau schabt;).

Klitz
29. März 2021 - 15.52

@Hatfield, dafür dass Sie Luxemburg für so unwichtig halten reagieren Sie doch jedes Mal extrem gereizt auf die Kommentare aus dem ach so winzigen unwichtigen Teil Europas ?. Also legen Sie doch gerne ein bisschen mehr großdeutsche Gelassenheit an den Tag. Trotzdem tragen Ihre Kommentare zur allgemeinen Belustigung bei. Weiter so! ? ?

Mireille
29. März 2021 - 8.21

Warum haben nur EU Länder nicht genügend Impfstoff . Woran das wohl liegt

Hatfield
28. März 2021 - 22.56

@Blücher, Scholer, Till Spiggel ( wahrscheinlich steckt ein und dieselbe Person hinter diesem Pseudonym.) Das, was Sie Lobhudelei nennen, ist nur die Beschreibung der Fakten. Dafür, dass die Griechen Jahrzehnte über ihre Verhältnisse lebten, können die Deutschen auch nichts! Aber wie schon in der Vergangenheit suchen Sie immer nach anderen Themen, wenn Ihnen zu dem ursprünglichen Sachverhalt die Argumente ausgehen. Fakt ist, dass es nicht das Verschulden von Frau Merkel ist, dass die Luxemburger Regierung unfähig ist die Impfung zu organisieren. Was soll also dieser Unfug immer wieder? In Deutschland kommt niemand auf die Idee, für die dortige schleppende Imfgeschwindigkeit Luxemburger oder sonst eine Nachbarregierung zu beschuldigen. Dieser krampfhafte Minderwertigkeitskomplex nervt ohne Ende. Wenn Luxemburg ein Staat auf Augenhöhe sein will, dann soll es auch die Verantwortung auf Augenhöhe tragen und nicht bei jedem Problem wie ein Kleinkind mit dem Finger auf Andere zeigen. Vielleicht sollte Luxemburg mal etwas nützliches für ganz Europa im Kampf gegen Corona leisten. Bislang kam da noch nicht viel aus der frankophonen Ecke im Westen der EU. Also erst mal die Hausaufgaben machen, dann kann man auch mitreden und kritisieren, aber nicht so.

de Schéifermisch
28. März 2021 - 19.47

@ Hatfield. Weshalb nicht gleich nach Deutschland auswandern?

Blücher
28. März 2021 - 15.30

@Hatfield: Ihre Lobhudelei auf das deutsche Übermächtige beeindruckt, doch werde ich das Gefühl nicht los die Deutschen , das Bundesverfassungsgericht hat vor zwei Tagen das Gesetz zu den EU Corona Hilfen die Auszahlung für etliche Monate , Jahre? blockiert, auf Kosten anderer Länder gesundstoßen wollen. Durch das Blockieren dieser Gelder werden wohl einige Länder in arge finanzielle Probleme trudeln .Das deutsche Gespenst , wie einst zur Eurokrise , kehrt zurück und will wie einst auf Kosten Griechenlands, dann wohl seinen Staatshaushalt sanieren , Profit machen.

Ba
28. März 2021 - 9.25

In dieser spezifischen Angelegenheit, hat die EU-Kommission eben versagt: Frau UvdL und ihre Gesundheitskommissarin eben...das stellt jedoch die EU als Gesamtes nicht in Frage, sie war nur der falsche Verhandlungspartner in diesem Impfstoff Beschaffungs deal..!

den gedelegen
27. März 2021 - 20.50

recht hatte der herr grethen,dass er sich vordraengte es geht doch nur ueber RELATIONEN inzwischen koennen die Alten und Pflegebeduerftigen sterben So sparen unsere Kranken,Renten,Sterbenkassen usw. viel Geld und unsere Finanzen sind saniert

Hatfield
27. März 2021 - 19.09

@JC Kemp. Klar, die Deutsche Bundeskanzlerin ist Schuld, das Luxemburger nicht geimpft werden und auch Ursula von der Leyen. Die Luxemburger Regierung ist da vollkommen unschuldig, es müssen die bösen Deutschen sein. Jetzt hören sie mir mal gut zu! Die Deutschen haben den besten Impfstoff von allen entwickelt und mit großen Fördermitteln möglich gemacht. Und ihn dann freundlicher Weise, mit der Welt und auch mit Lux geteilt anstatt erst mal die eigene Bevölkerung damit zu impfen. Das hat Mutti möglich gemacht.Und mit UvdL ist Europa in jedem Fall besser dran, als mit JCJ, der außer frech überall ungefragt seine Kommentare zum Besten zu geben in der Regel erst mal immer den Vorteil von Lux im Sinn hatte. Und dieser kleine Teil von Europa ist den anderen Staaten meist herzlich egal gewesen.

jung luc
27. März 2021 - 17.52

In Sachen Beschaffung von Impfstoff hat die Regierung versagt weil sie sich auf die EU verlassen hat.

de spëtzbouf
27. März 2021 - 13.24

Werde das Gefühl nicht los, dass der oben abgebildete Herr mit Bart anders auftritt als ohne.

de Schmatt
27. März 2021 - 13.22

Ein wie gewohnt hilfloser Premier, der viel redet um wenig zu sagen. Ausserdem hat die EU auf der ganzen Linie in Sachen Bekämpfung der Pandemie auf der ganzen Linie versagt. Ausgemusterte Landespolitiker/innen eignen sich nicht unbedingt für diesen anspruchsvollen Posten in Brüssel und wenn sie sich noch so gut in anderen Sprache als ihrer Muttersprache ausdrücken können. Reden ist eine Sache, Handeln eine andere, viel wichtigere.

Laird Glenmore
27. März 2021 - 12.54

Wenn sich unsere Regierung intensiver um die Beschaffung des Impfstoffes gekümmert hätte würden wir jetzt nicht die Probleme haben, aber in der Abgeordnetenkammer wird ja immer alles zerredet und für jeden Mist will man neue Gesetze statt mal unbürokratisch Direkthilfe zu leisten, den Papierkram kann man auch später erledigen. Mich wundert es nicht das es dann " Impfdrängler " gibt denn die wussten ja schon vorher das es einen Engpass geben wird.

J.C. Kemp
27. März 2021 - 12.15

Und das alles weil Mutti eine sperrige Ministerin loswerden wollte.

TJ
27. März 2021 - 11.34

"Ja, die Versuchung ist so groß, wie die Zeiten schwierig sind. Aber wer in Geschichte aufgepasst hat, der weiß: Das passiert nicht zum ersten Mal. Und wer der Versuchung erlegen ist, der hat es jetzt noch immer bereut." Der Autor schreibt, als wüsste er nicht, dass die EU bereits zig Millionen Impfstoffe in die ganze Welt exportiert hat ... wir haben sogar Impfstoffe in die USA und nach Großbritannien geschickt. Gleichzeitig gab es keine Gegenseitigkeit. Es ist an der Zeit, dass die EU ein wenig gierig ist, um ihre eigenen Menschen zu retten, die immer noch in großer Zahl sterben.