EditorialBettel und Turmes sind Luxemburgs neues Krisen-Duo – umschiffen aber erst mal jede Klarheit

Editorial / Bettel und Turmes sind Luxemburgs neues Krisen-Duo – umschiffen aber erst mal jede Klarheit
Nächste Misere, nächstes Doppel: Nachdem das Duo Bettel-Lenert durch die Pandemie führte, übernimmt das Duo Bettel-Turmes die Energiekrise Foto: Editpress/Alain Rischard

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Die Angst geht um, auch in Luxemburg. Die Gaspreise, das Benzin, der Caddy im Supermarkt, der jede Woche mehr kostet, irgendwann der Strom – wer soll sich das alles noch leisten können? Noch nie war das Vertrauen der Menschen in Luxemburg in die eigene Kaufkraft so gering. Das sagt keine Gewerkschaft, das sagt die Luxemburger Zentralbank.

Alarmstufe Rot demnach. So rot, dass Premier Xavier Bettel (DP) und Energieminister Claude Turmes („déi gréng“) am Freitag vor die Presse traten. Seit der Covid-Krise weiß das Land, dass nach Regierungsräten live übertragene Pressekonferenzen des Premiers mit dem für das Auslöffeln der Misere zuständigen Ressortminister selten Gutes bedeuten. So war es auch diesmal.

Jetzt also Energiekrise. Wie krass uns die treffen wird, wird sich erst zeigen. Aber wenn Regierungspolitiker ankündigen, dass die staatlichen Hilfen bis „in die Mittelschicht“ hineinreichen könnten, ist das ein Hinweis, der wachrüttelt: Da könnte etwas auf uns zukommen, wie wir es in dem Ausmaß noch nicht kennen. So klar sagt das aber noch keiner. Da die Tripartite-Gespräche mit den Sozialpartnern von Gewerkschaften und Patronat erst Mitte des Monats anstehen, blieben Bettel und Turmes bei etwaigen Hilfszahlungen und dem Index bei Andeutungen. Erst einmal soll Luxemburg das Energiesparen lernen.

Turmes muss die (noch) freiwilligen Sparmaßnahmen kommende Woche vorstellen. Ob alle in Luxemburg diesen „flotten, kollektiven Effort“, wie der Energieminister das Sparpaket ankündigt, so „flott“ finden werden, bleibt abzuwarten. Bettel beschwor vorsichtshalber schon mal Pandemie-erprobt das Wir-Gefühl, um gemeinsam durch diese nächste Krise zu kommen – und platzierte gleichzeitig seine Botschaften: Der Winter wird hart, wir werden sparen müssen, alles wird noch teurer, aber die Regierung ist sich der Bedrohung bewusst und arbeitet wie verrückt daran, Land und Leute durch unruhige Monate zu führen. Spätestens wenn die teuren Energierechnungen ins Haus flattern, brauchen die Menschen aber konkrete Ansagen. Viele werden nachrechnen müssen, was sie sich noch leisten können. Dafür müssen sie wissen, wie viel ihnen der Staat hilft.

Trotzdem war es gut, dass Bettel und Turmes vor die Presse traten. Das Duo Bettel-Lenert führte Luxemburg durch die Corona-Krise. Nun hat das Land offenbar sein Team für die Winterkrise. Turmes’ Expertise in Sachen Energiepolitik ist dabei unbestritten. Und Energiepolitik ist ein kompliziertes Feld, wo es keine einfachen Antworten und kaum schnelle Lösungen gibt – was, vor allem in dieser vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufgehetzten Atmosphäre, viel Raum für Desinformation und Propaganda lässt, die am sozialen Zusammenhalt rütteln können.

Der Auftritt von Bettel und Turmes kann immerhin als erster Versuch gelesen werden, Land und Leute vom Kopf her krisenfester und widerstandsfähiger zu machen. Ob sie Erfolg haben, wird sich erstmals daran zeigen, wie die empfohlenen Energie-Sparmaßnahmen von der breiten Bevölkerung aufgenommen werden. Langfristig wird es mehr brauchen.

Phil
14. September 2022 - 8.57

@Julius Et steet jo och do... "Ob sie Erfolg haben, wird sich erstmals daran zeigen, wie die empfohlenen Energie-Sparmaßnahmen von der breiten Bevölkerung aufgenommen werden." Wann et dann net klappt, sin déi béiss Bierger et nees an d'Schold! Sou einfach ass Politik ;)

Julius
6. September 2022 - 21.05

Konzeptloser geht's wohl nicht lamentabeles Gespann.

JJ
6. September 2022 - 18.55

Ab Oktober kommt Lehnert noch hinzu.Dann haben wir das "Trio Infernal".Aber Spaß beiseite.Einer muss die Drecksarbeit ja machen. Zum Spritpreis. Diesen Sommer hatte man nicht den Eindruck,dass sich irgendwer von den Spritpreisen beeindrucken gelassen hat. Die Blechlawine nach Südfrankreich und zurück rollt noch immer.Aber nächste Woche geht's wieder an die Schulbank und ins Büro und dann wird wieder geklagt über zu hohe Preise.

Blau
6. September 2022 - 11.05

@ Anatole / Nicht verzagen, Bettel fragen.

Filet de Boeuf
5. September 2022 - 10.28

Die Fragestellung ist sowieso komplett falsch. Die Frage sollte lauten: "Was können sich die Bürger noch neben den Energiepreisen leisten?" Alles andere ist für mich wieder ein Verbandskasten.

Anatole
5. September 2022 - 10.14

Bei diesen vagen Aussagen würde es mich interessieren bei und bis wieviel tausend Euro Einnahmen insgesamt im Jahr, Lohn, Rente*n, Vermietung, u.s.w. diese sogenannte aber nicht definierte Mittelschicht liegt. Weiss jemand die Antwort?

Phil
4. September 2022 - 9.08

Ist ja schön zu sehen, dass Luxemburg ein neues Traumpaar hat, welche sich händehaltend und sanft lächelnd den Problemen stellt. Das Problem ist, dass die von Bettel genannten staatlichen Hilfen die bis „in die Mittelschicht“ hineinreichen könnten, eben grad aus Steuergeldern der Mittelschicht finanziert werden. Die Mittelschicht hilft sich also selbst, sprich zieht sich selbst an den Haaren aus der Misere - und auch noch andere. Et kascht wat et kascht... reloaded!

marion.kosmalla
3. September 2022 - 11.09

Der Artikel spricht mir aus der Seele!