RadsportStart der 75. Vuelta ciclista a España: Michel Ries feiert sein Grand-Tour-Debüt

Radsport / Start der 75. Vuelta ciclista a España: Michel Ries feiert sein Grand-Tour-Debüt
Michel Ries feiert am Dienstag seine Premiere bei einer Grand-Tour Archivbild: Anouk Flesch/Tageblatt

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Michel Ries (Trek-Segafredo) wird am Dienstag als einziger Luxemburger bei der 75. Vuelta ciclista a España an den Start gehen. Der 22-Jährige wird über die 18 Etappen Freiheiten bei seiner ersten großen Rundfahrt genießen dürfen. 

Michel Ries spürte am Montag, einen Tag vor dem Start der Vuelta a España, eine leichte Anspannung. Weil es seine erste große Rundfahrt ist, stellt sich dem 22-Jährigen besonders eine Frage. „Ich weiß nicht, wie mein Körper über die ganzen drei Wochen reagieren wird“, sagt Ries. „Die Dauer ist der größte Unterschied zu einem normalen Rennen. Ansonsten lief in den letzten Tagen nicht viel anders als sonst.“ Die diesjährige Vuelta zählt in diesem Jahr lediglich 21 Etappen – die ersten drei Etappen sollten in den Niederlanden stattfinden, wurden aufgrund der Corona-Pandemie aber komplett gestrichen. 

Ries hat nach der Tour de Luxembourg (15.9.-19.9./29. Platz) noch die Flèche Wallonne (88.) am 30.9. und Liège-Bastogne-Liège (119.) am 4.10. bestritten. Seitdem hat der Luxemburger das Trainingspensum reduziert. „Ich war nach meinem Start in Liège etwas müde“, gesteht Ries. „In den letzten zwei Wochen habe ich weniger intensiv trainiert, um frisch an den Start der Vuelta zu gehen. Es sind drei Wochen mit vielen schwierigen Etappen, deswegen war mir die Frische sehr wichtig.“ Viel Eingewöhnungszeit wird er nicht bei seiner ersten Teilnahme an einer Grand-Tour bekommen, gleich am Dienstag steht eine schwierige Etappe mit drei Anstiegen der dritten Kategorie sowie einem letzten Anstieg der ersten Kategorie an. Von Irun geht es im Norden Spaniens über 173 Kilometer nach Arrate. „Ich denke, dass meine Form stimmt. Mal sehen, ob meine Beine ein paar Tage brauchen werden, um wieder reinzukommen“, erklärt Ries.

Ries will sich vorne zeigen

Gleich die ersten drei Etappen werden anspruchsvoll, ehe es zu der ersten von lediglich vier Chancen für die Sprinter kommt. Mit  Emīls Liepiņš (27 Jahre), Alexander Kamp (26) und Koen de Kort (38) stellt die Mannschaft ihren Zug um ihren italienischen Sprinter Matteo Moschetti (24). Die anderen vier Fahrer, Kenny Elissonde (29), Juan Pedro Lopez (23), Niklas Eg (25) und Ries, sollen in den Bergen für Aufsehen sorgen. Vor der Rundfahrt geht die Mannschaft nicht mit einem wirklichen Leader fürs Gesamtklassement ins Rennen – das gibt Ries einige Freiheiten. „Wir vier Bergfahrer werden ziemlich frei sei und haben das Ziel, auf Etappensiege zu fahren. Vielleicht schafft einer von uns auch eine gute Platzierung im Gesamtklassement – wir müssen in den ersten Tagen mal sehen, wie sich das Rennen entwickelt. Nach den ersten Etappen werden wir schnell sehen, wo wir stehen“, sagt Ries.

Der luxemburgische U23-Zeitfahrmeister will sich in den Ausreißergruppen präsentieren, denn vor allem die schwierigen Bergankünfte liegen ihm. „Die ganz schweren Etappen mit langen und steilen Anstiegen kommen mir am ehesten entgegen“, weiß er. „Die Motivation ist da und ich möchte einiges ausprobieren, aber vor allem davon profitieren, meine Freiheiten zu haben. Es wird nicht einfach, in die Fluchtgruppe zu gelangen. Es gibt viele Fahrer, die nicht auf die Gesamtwertung fahren, es aber für Tagessiege versuchen. Ich denke, dass es jeden Tag einen harten Kampf geben wird, um Teil der Ausreißergruppe zu werden.“ Die Mannschaft hat die Etappen der ersten Woche bereits genauer analysiert, den Rest gehen sie von Tag zu Tag an. Für Ries persönlich geht es in erster Linie darum, Erfahrung zu sammeln. In der jungen Mannschaft von Trek-Segafredo kann sich Ries vor allem beim Routinier Koen de Kort Ratschläge abgreifen. Der 38-jährige Niederländer hat bereits an 16 großen Rundfahrten teilgenommen. „Man spricht mit den Fahrern, die Erfahrung haben. Man fragt, wie man die letzten Tage vor der Rundfahrt angehen soll und wie man sich vor allem nach den Etappen erholt. Für mich wird es in diesem Jahr wichtig sein, Dinge dazuzulernen, um sie in der Zukunft mitnehmen zu können.“ 

Mentale Vorbereitung

Auch mental wird es für das 176-köpfige Peloton nicht einfach werden. „Es werden drei wirklich harte Wochen, auf die man sich mental vorbereiten muss. Normal ist die Saison Mitte Oktober so gut wie vorbei und man denkt an die Ferien – jetzt noch eine große Rundfahrt zu absolvieren, ist für einige Fahrer sicher nicht einfach. Bei mir überwiegt dennoch ganz klar die Vorfreude“, sagt Ries, der in diesem Jahr zu den jüngsten Fahrern im Peloton gehört. Nur 14 Radsportler sind jünger, der älteste Profi ist der 40-jährige Alejandro Valverde. 

Einen klaren Favoriten auf den Sieg in der Gesamtwertung sieht Ries nicht. Jumbo-Visma, die mit Tom Dumoulin und Primoz Roglic in einer Doppelspitze auftreten, sieht er genau wie Ineos mit Chris Froome und Richard Carapaz oder Astana mit dem erst 24-jährigen Russen Alexander Wlasow ganz oben. Wlasow musste den Giro bereits auf der zweiten Etappe aufgeben, präsentierte sich vor der Italien-Rundfahrt aber in einer bestechenden Form. „Jumbo hat vielleicht noch eine Rechnung von der Tour offen“, vermutet der 22-Jährige. „Es gibt aber ein paar Fahrer, die die Tour bestritten haben und auch bei den Klassikern waren. Mental und körperlich ist es dann nicht einfach, so spät im Jahr noch eine große Rundfahrt zu bestreiten.“ Auch Thibaut Pinot (Groupama-FDJ), der bei der Tour wegen Rückenprobleme keine Rolle im Kampf ums „Maillot jaune“ spielte, tritt in Spanien an.