JudoClaudio dos Santos: Neuer Trainer, neue Taktik

Judo / Claudio dos Santos: Neuer Trainer, neue Taktik
Claudio Dos Santos  Foto: Editpress-Archiv/Marcel Nickels

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Die heiße Qualifikationsphase hat begonnen. Den weltbesten Judokas bleibt bis zum 28. Juni Zeit, ihre Olympia-Punkte zu sammeln. Claudio dos Santos, die Luxemburger Nummer eins, müsste heute bei der Europameisterschaft in der Gewichtsklasse -73 kg einen großen Schritt nach vorne machen, damit die Minimalchancen vor den zwei großen verbleibenden Turnieren bestehen bleiben. Die Losfee meinte es allerdings nicht unbedingt gut.

Es ist verdächtig ruhig um den 21-jährigen Claudio dos Santos geworden – und das, obschon der Judoka in den vergangenen Wochen quer durch Europa gereist ist, um sich auf das heutige Turnier in Lissabon vorzubereiten. Nach einem Wettkampf in der Türkei trainierte er eine Woche mit den besten portugiesischen, spanischen und italienischen Athleten in Coimbra. Der kurze Abstecher nach Luxemburg diente vor allem der mentalen Vorbereitung sowie der Technik und Schnellkraft. 

Gestern war bereits wieder Wettkampf-Routine eingekehrt. Eingepackt in sein „Schwitz-Kostüm“, musste er vor dem offiziellen Wiegen am Abend noch 1,2 Kilogramm Wasser verlieren. „Das ist nicht viel“, freute sich der COSL-Athlet. Anders als in den vergangenen beiden Jahren wird ihn sein Trainer Alexander Lüdeke aber bei der EM nicht unterstützen können. Stattdessen ist der neue Nationaltrainer Jasper Huitsing erstmals mit dem Athleten unterwegs. Für Lüdeke bedeutet das, „dass ich zu Hause zwei unruhige Tage verbringe“, während der Sportler damit den ersten Schritt mit seinem neuen Coach geht. Der Niederländer wird nach der abgeschlossenen Olympia-Qualifikationsperiode für Dos Santos zuständig sein. 

Den ersten EM-Gegner haben alle drei analysiert. Es handelt sich um einen erfahrenen Mann aus der Türkei, der momentan auf Platz 10 der Weltrangliste geführt wird (und dementsprechend auch bei den Spielen in Tokio zu den Kandidaten für Edelmetall gehört). Es hätte Dos Santos zwar schlimmer treffen können, wie er es formulierte. Trotzdem ist Bilal Ciloglu, Ex-Juniorenweltmeister, in diesem Duell der klare Favorit. „Mir gibt dieser Kampf nicht nur die Möglichkeit, mein Land zu vertreten, sondern auch wieder gegen Leute aus der Weltspitze zu kämpfen.“ 

Dos Santos wird dabei versuchen, andere taktische Wege einzuschlagen. „Ich war eigentlich immer gewohnt, gleich anzugreifen. Das wollen wir diesmal ändern. Ich habe dem Gegner nämlich dadurch auch immer Schwächen offenbart. Wenn ich das jetzt anders angehe, hilft mir das dann auch, die Gegner besser einzuschätzen.“ Obschon die Coaches und der Sportler sich die vier letzten Kämpfe des Türken angesehen haben, sind Videoanalysen nie vergleichbar. Dos Santos erklärte: „Man kann daraus eigentlich nur die groben Stärken erkennen.“ 

Ob Lüdeke den Athleten noch vor dem Ende der Olympia-Quali zum Grand Slam und der WM begleiten wird, steht noch nicht fest. „Irgendwo muss man ja anfangen“, meinte der Judoka gestern. „Er (Jasper Huitsing) kennt mich noch nicht, weiß nicht, wie ich mental drauf bin vor meinen Kämpfen. Auf diesem Niveau sind die kleinen taktischen Details entscheidend. Ich denke schon, dass er mich sehr gut einschätzen kann. Beim Training hat unser Zusammenspiel bereits gut geklappt.“ 

Nach seinen Klausuren im Juni wird Dos Santos dann übrigens im September seine Karriere als Sportsoldat beginnen und später auch ein Fernstudium in Betriebswirtschaft oder Kriminologie beginnen. Danach dürfte ihn der Weg wohl ins Ausland – zu stärkeren Trainingsgruppen – führen, damit er den zweiten Anlauf in Richtung Olympische Spiele nehmen kann. 

Die Weltrangliste

Zehn Wochen bleiben den Top-Judokas, um ihre Punkte für die Olympischen Spiele zu sammeln. Als wichtigste Stationen bleiben die laufende Europameisterschaft, aber auch der Grand Slam in Kasan (ab dem 5. Mai) sowie die Weltmeisterschaft Anfang Juni in Budapest. Mit seinen 683 Zählern liegt Claudio Dos Santos momentan auf Platz 65 – müsste aber beim Schlussspurt noch ungefähr 2.000 Punkte sammeln, um die Chance auf einen europäischen Quoten-Platz zu haben. Das würde eigentlich „an ein halbes Wunder“ grenzen, wie Trainer Alexander Lüdeke zu verstehen gab.