KunstturnenBei der EM in Basel wollen Céleste Mordenti und Lola Schleich den Schock vergessen machen

Kunstturnen / Bei der EM in Basel wollen Céleste Mordenti und Lola Schleich den Schock vergessen machen
Lola Schleich will ihre Leistung, die sie bei der EM im Dezember in Mersin zeigte, in Basel bestätigen  Archivfoto: Marcel Nickels

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Die zweite EM binnen gerade einmal vier Monaten: Nach Mersin im Dezember 2020 treten mit Céleste Mordenti und Lola Schleich heute Abend zwei FLGym-Turnerinnen auch bei der Europameisterschaft 2021 in Basel an.

Zwei Europameisterschaften binnen gerade einmal vier Monaten: Aufgrund der Corona-Pandemie für den Damen-Kader der FLGym kein fernes Szenario, sondern Realität. Nachdem mit Chiara Castellucci, Céleste Mordenti und Lola Schleich kurz vor Weihnachten ein Trio im türkischen Mersin an der auf Dezember verlegten EM an Start ging, bestreiten Mordenti und Schleich heute ebenfalls den Mehrkampf in Basel. Dass aus dem Trio für die EM 2021 ein Duo wurde, hat jedoch fast schon dramatische Gründe, denn Castellucci verletzte sich schwer und zog sich gerade einmal drei Wochen vor den kontinentalen Meisterschaften einen Wirbelbruch am Rücken zu.

Ein Schock, nicht nur für die junge Turnerin der Union Düdelingen, sondern auch für ihre Teamkolleginnen des Nationalkaders, wie Gilles Andring, der beim Verband für den Elitesport verantwortlich ist und als Delegationschef die Mini-Busreise in die Schweiz antrat, erklärt: „Das war auf jeden Fall ein moralischer Schlag. In den letzten Jahren sind gerade diese drei Turnerinnen zu einer Einheit zusammengewachsen, sie waren bereits 2018 als Junioren gemeinsam bei der EM in Glasgow. Es sind auch die, die aus der anfänglich sechsköpfigen Gruppe übrig geblieben sind.“ Und gerade die starke Vorstellung in Mersin, wo die FLGym erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten bei den Damen wieder eine Mannschaft aufbieten konnte, schweißte die drei Turnerinnen noch enger zusammen: Schließlich verpasste man das Mannschaftsfinale nur äußerst knapp, um gerade einmal 0,635 Punkte, eine Gesamtwertung von 139,429 war dennoch bemerkenswert.

Für Castellucci ist die Verletzung einmal mehr ein herber Rückschlag. Die 17-Jährige erlebte in der Vergangenheit vor großen internationalen Wettbewerben bereits häufiger großes Pech. Ihre erste Seniors-EM hätte sie eigentlich bereits 2019 zusammen mit Mordenti in Polen bestreiten sollen, doch auch vor diesen kontinentalen Meisterschaften verletzte sie sich und musste passen. Ihre Premiere auf diesem Level feierte sie somit erst im Dezember in der Türkei, wo sie wie so oft gerade am Sprung überzeugen konnte. Wie es für Castellucci weitergeht, steht unterdessen noch nicht fest. Eine Operation bleibt ihr vorerst jedenfalls erspart, in vier bis sechs Monaten soll dann geschaut werden, wie gut der Wirbel verheilt ist. „Wichtig ist erst einmal der Heilungsprozess, hier soll sich Chiara keinen Druck machen. Erst danach wird eine Entscheidung folgen, wie es sportlich bei ihr weitergeht“, erklärt Andring. Dass die Motivation jedoch vorerst am Boden ist, scheint da mehr als verständlich. 

Erschwerte Vorbereitung

Neben der Verletzung von Castellucci bereitet einem bei der FLGym auch die eingeschränkte Vorbereitung weiterhin sorgen, wo man, wie Andring betont, noch immer weit von jeglicher Normalität weg ist. Wie bereits vor der EM in Mersin fanden coronabedingt auch dieses Mal keine Vorbereitungsturniere statt und anders als noch im Dezember konnte man die letzte Phase vor der Abreise am Sonntag auch nicht in einem Trainingslager in der Großregion bestreiten, wo die Ausstattung wesentlich besser als im INS („Institut national des sports“) ist: „Im Ausland hätten wir in Quarantäne müssen. So hätte das Training unterbrochen werden müssen, demnach stand das nicht zur Debatte.“ Kurioserweise war noch im Dezember die Vorbereitung in Luxemburg erschwert, da das INS nur zu Schulzeiten genutzt werden durfte. Damals war man bei der FLGym gezwungen, für einen Teil der Vorbereitung ins Ausland auszuweichen. Positiv für Andring ist jedoch, dass man seit der letzten EM von positiven Covid-19-Tests und Quarantänen komplett verschont blieb: „Wir haben da auch sehr aufgepasst und die Kontakte auf ein Minimum beschränkt. Sonst schauen sich Kampfrichter schon mal die Übungen beim Training an, damit man ein Gefühl dafür kriegt, wo man steht. Dieses Mal war das nur digital möglich.“

Das war auf jeden Fall ein moralischer Schlag. In den letzten Jahren sind gerade diese drei Turnerinnen zu einer Einheit zusammengewachsen.

Gilles Andring, über die Verletzung von Chiara Castellucci

Etwas entspannter geht es hingegen hinsichtlich der Organisation zu, wie der Vizepräsident der FLGym weiter erzählt: „Das Chaos hält sich dieses Mal in Grenzen, vor Mersin gab es da noch jeden Tag neue Infos und man war sich bis kurz vor der Austragung nicht sicher, ob die EM denn nicht doch noch abgesagt würde.“ Eine Absage der diesjährigen EM wäre für den kontinentalen Verband „Europeangymnastics“ jedenfalls einer Katastrophe gleichgekommen, denn anders als noch in der Türkei sind dieses Mal alle europäischen Top-Nationen für den Wettkampf in der Schweiz angemeldet. Schließlich geht es noch um Tickets für die Olympischen Spiele. Sowohl bei den Damen als auch bei den Herren können sich Einzelstarter noch einen von zwei verfügbaren Plätzen für Tokio sichern – ein harter Kampf, auf den die ganze europäische Turnwelt schaut. Olympia, das steht allerdings weder für Céleste Mordenti noch für Lola Schleich zur Debatte.

Die beiden jungen Turnerinnen wollen vielmehr ihren Wettkampf aus Mersin bestätigen: „Für sie gilt es weiterhin, Konstanz in ihr Programm zu bekommen“, betont der Delegationschef. Große Änderungen an den Elementen gab es in den letzten Wochen somit auch nicht, diese hätten bekanntlich auch nicht unter Wettkampfbedingungen getestet werden können. Während die 18-jährige Mordenti, die in Luxemburg für die Gym Bonneweg antritt, in den vergangenen Jahren bereits bei Europameisterschaften, einer Weltmeisterschaft und sogar den Europaspielen Erfahrung sammeln konnte, ist die EM in Basel für die 16-jährige Escherin Schleich erst das zweite große internationale Turnier bei den Seniors. In Mersin kam Mordenti auf ihre bisher beste Mehrkampfwertung auf diesem Level (47,465 Punkte), Schleich holte ihrerseits 46,365 Punkte. 

Ernst wird es für die beiden FLGym-Turnerinnen heute Abend ab 18.30 Uhr, wenn sie in der vierten und zugleich letzten Subdivision in ihren Mehrkampf starten. 

Die FLGym-Delegation beim Podiumtraining in Basel (v.l.n.r.): Domenica Camardella (Trainerin), Céleste Mordenti, Lola Schleich, Piotr Kopczynski (Trainer)
Die FLGym-Delegation beim Podiumtraining in Basel (v.l.n.r.): Domenica Camardella (Trainerin), Céleste Mordenti, Lola Schleich, Piotr Kopczynski (Trainer) Foto: FLGym