Olympia100 Tage bis Tokio: Die Show muss weitergehen

Olympia / 100 Tage bis Tokio: Die Show muss weitergehen
Am 23. Juli sollen die Olympischen Sommerspiele in Tokio eröffnet werden Foto: AFP/Charly Triballeau

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Am Mittwoch in 100 Tagen sollen die Olympischen Spiele von Tokio (23. Juli bis 8. August) eröffnet werden. Kurz darauf folgen die Paralympics (24. August bis 5. September). Noch weiß keiner, ob es dazu kommt. Die Herausforderungen in Zeiten der Pandemie sind gewaltig. Eine Übersicht.

Impfung: Jedem ist klar, dass man ohne Impfung wohl nicht nach Japan reisen darf. Von der deutschen Mannschaft sind derzeit 13 Prozent geimpft, sieben Prozent lehnen eine Impfung ab. Mit den Teilnehmern der Paralympischen Spiele geht es insgesamt um 2.000 Personen, die rechtzeitig ihren Piks erhalten müssen. Der DOSB geht davon aus, dass mit Beginn des zweiten Quartals alle in einem vernünftigen Reißverschlussverfahren geimpft werden. In Luxemburg hatte zuletzt COSL-Präsident André Hoffmann in einem Interview mit Radio 100,7 betont, dass die Athleten prioritär geimpft werden sollen, sobald alle vulnerablen Personen eine Impfung bekommen haben. Vor einigen Monaten waren die Athleten nicht gerade begeistert, vorrangig geimpft zu werden, da sie keinem eine Impfung wegnehmen wollten. Würde eine komplette Olympia-Delegation (Sportler und Betreuer) geimpft werden, würden rund 40 bis 50 Impfungen anfallen. Würde man die Sportler, die eine Chance auf eine Qualifikation haben, noch hinzunehmen, würde die Zahl um rund ein Dutzend steigen.

Qualifikation: Insgesamt wird bei Olympia in Tokio mit 11.500, bei den Paralympics mit 4.300 Athlet*innen gerechnet. Aus Luxemburger Sicht sind bislang Tischtennisspielerin Ni Xia Lian, Radsportlerin Christine Majerus, Dressurreiter Nicolas Wagner, Schwimmer Raphaël Stacchiotti und Kugelstoßer Bob Bertemes qualifiziert. Außerdem hat das COSL noch zwei Startplätze beim Straßenrennen der Männer. Einige Sportler haben aber noch die Chance, sich zu qualifizieren. Viele Qualifikationswettbewerbe stehen aber noch aus. Bei den Athleten herrscht wegen mangelnder Planbarkeit und löchriger Schutzkonzepte große Unsicherheit, einige Quali-Wettkämpfe entpuppten sich als Superspreader.

Zuschauer: Ausländische Zuschauer sind in Tokio nicht erlaubt. Darauf legte sich das Organisationskomitee Tokio 2020 Mitte März fest, das IOC stimmte zu. Mit dieser historischen Entscheidung soll das Infektionsrisiko minimiert werden und die Akzeptanz in Japans Bevölkerung für Olympia und die Paralympics steigen. Ob einheimische Besucher zugelassen werden, soll bis Ende April entschieden werden.

Doping: Der Anti-Doping-Kampf bereitet in Zeiten der Pandemie große Sorgen. Das internationale Ungleichgewicht der Dopingkontrollen ist nochmal deutlich angestiegen. Der ehemalige Kugelstoß-Weltmeister David Storl wies darauf hin, dass eine Quarantäne „das beste Alibi zum Betrügen“ sei. Die deutsche Anti-Doping-Agentur bestätigte, dass bei „behördlich angeordneten Quarantäne-Maßnahmen keine Dopingkontrollen durch die NADA stattfinden“.

Stimmung in Japan: Nach wie vor sind laut Umfragen über 80 Prozent gegen die Ausrichtung der zweiten Sommerspiele nach 1964. Erst Mitte Februar startete der Olympia-Gastgeber sein Impfprogramm und kommt nur schleppend voran. Das liegt auch daran, dass die Regierung bisher nur einen Impfstoff zugelassen hat, nämlich den von Biontech/Pfizer. Bislang hat die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt nur weniger als ein Prozent der rund 126 Millionen Einwohner geimpft.

Stimmung im IOC: Das IOC steht weiter voll hinter den Spielen und drängt nicht zuletzt auch wegen drohender Einnahmeverluste in Milliardenhöhe auf die Austragung. Für den Vierjahreszyklus mit Olympia in Sotschi 2014 und Rio 2016 lagen die Einnahmen bei 4,8 Milliarden Euro. Entscheidend dafür sind die Verträge mit den TV-Sendern, deshalb auch ist der Verzicht auf Zuschauer in Tokio durchaus zu verschmerzen.

Stimmung in den Verbänden: Die Athleten und Verbände drängen nahezu einstimmig auf eine Austragung der Spiele. Die Sommerverbände sind zu einem großen Teil von den Geldern des IOC abhängig. Im März vergangenen Jahres hatte der Rückzug einiger wichtiger Nationaler Olympischer Komitees noch dazu geführt, dass die Tokio-Spiele um fast genau ein Jahr verschoben wurden. Bislang bleiben die NOKs und die Weltverbände ruhig. (SID, cs)

Ohne Impfung nicht zu verantworten

Sportmediziner Wilhelm Bloch kann eine Olympia-Teilnahme von Athleten ohne Corona-Impfung nicht gutheißen. „Die Impfung ist ein Muss. Wenn wir Olympia haben wollen, müssen wir die Athleten impfen. Ohne Impfung ist das nicht zu verantworten“, sagte der Professor der Deutschen Sporthochschule Köln im Spiegel-Interview mit Blick auf die Sommerspiele in Tokio (23. Juli bis 8. August).
Ob im Sinne des Infektions- und Gesundheitsschutzes eine Absage der Spiele das richtige Mittel wäre, vermag Bloch nicht abschließend zu beurteilen. „Ich bin da hin- und hergerissen. Ein Risiko ist da. Wenn überhaupt, muss man die Wettkämpfe unter maximalem Schutz durchziehen“, sagte der 62-Jährige: „Mir ist nicht klar, wie das ablaufen soll. Wir Sportärzte fragen uns: Wie schnell bringe ich Infizierte zurück in den Wettkampf?“
Es geschehe laut Bloch zuletzt häufig, dass Sportler nach einer Erkrankung zu früh zurückkehren. Aufgrund des straffen Zeitplans und der Angst, den Lebenstraum Olympia zerplatzen zu sehen, könne der Wissenschaftler dies jedoch auch ein Stück weit verstehen. „Aber auch ich frage mich, wenn ich einen Sportler mit einem Befund bei der Herzuntersuchung habe, der vielleicht nicht so schlimm ist, soll ich dem jetzt empfehlen: Mach drei Monate Sportpause – und das im Vorfeld der Wettkämpfe in Tokio? Wenn das womöglich sogar die letzte Teilnahmemöglichkeit für ihn ist?“

J.C. Kemp
17. April 2021 - 19.38

Geld und Nationalstolz, Krieg mit andern Mitteln. Nationen, Flaggen und Hymnen, und der Medaillenspiegel.

de Schmatt
14. April 2021 - 15.25

" The show must go on ", ohne Rücksicht auf Verluste.