ParlamentErst Fast-Konsens, dann chaotische Szenen: RTL-Vertrag erhitzt Gemüter der Abgeordneten

Parlament / Erst Fast-Konsens, dann chaotische Szenen: RTL-Vertrag erhitzt Gemüter der Abgeordneten
„Zesumme Lëtzebuerg sinn“, so sieht Ministerin Corinne Cahen die Integration. Diskriminierung habe keinen Platz in Luxemburg. Foto: Editpress/Anne Lommel

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Mehr als fünf Stunden beschäftigten sich die Parlamentarier am Donnerstag mit Fragen der Integration, dies im Rahmen des vorbereitenden Prozesses zur Ausarbeitung eines neuen Integrationsgesetzes, das eine möglichst breite Mehrheit haben soll und somit viele Positionen berücksichtigen soll. Anschließend sorgte das rezente Urteil des Verwaltungsgerichtes zum Recht der Parlamentarier auf Einsicht in den nicht-öffentlichen RTL-Konzessionsvertrag für Streit.

Die Interpellation von Paul Galles (CSV) und die anschließende Orientierungsdebatte verliefen recht friedlich. Lediglich die ADR fiel durch stark abweichende Positionen auf. 

Als im Anschluss an diesen Austausch am frühen Abend Pim Knaff (DP) eine Motion vorlegte, die vorschlug, eine juristische Studie solle aufzeigen, wie das Urteil des Verwaltungsgerichtes praktisch umgesetzt werden solle, war es allerdings vorbei mit der Freundlichkeit im Parlament. Das Verwaltungsgericht hatte einer Klage von Sven Clement (Piraten) stattgegeben, der Einsicht in den Konzessionsvertrag zwischen Regierung und RTL gefordert hatte.  

Erst lieferte sich Gilles Roth (CSV) ein Duell mit Knaff über juristische Fragen, Clement unterstrich die Konsequenzen des Urteils; die Abgeordneten seien gestärkt worden und er verlange noch während der laufenden Woche Einsicht in den Vertrag. Kammerpräsident Fernand Etgen deutete an, er wolle Klärung im Rahmen der Präsidentenkonferenz, was allerdings auf heftigen Protest stieß. 

Fernand Kartheiser (ADR) brachte eine weitere Motion ins Spiel, laut der die Kammer schnelle Einsicht in den Vertrag verlangen sollte. Unübersichtlich wurde die Lage anschließend, weil drei Parlamentarier im Verwaltungsrat von RTL sind und demnach nicht abstimmen durften; allerdings sprach wenigstens einer dieser Abgeordneten zur Motion, was von der ADR als Verstoß gegen das Regelwerk des Parlamentes gewertet wurde.

Auszählungsprobleme 

Schließlich wurde über die ADR-Motion abgestimmt, wobei Etgen 29 Ja- und 29-Nein-Stimmen feststellte. Allerdings durften drei Abgeordnete nicht mitstimmen, sodass das Resultat bei insgesamt 60 Deputierten nicht stimmen konnte. Simone Beissel (DP) verschaffte sich im anschließenden lautstarken Streit Gehör beim Präsidenten und regte einen neuen Durchgang der Wahl an. Sven Clement schaltete sich ebenfalls ein und gab an, drei Grüne hätten nicht abgestimmt; dennoch seien deren Stimmen mitgezählt worden. 

Schließlich forderte die ADR eine namentliche Abstimmung, die dann Klarheit brachte. Die Motion wurde mit 28 Ja- und 29 Nein-Stimmen verworfen. Dennoch wollen die Parlamentarier Einsicht in das Dokument und werden sie wohl auch bekommen; allerdings ist noch nicht klar, unter welcher Form dies geschehen wird.

Nach diesem Intermezzo konnten die Politiker ihren Feierabend antreten. Am Freitag müssen sie wieder um 14 Uhr ran.

Vor den aufgeregten Szenen äußerten sich neben Galles Simone Asselborn-Bintz (LSAP), Charles Margue („déi gréng“), Fred Keup (ADR), David Wagner („déi Lénk“) und Marc Goergen (Piraten) eingehend zum Thema Integration. Die Beiträge waren (bis auf eine Ausnahme) konstruktiv und behandelten praktisch alle Aspekte des Themas, was ein Resümee der ausführlichen Stellungnahmen in diesem Beitrag schier unmöglich macht. Einig waren sich die Redner darüber, dass die anstehende Reform des Integrationsgesetzes von 2008 den Rahmen für ein gemeinsames Gestalten der Zukunft des Landes ermögliche.

Nationaler Ausländerrat braucht Reform

Der „Conseil national des étrangers“ (CNE) funktioniert zurzeit nicht zufriedenstellend. Eine Reform dieser Institution wird demnach ein Aspekt des neuen Gesetzes sein. Wie die zuständige Ministerin Corinne Cahen unterstrich, wird der reformierte CNE nicht wie bislang nach Ausländeranteilen im Land zusammengesetzt; er soll auch Luxemburger begreifen, um dem integrativen Ziel gerecht zu werden. 

Konsens gab es darüber, dass das neue Integrationsgesetz auch Grenzgänger und Flüchtlinge im Text berücksichtige. Hervorgehoben wurde auch die zentrale Rolle der Gemeinden und der Vereine zur Integration neuer Bürger des Landes. Und deren gibt es rund 20.000 pro Jahr.

Skepsis äußerte Fred Keup (ADR), der sich neben dem Sprachenunterricht im Land allgemein besondere Sorgen um die Zukunft der Luxemburger Sprache machte und daraufhin von allen Bänken zu hören bekam, es sei noch nie so viel Luxemburgisch gesprochen und geschrieben worden wie zurzeit. Eine Motion die Sprache auf Straßenschilder betreffend, wurde verworfen.

Neben der gestrigen Debatte gehört auch ein bei der OSZE in Auftrag gegebener Bericht zur aktuellen Legislation, der auch Verbesserungsvorschläge enthalten soll, zur Vorbereitung auf die Gesetzesreform. Jeder, so Corinne Cahen, soll sich in diesem Text wiederfinden können. Die Parlamentsdebatte war in dem Sinne eine wichtige Etappe, auch angesichts der Qualität der vorgetragenen Analysen.

Ungebetener GAST
30. Januar 2021 - 9.13

Wir brauchen unbedingt eine « SAHARA KOALITION «  Dann können wir sie ALLE in die Wüste schicken !