Weltweite Proteste gegen Kapitalismus

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(dpa)

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In dutzenden Ländern sind Menschen am Aktionstag gegen die "entfesselten Finanzmärkte" auf die Straße gegangen. Auch in Luxemburg-Stadt fanden sich etwa hundert Demonstranten ein. Aber nicht überall blieb es friedlich.

Hunderttausende Menschen haben am Samstag weltweit gegen die Auswüchse des Finanzmarktes demonstriert. In New York nahm die Polizei am Samstag mehr als 70 Menschen fest. Die meisten Festnahmen gab es am Abend (Ortszeit) nahe dem Times Square, als sich eine Gruppe von Demonstranten nach Angaben der Polizei ihrer Aufforderung widersetzte, eine Nebenstraße freizumachen. Die Beamten führten 42 Leute in Handschellen ab.

Bereits zuvor hatte es am Times Square vereinzelte Festnahmen gegeben, als Demonstranten die von der Polizei aufgestellten Absperrungen beiseite stießen. Beamte mit Helmen und Schlagstöcken und Polizisten zu Pferd drängten die Menschen zurück. Dabei hat es nach Angaben von Augenzeugen auch Verletzte gegeben. Bis auf wenige Ausnahmen verlief die Demonstration auf New Yorks berühmter Vergnügungsmeile mit nach einer vorsichtigen Veranstalterschätzung bis zu 50.000 Teilnehmern aber friedlich.

Festnahmen

Die Polizei nahm 24 Wall-Street-Protestler in Gewahrsam, nachdem diese in eine Filiale der Citibank geströmt waren, um ihre Konten in einer gemeinsamen Aktion aufzulösen. Der Filialleiter forderte die Gruppe nach Angaben von US-Medien auf, die Bank zu verlassen. Die Demonstranten weigerten sich allerdings und wurden in der Geschäftsstelle festgesetzt. Die Bewegung „Occupy Wall Street“ („Besetzt die Wall Street“) hält seit vier Wochen New York in Atem. In anderen Städten der USA gab es ebenfalls Proteste, wie auch in Hongkong und anderen asiatischen Städten.

Auch in anderen europäischen Städten war das Echo auf den im Internet verbreiteten Aufruf groß. Vorbild der Demonstrationen sind die amerikanische Protestbewegung „Occupy Wall Street“ und die jungen Demonstranten in Spanien, die sich gegen das Finanzsystem und große Teile der Bankenwelt wenden.

In Luxemburg

Der Aufruf zur Protestkundgebung war bis nach Luxemburg vorgedrungen. Auf der Place d´Armes versammelten sich gegen 16 Uhr rund Hundert Demonstranten. Nach Polizeiangaben verlief alles ruhig.

In der italienischen Hauptstadt Rom sah es dagegen anders aus. Dort zündete eine Gruppe Vermummter auf der zentralen Via Cavour Autos an, deren Benzintanks explodierten. Mehrere Räume des Verteidigungsministeriums wurden durch Sprengsätze und Rauchbomben beschädigt, wie italienische Medien berichteten.

In Brüssel und London

In Brüssel protestierten etwa 6000 Kapitalismuskritiker. Darunter waren auch Aktivisten der spanischen Bewegung der „Indignados“ (Deutsch: Empörten), die zu Fuß von Madrid nach Brüssel gekommen waren. In der spanischen Hauptstadt setzten die „Empörten“ genau fünf Monate nach ihrem Entstehen die Proteste fort. Zehntausende Menschen demonstrierten im Herzen der spanischen Hauptstadt gegen die Macht der Banken.

Mehr als tausend Finanzmarktkritiker gingen auch in London auf die Straße. Unter den an der Saint-Paul’s-Kathedrale sowie der Londoner Börse versammelten Demonstranten war auch Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange.

In Frankreich

In Frankreich verliefen die Proteste im überschaubaren Rahmen. Etwa 200 Menschen folgten in Paris dem Aufruf zum Protest der „Empörten“, teilte die Polizei mit. Zeitgleich kamen in der Stadt die Finanzminister der G20-Länder zusammen. Auch in Slowenien, Bulgarien, Tschechien und weiteren EU-Staaten versammelten sich Globalisierungskritiker.

Insgesamt folgten in Deutschland nach Angaben der Mitorganisatoren von Attac mehr als 40.000 Kapitalismuskritiker in etwa 50 Städten dem Aufruf zum Protest. Max Bank vom Attac-Koordinierungskreis wertete den Protesttag als großen Erfolg. „Der Funke ist übergesprungen, die Bewegung ist da“, sagte er. Die Globalisierungsgegner fordern unter anderem eine europäische Vermögensabgabe und Finanztransaktionssteuer.

In Berlin

In Berlin zogen die Demonstranten vom Alexanderplatz in Richtung Kanzleramt. Die Polizei unterband aber das Campieren vor dem Bundestag. In Frankfurt am Main marschierten die Menschen zu einer Kundgebung an der Europäischen Zentralbank (EZB). Mit Genehmigung der Stadt Frankfurt stellten einige Demonstranten Zelte auf.

Die Proteste in Deutschland blieben nach Polizeiangaben insgesamt friedlich. In Berlin kam es aber auf dem Weg durch das Regierungsviertel zum Kanzleramt kurz zu Tumulten, als rund 200 Protestler über die Wiese auf den Bundestag zustürmten. Dort bauten die Aktivisten die Absperrungen ab und riefen in Anspielung auf die New Yorker Proteste „Occupy Bundestag“ („Besetzt den Bundestag“). Die Polizei sicherte das Gelände.

In Frankfurt

Die Demonstranten in der Bankenmetropole Frankfurt machten ihrem Unmut mit Plakat-Parolen wie „Ihr verzockt unsere Zukunft“ und „Schranken für Banken“ Luft. Einige riefen lautstark: „Brecht die Macht der Banken und Konzerne.“ In München machten etwa 1000 Demonstranten ihrem Unmut Luft, in Köln zogen nach Polizeiangaben rund 1500 Demonstranten durch die Innenstadt. Auch in Stuttgart gingen etwa 1500 Menschen auf die Straße. Mit „Rettungsschirmen“, Trillerpfeifen und Plakaten prangerten sie die Macht der Wirtschaft an.

SPD, Linke, Grüne und Gewerkschaften begrüßten die Proteste.“Zu Recht brandmarken sie das Auseinanderdriften von Arm und Reich“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer. Der Protest der zumeist jungen Menschen sei ein Alarmsignal.