Militärputsch in Mali

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(AP)

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Militärs haben in Mali einen Staatsstreich verübt. Hintergrund sind Kämpfe zwischen Tuareg-Rebellen und Regierungstruppen im Norden des Landes. Der gestürzte Präsident Touré ist verschwunden.

Im westafrikanischen Mali haben sich meuternde Soldaten nach eigenen Angaben an die Macht geputscht und Staatsoberhaupt Amadou Toumani Touré gestürzt. Zuvor hatten sie den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bamako gestürmt. Toure konnte offenbar fliehen. In einer Fernsehansprache sagten die Rebellen, das „Klima der Unsicherheit“ im Land und die „Unfähigkeit des Regimes, den Terrorismus zu bekämpfen“ habe sie zu dem Putsch bewogen.

Die Verfassung sei bis auf weiteres aufgehoben und es sei eine Ausgangssperre verhängt worden, sagte der Sprecher des neu gegründeten „Nationalkomitees für die Wiederherstellung der Demokratie und des Staates“, Leutnant Amadou Konare. Touré sei wegen „seines Unvermögens, die Krise im Norden Malis zu bewältigen“ abgesetzt worden, fügte er hinzu. Die Aufständischen wollten nun mit den Nachbarländern und internationalen Organisationen über das weitere Vorgehen beraten.

Touré war seit 2002 an der Macht. Zusammen mit einigen loyalen Soldaten soll er in ein Militärcamp gebracht worden sein, berichtete das staatliche Fernsehen. Zuvor hatte es in lokalen Medien geheißen, der 63-Jährige habe Zuflucht in der amerikanischen Botschaft in Bamako gesucht, aber US-Diplomaten wiesen diese Angaben zurück.

Nach zwei Amtszeiten hatte Touré bereits angekündigt, bei den bevorstehenden Wahlen am 29. April nicht mehr als Kandidat antreten zu wollen. Die Verfassung in Mali sieht maximal zwei Amtszeiten für den Staatschef vor.

Reaktionen

In Malis ehemaliger Kolonialmacht Frankreich betonte Außenminister Alain Juppé: „Wir haben diesen Militärputsch verurteilt, weil wir uns dem Respekt demokratischer und verfassungsmäßiger Regeln verpflichtet fühlen.» Er forderte die Wiederherstellung der Ordnung und die planmäßige Durchführung der Wahlen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Jean Ping, und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kritisierten die Putschisten scharf.

Hintergrund des Coups sind die Kämpfe zwischen der malischen Unabhängigkeitsbewegung MNLA und Regierungstruppen in Nord-Mali seit Januar. Truppenteile sind unzufrieden mit der Handhabung des Konflikts mit den Tuareg-Rebellen. Sie werfen der Regierung vor, dass sie nicht genug Waffen zur Verfügung stelle.

Schwere Hungerkrise

Nach UN-Angaben mussten bereits fast 200.000 Menschen ihre Häuser verlassen, um sich vor den Kämpfen in Sicherheit zu bringen. Etwa die Hälfte sind Binnenvertriebene. Die anderen suchten Zuflucht in den Nachbarländern Mauretanien, Burkina Faso und Niger. Die ganze Region wird derzeit von einer schweren Hungerkrise heimgesucht.

„Der Coup könnte die humanitäre Situation im Norden noch verschlimmern“, warnte der Mali-Experte Robert Borthwick. Ohne eine ordentliche Regierungsführung würden wahrscheinlich auch die Hilfslieferungen der internationalen Organisationen reduziert werden.

Tuareg für Autonomie im Norden

Die Tuareg kämpfen für Autonomie im Norden des Landes. Zu ihnen gehören neben der Freiheitsorganisation „Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad“ (MNLA) auch Tuareg, die in Libyen den im Oktober getöteten Machthaber Muammar al-Gaddafi unterstützt hatten und jetzt nach Mali zurückgekehrt sind. Dem Nomadenvolk gehören rund 1,5 Millionen Menschen an, die in mehreren westafrikanischen Ländern beheimatet sind.

Dem Putsch waren am Mittwoch schwere Kämpfe in der Hauptstadt Bamako vorausgegangen. Zeugen sagten der Nachrichtenagentur dpa, es seien die ganze Nacht lang Schüsse zu hören gewesen. „Es hörte sich aber so an, als seien die meisten Schüsse in die Luft gefeuert worden und nicht direkt auf Menschen“, erklärte ein Bürger. Mehrere Minister seien festgenommen worden, berichtete Radio France International (RFI) am Donnerstag.

Alle Flüge aus Bamako wurden gestrichen, und auch die Landgrenzen wurden geschlossen. Kenias Außenminister Moses Wetangula, der gerade zu Besuch in Mali ist und am Mittwoch zurück nach Nairobi fliegen sollte, saß in einem Hotel fest.