Die frühere französische Regierungspartei UMP versinkt endgültig im selbstzerstörerischen Chaos. Während die einstige Führungsfigur Nicolas Sarkozy erstmals in der sogenannten Bettencourt-Affäre vor einem Untersuchungsrichter aussagen muss, findet der Machtkampf um seine Nachfolge kein Ende. Immer mehr Beobachter halten eine Spaltung der erst vor zehn Jahren gegründeten Mitte-Rechts-Partei für möglich. „Der Punkt, an dem keine Rückkehr mehr möglich ist, rückt näher“ oder „Die UMP explodiert im freien Flug“ kommentierten Tageszeitungen am Donnerstag.
Sarkozy dürfte die dramatischen Entwicklungen in seiner Partei mittlerweile mit Schrecken verfolgen. Der 57-Jährige hatte sich nach seiner Niederlage bei der Präsidentenwahl im Mai aus dem politischen Tagesgeschäft zurückgezogen. Es gilt jedoch als sicher, dass er ein politisches Comeback in Erwägung zieht. Ein UMP-Chef, der nur eine ganz knappe Mehrheit hat, wäre für die Rückkehr eine ideale Basis. In Umfragen gibt mittlerweile eine große Mehrheit der UMP-Sympathisanten an, sich für die Präsidentenwahl 2017 eine Rückkehr Sarkozys zu wünschen.
Sarkozy vor Untersuchungsrichter
Einen Strich durch die Rechnung könnte Sarkozy wohl nur die Justiz machen. Am Donnerstag musste der frühere Staatschef erstmals in der sogenannten Bettencourt-Affäre vor dem zuständigen Untersuchungsrichter in Bordeaux aussagen. Dieser geht unter anderem dem Verdacht nach, dass Sarkozy seinen Wahlkampf 2007 mit illegalen Geldern aus dem Milliardenvermögen der Familie um L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt finanziert haben könnte. Ehemalige Mitarbeiter aus dem Hause der heute 90-Jährigen haben Aussagen gemacht, die diesen Verdacht nahelegen.
In Sachen Beweise heißt es bislang allerdings „Fehlanzeige“. Sarkozy und auch seine damaligen Mitstreiter weisen die Anschuldigungen brüsk zurück. Nie habe er auch nur einen Euro illegal angenommen, beteuert beispielsweise Eric Woerth, der sich im Präsidentschaftswahlkampf um die Kampagnenfinanzierung kümmerte. Bettencourt leidet unter Gedächtnisproblemen und steht mittlerweile unter dem Vormund eines Enkels. Sie gilt als nicht vernehmungsfähig.
Manipulationsvorwürfe beim UMP-Vorsitz
Wie es mit Sarkozy und der UMP weitergeht, ist derzeit völlig unklar. Der zuständige Untersuchungsrichter Jean-Michel Gentil wollte sich am Donnerstag zunächst nicht zu der Befragung Sarkozys äußern. Im Streit um die von Manipulationsvorwürfen überschattete Urabstimmung über den UMP-Vorsitz soll jetzt eine parteiinterne Berufungsinstanz eine Entscheidung treffen – unter Beobachtung des als neutral geltenden Ex-Außenministers Alain Juppé.
Die Wahlkommission gab am Donnerstag offiziell zu, dass beim Zusammenrechnen der Ergebnisse die Stimmen aus drei Überseewahlkreisen vergessen wurden. Mit diesen hätte vermutlich nicht der frühere Fraktionschef Jean-François Copé (48), sondern der zunächst zum Verlierer erklärte François Fillon (58) die Wahl gewonnen. Der für eine „Rechte ohne Komplexe“ kämpfende Copé hält das für unmöglich. Er werde nachweisen, dass Mitglieder aus dem Lager von Fillon Wahlergebnisse gefälscht hätten, ließ er am Donnerstag verbreiten.
De Maart

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