„Man kann nicht suchen, sondern nur finden“

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ESCH - Der Schriftsteller Peter Stamm aus Winterthur hat das Angebot, die KuFa auch als Schriftstellerresidenz zu nutzen, als erster angenommen. Nun lebt er für einen Monat in Esch. Und schreibt.

Morgens um elf Uhr: Sie sitzen beim Portugiesen um die Ecke, trinken Kaffee und rauchen. Jérôme Netgen, der die Idee hatte, die KuFa auch als Schriftstellerresidenz zu nutzen und Peter Stamm, der Schriftsteller aus Winterthur, der dieses Angebot als erster angenommen hat und nun für einen Monat in Esch lebt. Und schreibt.

Lesung
Peter Stamm

• Am Dienstag, den 10. Mai wird der Schriftsteller um 20 Uhr aus seinem
jüngsten Erzählband
„Seerücken“ vorlesen.

• Der Eintritt ist frei.

• Musikalische Begleitung: Lisa Berg.

• Ort:
Galerie Terres rouges
Kulturfabrik, Esch
www.kulturfabrik.lu

Jemand habe einmal gesagt, es gebe Autoren, die kommen von der Sprache und andere, die kommen von der Welt, erzählt Peter Stamm. Er selbst sei einer von der Welt. Er sei kein Schriftsteller, der einen Roman „baut“, konstruiert, technisch „gut macht“.

Was Peter Stamm interessiert, sind Atmosphären. Und Menschen. Ihre Beziehungen zueinander. Auch jetzt arbeitet er gerade wieder an einem „Beziehungsroman“. Die Grundidee ist so halb da, die Protagonisten auch. Aber um über sie zu sprechen, ist es noch zu früh. Peter Stamm ist noch auf der Suche.

Doch dieses „es“, das gewisse Etwas, das es braucht, damit die Wörter aus der Feder fließen, kann man eigentlich gar nicht suchen, sondern nur finden, meint Peter Stamm. Irgendwo, zufällig. Ein neuer Ort kann dabei helfen. Und auch die Ruhe, die er jetzt einen Monat lang hat, in seinem großen, hellen Zimmer in der KuFa. Ohne Telefon. Und ohne Ablenkungen. Außer den selbst gewollten.

Denn natürlich möchte der Schriftsteller auch etwas von der Gegend sehen. Im Moment geht er viel spazieren. Beobachtet, spürt Atmosphären nach. In den ersten Tagen war er gleich auf dem Galgenberg und auch bei den Nonnenwiesen. Eigentlich sei Esch ein bisschen wie Winterthur, meint er. Auch hier seien die Leute sehr direkt. Er mag diese Arbeiteratmosphäre, die beide Städte noch haben. Und das viele Grün. Irgendwann möchte er auch noch in das „Musée des mines“ nach Rümelingen. Jérôme Netgen habe da ein paar Freunde, mit denen würde er sich gerne unterhalten.

Unaufgeregt, natürlich und klar

Sich mit Peter Stamm zu unterhalten ist angenehm. Er spricht unaufgeregt, natürlich. Und klar. Und genauso schreibt er auch. Schnörkeleien mag er nicht, auf schmückende Adjektive und Metaphern verzichtet er beinahe ganz. Er erzählt in einem einfachen Stil. Viele kurze Hauptsätze, die Worte pointiert gewählt. Für seinen letzten Erzählband „Seerücken“ war er in diesem Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Peter Stamm schreibt am liebsten Prosa. Erzählungen im kleinen, Romane im Großen. Auch Hörspiele, besonders früher, hat er viele geschrieben. „Damit konnte man am besten Geld verdienen“, sagt er und lächelt. Außerdem mag er die Abwechslung beim Schreiben. „Ich mache ja sonst nichts anderes.“ Und deshalb ist es schön, zwischen den Gattungen hin und her zu springen.

Was dieser Monat in Esch nun bringen wird, das weiß er selbst noch nicht so genau. Froh ist er, dass er von der KuFa keine Aufträge bekommen hat. Denn oft sei es bei einer Schriftstellerresidenz üblich, dass der Autor einen Text über die Stadt schreiben müsse. Doch so funktioniere Literatur nicht, meint Stamm. Mit Zwang und unter Druck zu schreiben, da käme nichts Gutes bei raus. Und wer weiß, vielleicht taucht ja irgendwann in einer seiner Erzählungen ein Stückchen Esch auf. Eine Szene, die er hier erlebt, ein Mensch, den er hier getroffen oder ein Ort, den er hier entdeckt hat.