Windkraftanlage Bürden„Wenn es sein muss, ziehen wir vor Gericht“: Fast ein ganzes Dorf ist in Aufruhr

Windkraftanlage Bürden / „Wenn es sein muss, ziehen wir vor Gericht“: Fast ein ganzes Dorf ist in Aufruhr
15 Bürger sprachen am Donnerstag bei der Ettelbrücker Gemeinde vor, nachdem sie am Vortag ein Petitionsschreiben mit 459 Unterschriften gegen das Projekt in Bürden eingereicht hatten Fotos: Roger Infalt

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Eigentlich war die Kommodo-Inkommodo-Prozedur für eine in Bürden geplante Windkraftanlage bereits auf gutem Wege, doch der Gemeinde Ettelbrück unterlief ein Formfehler, sodass man wieder bei null beginnen musste. Auch bei diesem zweiten Anlauf bläst den Bauherren ein heftiger Wind entgegen, denn in der Zwischenzeit haben sich 85 Prozent der Haushalte der kleinen Ortschaft zwischen Ettelbrück und Bourscheid gegen das geplante Projekt ausgesprochen.

Am Donnerstagmorgen fand eine öffentliche Anhörung der Reklamanten im Festsaal des Ettelbrücker Rathauses statt. Zur Erklärung: Die Gesellschaft Nordenergie (Gemeinden Ettelbrück und Diekirch) plant zusammen mit der 2001 gegründeten „Société luxembourgeoise des énergies renouvelables S.A.“ (Soler), an der die SEO („Société électrique de l’Our S.A.“) und Enovos Luxembourg S.A. jeweils zur Hälfte beteiligt sind, den Bau des „Windparks Nordenergie“. Vorgesehen ist ein Windrad in der Nähe von Karelshaff (zwischen Colmar-Berg und Mertzig), ein zweites, mit einer Gesamthöhe von 230 Metern, soll „auf dem Hasenbach “in Bürden errichtet werden. Dieses Terrain gehört noch zur Nachbargemeinde Ettelbrück, liegt aber nur 200 Meter von der Gemeindegrenze entfernt.

„Es wird das bis dato größtes Windrad Luxemburgs“, hatte ein Verantwortlicher der Soler in der Versammlung vom 9. Juli bemerkt. Es werde zudem eine Windkraftanlage, die am nächsten an Wohnhäusern stehen wird, und zwar in einer Entfernung von nur 750 Metern. Nicht allein diese Tatsache treibt die Einwohner aus Bürden auf die Palme, sondern auch die Vorgehensweise der Bauherren.

Zu keinem Moment einbezogen

Weder die Bürger noch die Gemeinde Erpeldingen/Sauer – Bürden ist eine Sektion dieser Gemeinde – seien in die Planung einbezogen worden. Ganz im Gegenteil. Das Projekt sei bereits 2015 in Angriff genommen worden, die Gemeindeväter aus Erpeldingen/Sauer seien erst 2018 in Kenntnis gesetzt worden, ohne Einzelheiten zu erfahren. Zudem hätte man die Einwohner Bürdens erst am 9. Juli dieses Jahres bei einer Versammlung ins Bild gesetzt – oder, sollte man besser sagen, vor vollendete Tatsachen gestellt, denn am 6. Juli hatte bereits die Kommodo-Inkommodo-Prozedur für dieses Projekt begonnen.

Da die Ettelbrücker Gemeinde aber das Aufstellen einer Hinweistafel vor Ort in Bürden vergessen hatte, was die erwähnte Prozedur jedoch vorsieht, musste das Genehmigungsverfahren nun erneuert werden. Dazu gehört auch die Anhörung der Reklamanten. In Anwesenheit des Zweiten Schöffen der Gemeinde Ettelbrück, Dr. Paul Solvi, sowie des kommunalen Sekretärs André Nicolay ließen 15 Bürger am Donnerstagmorgen ihren Bedenken freien Lauf.

Dabei ging es um den ihrer Meinung nach zu hohen Lärmpegel: Die Anlage würde nachts, wie in den Planungen festgehalten, 40 Dezibel abgeben, wo aber nur 30 erlaubt seien. Ferner läge keine Studie in Sachen Infraschall vor, der jedoch als sehr gesundheitsschädlich eingestuft werde. Die Wertminderung der Häuser in Bürden werde überhaupt nicht berücksichtigt, die Soler würde sich bei der aufgeführten Din-Norm auf Angaben aus dem Jahr 1998 basieren („damals hatten solche Windräder eine Höhe von maximal 30 Metern“) und zudem lediglich auf technische Studien beruhen, medizinische Studien seien außen vor gelassen worden, der Vorsorgeansatz werde nicht berücksichtigt usw.

„Wir wehren uns mit allen Mitteln“

Die 15 Reklamanten, unter ihnen auch zwei Vertreter des Schöffen- und Gemeinderates aus Erpeldingen/Sauer, sparten auch nicht mit Kritik, was die Vorgehensweise der Gemeinden Ettelbrück und Diekirch anbelangt. „Ein solches Projekt wird über unsere Köpfe hinweg geplant, und das gerade in dem Moment, in dem sich die Bürger zu den Fusionsplänen der ‚Nordstad’-Gemeinden Schieren, Ettelbrück, Erpeldingen/Sauer, Diekirch und Bettendorf äußern sollen. Aufgrund der erwähnten Vorgehensweise der Gemeinden Diekirch und Ettelbrück werden sich sicherlich viele die Frage stellen, wie diese beiden ‚großen’ Kommunen später einmal mit den kleineren umspringen werden, sollte es denn jemals zu einer Fusion kommen“, so ein Reklamant.

In nur 750 Meter Abstand soll hier ein Windrad aufgerichtet werden
In nur 750 Meter Abstand soll hier ein Windrad aufgerichtet werden Foto: Roger Infalt

Der Erpeldinger Schöffe Romain Pierrard erinnerte am Donnerstag daran, dass die Gemeinde Erpeldingen/Sauer im Juli dieses Jahres den Bauherren schriftlich einen alternativen Standort in der Nähe von Fridhaff angeboten habe. Im gleichen Schreiben sei zudem das Fehlen einer Impaktstudie in puncto Infraschall angeprangert worden. Yves Wallers, einer der Reklamanten, sprach abschließend noch einmal die zu erwartende Wertminderung der Häuser in Bürden an. Er – und nicht er allein – erwäge in diesem Punkt alle möglichen gerichtlichen Schritte, sollte das Projekt trotz der vielen Beschwerden genehmigt werden.

Noch einmal komplett überdenken

Zusammengefasst wurde die Konformität der geplanten Anlage mehrfach arg infrage gestellt. Es könne zudem keine Rede von einer „sauberen Energiequelle“ sein, wenn durch eine solche Anlage die Gesundheit vieler Menschen auf dem Spiel stehe. An die Adresse des Ettelbrücker Bürgermeisters Jean-Paul Schaaf, der am Donnerstag im Ausland weilte, richteten die Reklamanten einen Appell, das Projekt noch einmal komplett zu überdenken, bevor er die Unterschrift unter eine Baugenehmigung setzen würde.

Der Ettelbrücker Schöffenrat muss nun innerhalb der nächsten 20 Tage sein Gutachten in Anbetracht der Beschwerden verfassen und das gesamte Dossier an das zuständige Ministerium einreichen. Wie lange man anschließend auf eine Antwort aus der Hauptstadt warten muss, darüber konnte weder Schöffe Solvi noch Gemeindesekretär Nicolay am Donnerstag eine Antwort geben.

Die Bürger aus Bürden werden jedenfalls auf der Hut sein. „Wir nehmen diese 230 Meter hohe Windkraftanlage keinesfalls so einfach hin“, so der Tenor am Donnerstag.

Joschka´s Erben
3. September 2020 - 11.49

Ich vertraue blind den Grünen und allen Ihren Projekten. Leute wie die Grünen Politiker kommen mir sehr vertrauensvoll vor, etwa so wie die Katholische Kirche und deren Pfarrer seinerzeit ?

Undine
31. August 2020 - 13.22

@Roger Infalt " Einwohner einer Ortschaft, um die heute bereits in einem Umkreis von fünf Kilometer 13 “Windschrauber” stehen, Nimbys zu nennen, ist, gelinde augedrückt, beschämend." Diese Leute sind eben beschämende Nimbys, sie wohnen in einer Pampa mit viel Wind, das ist ja dann normal, dass da Generatoren stehen. Da passen bestimmt noch mehrere Dutzend Generatoren hin.

Tarzan
31. August 2020 - 12.44

solange man kein Windrad vor der eigenen Haustür stehen hat, sollte man das Wort nimby vermeiden. würde mich mal interessieren wieviel % der benötigten Energie diese Dinger denn liefern können. aktuel 0,?% oder mehr?

Realist
31. August 2020 - 9.59

@plauel: Kee Mënsch wëll Iech eppes verbidden. Wann Dir wëllt, kënnt Dir Iech gäer e Wandrad an de Gaart stellen an sou vill "grénge Stroum" produzéieren wéi Dir wëllt....

plauel
30. August 2020 - 18.36

"Fast ein ganzes Dorf" Bei 438 Leit, wann een d'Kanner ofzielt dat sinn dat jo bal 5 Honnertstel vun engem Prozent an déi wëllen eis verbidden grénge Stroum ze maachen?

Roger Infalt
30. August 2020 - 16.55

Schade, dass hier so am Thema vorbei diskutiert wird. In diesem Fall die Bezeichnung "Nimby" zu gebrauchen, zeugt davon, dass man die Situation komplett verkennt. Einwohner einer Ortschaft, um die heute bereits in einem Umkreis von fünf Kilometer 13 "Windschrauber" stehen, Nimbys zu nennen, ist, gelinde augedrückt, beschämend.

Blanchet
30. August 2020 - 13.47

Wir sollten Windräder entlang sämtlichen Autobahnen bauen, da wohnen ja eh bloß Taube.

Grober J-P.
30. August 2020 - 10.01

"Bis dahin müssen die ersten “Windschrauber” wieder kostspielig abgebaut werden." Was kostet ein Windrad, was kostet das Itter denn bis jetzt, wann wird es ans Netz gehen? Wir brauchen die saubere Energie jetzt und nicht in 20 Jahren. Also Wind und Sonne, oder? Ich mache mit mit Solarstrom.

Lucilinburhuc
30. August 2020 - 9.54

@Jonas. Richtig oder lässt die lokale Bevölkerung in/an dem Peojekt investieren/mitverdienen. Zudem und quasi analog dazu: ein Flugzeugspotter empfindet den Lärm der Flugzeugen nicht als Bedrohung.

winter
29. August 2020 - 18.28

@Gaia "Dauergeräusche machen krank,auch wenn man sie nur im Unterbewußtsein wahrnimmt. " Man hört die Dinger nicht, schon gar nicht in einem Kilometer Entfernung. ". Jaja,die Radioaktivität und das Risiko eines Supergaus." Dass man die Asche für 184000 Jahre mit bewaffneten Wächtern vor Terroristen schützen muss ist genug. "AKW’s werden langfristig durch Thermofusionsreaktoren ersetzt." Niemals, die Nimbys vertragen ja nicht mal eine Landschaftsspargel. Bein einer Joghurtfabrik rasten sie schon aus. "Bis dahin müssen die ersten “Windschrauber” wieder kostspielig abgebaut werden." Kostspielig? Das Wort ist vielleicht für die alten Nuklearreaktoren 'le mot juste' aber die 'Windschrauber' werden bloß abgebaut um Größere hin zu stellen.

Illia
29. August 2020 - 13.32

@GeTee "Und genau da sind die grünen Besserwisser gefordert Antworten zu geben, aber die werden NIE kommen !!!!!!!!" Weil es keine gibt, die Leute bilden sich das bloß ein, wie bei den Antennen, die bekommen Kopfschmerzen noch bevor die Antenne angeschlossen ist. PS. "Multiple Satzendezeichen sind ein sicheres Zeichen für geistige Umnachtung" Terry Pratchett

sally
29. August 2020 - 12.37

Geht vor Gericht, ihr lieben Nimbys und als Beweismittel könnt Ihr sagen: 'Wir mögen keine neuen Sachen'. Der Richter zeigt bestimmt Einsicht dann.

Gaia
29. August 2020 - 8.44

Dauergeräusche machen krank,auch wenn man sie nur im Unterbewußtsein wahrnimmt. Man stelle sich vor das AKW-Cattenom stünde in Remerschen. Luxemburg bräuchte sich nicht zu zuspargeln mit Windrädern und zuzukacheln mit Solarzellen.Wobei letztere keinen Lärm produzieren. Jaja,die Radioaktivität und das Risiko eines Supergaus.AKW's werden langfristig durch Thermofusionsreaktoren ersetzt.Das erste ist in Frankreich im Bau.Bis dahin müssen die ersten "Windschrauber" wieder kostspielig abgebaut werden.

Grober J-P.
28. August 2020 - 20.54

40 Dezibel, ist ja schrecklich laut. Habe mal Wohnung ausmessen lassen, Geräuschpegel mit Kühlschrank zwischen 40 - 50. 30 ist schon sehr gering, hat man vielleicht bei Windstille im Keller. Wie wär's wenn man die Bürger als Aktionäre einbinden würde. Verkaufe ca. 50000 Aktien zu je 20 € an die Bürger der beiden Gemeinden, mal durchrechnen was jeder Aktionär verdienen könnte. Bitte melden wenn man mitmachen darf, habe noch 200 € im Strumpf. Leistung der Anlage bekannt?

jonas
28. August 2020 - 20.05

Gebt den Nimbys den Strom 30% billiger und der Protest ist wie weggeblasen.

Guy
28. August 2020 - 19.37

Aufstellen einer Hinweistafel vor Ort in Bürden vergessen hatte, was die erwähnte Prozedur jedoch vorsieht aber Hallo,hun déi geschloff oder waat ??

GeTee
28. August 2020 - 18.52

Zitat : "Es könne zudem keine Rede von einer „sauberen Energiequelle“ sein, wenn durch eine solche Anlage die Gesundheit vieler Menschen auf dem Spiel stehe." Und genau da sind die grünen Besserwisser gefordert Antworten zu geben, aber die werden NIE kommen !!!!!!!!