Hohe InflationsrateWährungshüter in den USA denken über raschere Zinswende nach

Hohe Inflationsrate / Währungshüter in den USA denken über raschere Zinswende nach
Die US-Notenbank beschleunigt ihre Kehrtwende von den Hilfsprogrammen zur Bewältigung der Corona-Krise hin zu einer strafferen Geldpolitik zur Bekämpfung der hohen Inflation. Manche Experten halten vier Zinnsschritte 2022 für denkbar. Foto: dpa/Ting Shen/XinHua

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Die US-Notenbank denkt angesichts des Inflationsschubs über eine womöglich raschere Anhebung der Zinsen nach. Wie aus den am Mittwoch veröffentlichten Protokollen der jüngsten Fed-Sitzung im Dezember hervorgeht, verwiesen die Währungshüter dabei auch auf einen sehr angespannten Arbeitsmarkt.

Mitglieder der US-Notenbank merkten laut Protokoll an, dass es womöglich gerechtfertigt sei, die Zinsen früher oder in einem schnelleren Tempo als bislang erwartet anzuheben. Aus Sicht mancher Teilnehmer könnte es zudem sinnvoll sein, mit der Verkleinerung der Notenbankbilanz relativ bald nach dem Start von Zinserhöhungen zu beginnen. Durch die umfangreichen Anleihenkäufe war die Fed-Bilanz zuletzt auf rund 8,8 Billionen Dollar angeschwollen.

Auf ihrer Sitzung am 14. und 15. Dezember hatten die Dollar-Wächter angesichts der hochschießenden Inflation eine zügige Abkehr vom Krisenmodus beschlossen. Zugleich signalisierten sie für 2022 im Mittel drei Zinsschritte nach oben. Damit könnte der geldpolitische Schlüsselsatz dann am Ende des laufenden Jahres in einer Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent liegen. Aktuell liegt er in der Spanne von null bis 0,25 Prozent. Beim Zurückfahren ihrer Wertpapierkäufe zur Stützung der Konjunktur will die Fed zudem aufs Tempo drücken – ab Mitte Januar soll die Abbaugeschwindigkeit auf 30 Milliarden Dollar monatlich verdoppelt werden.

Der Ton der Protokolle lege nahe, dass die Notenbank mit der Straffung ihrer Geldpolitik schneller beginnen und diesen Kurs womöglich noch verstärken werde, kommentierte Kim Rupert, Analystin von Action Economics die Protokolle. „Sie sind sehr besorgt, dass ihnen die Inflation außer Kontrolle gerät.“ Zudem sei auf dem Treffen die Notenbank-Bilanz detaillierter diskutiert worden, als sie es erwartet habe. Damit werde der Markt auf womöglich vier Zinsschritte in diesem Jahr eingestimmt. Ähnlich äußerte sich Dave Donabedian, Chef-Investmentstratege von CIBC Private Wealth. Die Fed-Protokolle hätten klargemacht, dass 2022 mehr als drei Zinserhöhungen und eine Verkleinerung der Bilanz auf dem Tisch lägen, kommentierte er. David Carter, Chef-Investmentstratege bei Lenox Wealth Advisors erklärte: „Anzeichen dafür, dass die Fed sehr besorgt ist angesichts der Inflation, könnten schnell zur Sicht führen, dass die Fed 2022 aggressiv die Zügel anziehen wird.“

Inflation auf höchstem Niveau seit 1982

Die Teuerungsrate war in den USA im November auf 6,8 Prozent geklettert. Das ist der höchste Wert seit Juni 1982. Aus der Pandemiekrise resultierende Lieferprobleme, Materialengpässe und geradezu explodierende Energiekosten trieben die Inflation nach oben. Die Notenbank Fed achtet bei der Inflationsentwicklung besonders auf die persönlichen Ausgaben der Verbraucher. Dabei bleiben Nahrungsmittel- und Energiekosten unberücksichtigt. Diese Jahresteuerungsrate (PCE-Kernrate) lag im November bei 4,7 Prozent. Das ist immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Fed-Ziel von zwei Prozent.

Aus den Protokollen geht zudem hervor, dass die Währungshüter die Lage auf dem Arbeitsmarkt als sehr angespannt betrachten. Dabei wurde auf fast rekordhohe Zahlen zu Kündigungen und offenen Stellen verwiesen sowie auf ein Anziehen der Löhne. Viele Dollar-Wächter vertraten auf dem Treffen die Ansicht, dass Vollbeschäftigung schnell erreicht werde, sollte die Entwicklung anhalten. Zum Zeitpunkt der Dezember-Zinssitzung begannen in den USA allerdings auch die Corona-Infektionen durch die Ausbreitung der Omikron-Variante zuzunehmen. In den Protokollen hieß es dazu, laut vielen Sitzungsteilnehmern sei durch Omikron der Konjunkturausblick unsicherer geworden. Mehrere Notenbanker merkten aber an, dass sich durch Omikron der wirtschaftliche Erholungspfad nicht grundlegend verändere. 

Auch in Europa steigen die Preise derzeit in Rekordgeschwindigkeit. Die Teuerungsrate im Euro-Währungsraum lag im November bei 4,9 Prozent. Das ist das bislang höchste Niveau seit Beginn der Messung im Jahr 1997. Die Inflation liegt damit mehr als doppelt so hoch wie das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittelfristig eine Rate von 2,0 Prozent als optimalen Wert für die Wirtschaft anpeilt. Laut Schulbuch müssten nun die Zinsen erhöht werden, um die Preissteigerungen zu bremsen. Doch wird sich an der Geldpolitik Europas wohl vorerst nichts ändern. Die Währungshüter sehen den „momentanen Preisschub“ nur als vorübergehend und nicht als nachhaltig an. 

Die Inflation in Deutschland hat sich derweil überraschend zum Jahreswechsel noch einmal beschleunigt. Die Preise für Waren und Dienstleistungen lagen im Dezember durchschnittlich 5,3 Prozent über dem Niveau vor Jahresfrist, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Im November lag die Inflation bei 5,2 Prozent und damit bereits auf dem höchsten Stand seit fast 30 Jahren. Von Reuters befragte Ökonomen hatten für Dezember mit einem Rückgang auf 5,1 Prozent gerechnet. In Luxemburg lag die Inflationsrate (nach nationalem Berechnungsmodus) in den Monaten November und Dezember bei über vier Prozent.

Die Protokolle belasteten die Aktienmärkte. Der Dow Jones büßte 1,1 Prozent auf 36.407 Punkte ein. Dax und EuroStoxx50 fielen am Donnerstag um jeweils mehr als ein Prozent auf 16.099 beziehungsweise 4.333 Punkte. Auch stieg die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen US-Treasuries auf ein Neun-Monats-Hoch von plus 1,751 Prozent. Ihre deutschen Pendants rentierten mit minus 0,033 Prozent so hoch wie zuletzt vor gut zweieinhalb Jahren.  Das Fed-Watch-Tool des Börsenbetreibers CME taxiert die Wahrscheinlichkeit auf über 70 Prozent, dass die Fed bereits im März damit beginnt, die Leitzinsen anzuheben.