Parlament nimmt Projekt „Wunne mat der Wooltz“anUnd wieder die Wohnungskrise 

Parlament nimmt Projekt „Wunne mat der Wooltz“an / Und wieder die Wohnungskrise 
Das Thema Wohnen stand erneut im Mittelpunkt einer Parlamentssitzung: hier Studentenwohnungen in Düdelingen Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Neben der Verabschiedung des konkreten Wohnungsbauprojektes „Wunne mat der Wooltz“ stand der Mangel an Wohnraum auch im Zentrum einer Interpellation der Abgeordneten Nathalie Oberweis („déi Lénk“), die dringende Maßnahmen im Kampf gegen die seit Jahrzehnten vorherrschende und sich verschlimmernde Krise auf dem Wohnungsmarkt forderte. 

Zu Beginn der Sitzung konnte der Präsident der Institutionenkommission, Charles Margue („déi gréng“), weitere Kapitel der Verfassungsreform einreichen, die das Parlament und den Staatsrat betreffen. Nach der Reform der Konstitution soll das Parlament mehr Befugnisse haben, die Kontrollmöglichkeiten der Regierungsarbeit werden verstärkt, der Großherzog wird die Kammer nicht mehr auflösen können, die Bürger werden das Recht bekommen, Gesetzesvorschläge einzureichen. 

Laurent Mosar (CSV) wollte anschließend zusätzliche Informationen zur Düdelinger Stahlindustrie bzw. zur Zukunft des Liberty-Steel-Werkes. Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) verwies darauf, dass es eine Priorität der Regierung sei, den Standort und die Arbeitsplätze zu erhalten. 85 Mitarbeiter, so der Minister, befinden sich zurzeit in Kurzarbeit. Die SNCI („Société nationale de crédit et d’investissement“) sei mit einer Analyse der Lebensfähigkeit des Werkes beschäftigt – diese sei gegeben – und entwickle einen „Plan B“ für den Fall, dass neue Käufer und Betreiber des Standortes gebraucht würden. Mit wachsender Ungeduld warte er auf Klarheit in der Finanzierungsfrage seitens der aktuellen Besitzer, so Fayot. 

Nachdem einige Texte zeitlich bis Ende des Jahres verlängert wurden, die aufgrund der Corona-Krise und der entsprechenden sanitären Maßnahmen notwendig sind, beschäftigte sich Nathalie Oberweis („déi Lénk“) in einer Interpellation mit der Wohnungskrise. Der entsprechende Notstand sei eine Realität und betreffe Zehntausende Menschen im Lande.

„Die Lage verschlimmert sich“

Die Linke sehe wohl die Anstrengungen der Regierung in Wohnungsfragen; diese zielten allerdings auf eine langfristige Wirkung ab. Es gelte aber jetzt, mit Kriseninstrumenten gegen die Krise vorzugehen und die bestehenden Instrumente konsequent zu nutzen.

Ein von Nathalie Oberweis vorgeschlagenes Mittel der Wahl hierzu ist die Erhöhung diverser Steuern. So würden 10-20.000 Wohnungen zurzeit leer stehen, die von etwa 30.000 Menschen genutzt werden könnten. Eine obligatorische, eventuell nationale (statt bislang fakultative kommunale) Besteuerung für leer stehenden Wohnraum, die Schaffung einer Datenbank mit leeren Wohnungen werden von „déi Lénk“ angeregt. Daneben wird gefordert, zusätzlichen Wohnraum auf den bestehenden rund 940 Hektar Baulücken schnell zu realisieren. Die Erhöhung der Grundsteuer könne hier motivierend helfen. Und auch der Staat solle konsequent all seine Wohnungen auf den Markt bringen.

16 Prozent Preissteigerung auf Immobilien im vergangenen Jahr, so Marc Lies (CSV), verdeutlichten die sich zuspitzende Lage auf dem Wohnungsmarkt. Dies sei weltweit Platz 3 bei der Preisentwicklung auf Wohnungen und es gelte in der Tat, schnell zu handeln. Die CSV fordert eine Spekulationssteuer, die Erhöhung der Grundsteuer auf unbebautem Gelände und leerstehendem Wohnraum, aber auch die Nutzung vorhandener Staatswohnungen werden daneben angeregt.

„Gestion locative sociale“ stärker bewerben

Max Hahn (DP) verwies auf die Möglichkeiten der „Gestion locative sociale“ (GLS), einer Gesellschaft, die privaten Wohnraum unter sozialen Kriterien weitervermietet und den Vermietern dabei gewisse Garantien gibt. Diese Möglichkeiten sollten weiter beworben werden; nicht alle potenziellen Vermieter seien sich wohl der bestehenden Möglichkeiten der GLS bewusst.

Das geplante Gesetz zum Baulandvertrag werde, so Hahn, künftig verhindern können, dass neue Baulücken entstehen. 

„Die Zeit läuft uns davon“, so Yves Cruchten (LSAP), der feststellte, dass die Wohnungskrise zur sozialen Krise in Luxemburg wird. Der Zeitpunkt sei gekommen, die Baulücken zu besteuern; in Esch zum Beispiel habe allein die Ankündigung einer solchen kommunalen Steuer dazu beigetragen, dass solche Lücken bebaut würden. Auch für die vielen leer stehenden Wohnungen müsse eine Steuer in Betracht gezogen werden.

Zu lange sei auf die Marktlogik gesetzt worden, so Semiray Ahmedova („déi gréng“), die unterstrich, dass zum Beispiel in der Hauptstadt elf Personen oder Betriebe über 60 Prozent des bebaubaren Geländes verfügten. Mit neuen Mitteln müssten diese „happy few“ in die Verantwortung genommen werden.

Die Schaffung der legalen Möglichkeit zeitlich begrenzter Mietverträge, so Roy Reding (ADR), könne zu einer Entspannung der Lage führen. Die Prozeduren zum Erhalt von Baugenehmigungen würden daneben zu lange dauern. 

Der Staat blockiere sich teils selbst, so Pirat Marc Goergen, der auf leer stehende öffentliche Wohnungen verwies und darauf, dass sechs Prozent der Baulücken in öffentlichem Besitz seien. 

Die Datenlage wird aktuell verbessert

Die von verschiedenen Rednern geforderte Verbesserung der Datenlage sei dabei, umgesetzt zu werden, so Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“). Zurzeit würde auch überprüft, ob noch staatliche Wohnungen (etwa frühere Polizeiwohnungen und Postgebäude) genutzt werden könnten. Der Minister verwies weiter auf die aktuellen großen öffentlichen Projekte in Wiltz, Düdelingen, Elmen … Es gehe voran, so Kox. 

Innenministerin Taina Bofferding ging auf die Reform der Grundsteuer ein, die erst nach Verabschiedung aller allgemeinen Bebauungspläne in den Gemeinden möglich sei. 

Das Renaturierungs- und Sanierungsprojekt des früheren Wiltzer Industriegeländes und das Wohnungsbauprojekt entlang des Flüsschens Wiltz wurden anschließend von Semiray Ahmedova („déi gréng“) präsentiert. Auf 35 Hektar werden hier 900 Wohneinheiten für 2.000 Menschen entstehen. Die Demolierung der alten Industrieanlagen geschah in den Jahren 2013 bis 2020; bis 2036 entstehen hier in sieben Abschnitten (Vierteln) Wohnungen, die nach nachhaltigen und sozialen Kriterien inklusive sanfter Mobilität gebaut werden sollen.

126,5 Millionen für Renaturierung und Sanierung

Die Abgeordneten verabschiedeten einstimmig die Finanzierungsprojekte für das Wohnungsbauprojekt, das  126,5 Millionen Euro zur Sanierung des Industriegeländes und zur Renaturierung der Wiltz (abgeschlossen bis 2028) und 159,5 Millionen für den Wohnungsbau (drei erste Abschnitte) vorsieht. 

Das Projekt wird einen Bahn- und Busanschluss haben und durch außen gelegene Auffangparkplätze eine hohe Lebensqualität im Viertel aufzeigen. 

Diese Woche werden noch zwei zusätzliche Parlamentssitzungen mit vollem Programm stattfinden.     

Victor
30. Juni 2021 - 22.20

„Wunne mat der Wooltz“ Leeft do d'Baach duerch de Keller?