ArbeitskampfÜber den Kollektivvertrag bei Cactus herrscht weiter Uneinigkeit

Arbeitskampf / Über den Kollektivvertrag bei Cactus herrscht weiter Uneinigkeit
Die nächste Verhandlung vor dem Schlichtungsamt ist für den 27. Februar geplant. Sollte es dort nicht zu einer Einigung kommen, würden die Gewerkschaften weitere Protestaktionen veranstalten, sagt OGBL-Zentralsekretär David Angel (mit Mikrofon). © Editpress / Didier Sylvestre

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Rund 150 Mitarbeiter hatten sich laut den beteiligten Gewerkschaften am Montagvormittag vor der Cactus-Zentrale auf Windhof eingefunden, um gegen die Blockadehaltung der Direktion bei den Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag zu protestieren. Obwohl die Tarifpartner sich inzwischen in vielen Punkten einig sind, weigert sich die Cactus-Leitung weiterhin, die Lohntabelle an die Forderungen von OGBL und LCGB anzupassen. Bei der Verhandlungsrunde, die nach der gestrigen Protestaktion stattfand, konnte kein Durchbruch erzielt werden. Am 27. Februar werden sich die Sozialpartner wohl zum zweiten Mal vor dem Schlichtungsamt wiederfinden.

Seit April 2018 laufen die Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag für die Mitarbeiter der Supermarktkette Cactus. Der letzte Tarifvertrag lief im Juli 2018 aus. Ende September 2019 verließ die Personaldelegation den Verhandlungstisch, weil die Verhandlungen seit Januar 2019 ins Stocken geraten waren. Im November 2019 riefen die Gewerkschaften OGBL und LCGB das nationale Schlichtungsamt („Office national de conciliation“, ONC) an. Die erste Sitzung des ONC fand am 12. Dezember statt. Zwei Tage später veranstalteten OGBL und LCGB einen großen Protesttag vor den Cactus-Supermärkten in Bascharage, auf Howald und vor dem Einkaufszentrum „Belle Etoile“ in Bartringen.

Auf Anraten des ONC sei die Generaldirektion der Cactus-Gruppe vergangene Woche mit neuen Vorschlägen an die Gewerkschaften herangetreten, erklärt der Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite David Angel, Zentralsekretär des Syndikats Handel beim OGBL. Zum ersten Mal sei die Direktion dabei auf Streitpunkte eingegangen, die sie bislang ignoriert hatte. Die Erwartungen der Gewerkschaften an die nächste Verhandlungsrunde waren demnach hoch. Bei der Sitzung am gestrigen Montagvormittag habe sich aber schnell herausgeschält, dass doch kein Durchbruch erzielt werden könne, sagt Angel. Dabei seien die Sozialpartner sich in mehreren Punkten bereits einig gewesen. In drei Bereichen herrschte aber noch Dissens. Erstens fordern die Gewerkschaften, dass LKW-Fahrer künftig als qualifiziertes Personal anerkannt werden. Bislang habe die Cactus-Direktion diese Forderung stets abgelehnt. Seit gestern zeichne sich aber wohl ein Kompromiss ab, betont David Angel. Der zweite umstrittene Themenbereich war eine Prämie, um die Verhandlungsdauer abzudecken. Auch in diesem Bereich sei nun ein Kompromiss wahrscheinlich.

Knackpunkt sei aber weiterhin die Vergütung der Laufbahn, sagt Angel. Aktuell erhalte jeder Cactus-Angestellte im Dreijahresrhythmus eine Lohnerhöhung von 29 Euro. Die Gewerkschaften fordern, dass diese Erhöhung künftig alle zwei Jahre erfolgt, um eine Angleichung an die zweijährige Anpassung des Mindestlohns zu erreichen. Die Cactus-Direktion befürchte, dass diese Maßnahme die Personalkosten massiv in die Höhe treiben würde und die Lohnmasse schneller wachse als der Umsatz des Unternehmens, erläutert der OGBL-Zentralsekretär. Als Alternative schlage die Direktion eine „Hybrid-Lösung“ vor: Nur Angestellte, deren Gehalt unter dem qualifizierten Mindestlohn liegt, sollen eine Erhöhung im Zweijahresrhythmus bekommen. Wenn das Verhältnis der Lohnmasse zum Umsatz eine gewisse Grenze überschreite, müsse man aber wieder zum Dreijahresrhythmus zurückkehren können.

Schlichtungsprozedur läuft im April aus

Prinzipiell verschließen sich die Gewerkschaften diesem Vorschlag nicht, doch seit Beginn der Verhandlungen habe es immer wieder Schwierigkeiten beim Vorlegen der Unternehmenszahlen und Differenzen bei deren  Interpretation gegeben, bedauert David Angel. Wegen dieser Intransparenz falle es den Gewerkschaften schwer, der Direktion zu vertrauen und ihr alleine die Entscheidung darüber zu überlassen, wann diese kritische Grenze beim Verhältnis der Lohnmasse zum Umsatz erreicht ist. Zudem sei immer noch nicht geklärt, was mit den Angestellten geschieht, deren Gehalt über dem qualifizierten Mindestlohn liegt. Die Gewerkschaften seien jedenfalls nicht damit einverstanden, dass diese Mitarbeiter überhaupt keine Erhöhung bekommen, betont Angel. Deshalb haben OGBL und LCGB eine Kompromisslösung vorgeschlagen: Der Dreijahresrhythmus kann zwar beibehalten werden, doch dafür soll die Lohnerhöhung mit 36 Euro statt der bisherigen 29 Euro leicht höher ausfallen.

Auf Grundlage der gestrigen Verhandlungen wird die Generaldirektion der Cactus-Gruppe bis kommende Woche ein neues Papier ausarbeiten. Nach Analyse dieser Vorschläge werden OGBL und LCGB eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. David Angel geht nicht davon aus, dass die Cactus-Leitung ihre Haltung grundlegend ändern wird. Die nächste Verhandlung vor dem Schlichtungsamt ist für den 27. Februar geplant. Sollte bis dahin keine Einigung erzielt werden können, werde es mit Sicherheit weitere Proteste geben, so Angel.

Das Arbeitsrecht sieht vor, dass während der Schlichtung Streiks nicht erlaubt sind. Anfang April dieses Jahres läuft die Schlichtungsprozedur aus.