Der WahlflüstererTrübe Aussichten in der Politik

Der Wahlflüsterer / Trübe Aussichten in der Politik
Die Zukunft liegt in den Sternen – hoffentlich nicht Foto: dpa/Axel Heimken

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Gekommen die Zeit der Veränderung ist, denkt der Wahlflüsterer und fährt, fast schon in Feierabendlaune, mit dem Lichtschwert durch den Wust seiner Gedanken. Veränderung bedeutet aufräumen, sagt er sich und beginnt im Bücherschrank die Spreu vom Weizen zu trennen. Dabei fällt ihm ein altes Philosophie-Buch in die Hände.

Bei E wie Erkenntnis heftet ein vergilbter Zettel. „Erkenne Dich selbst!“ Es geht um das Orakel von Delphi. Der Wahlflüsterer sieht in seinen Gedanken eine Priesterin, die zu Politikern spricht: „Du wirst im Mittelpunkt Deiner Zukunft stehen.“ Ja, ja, eine wahre, schlaue Empfehlung. Doch wie damit umgehen? Es scheint wie eine Prophezeiung, geboren aus halluzinogenen Nebelschwaden. Doch was für eine Zukunft ist gemeint?

Frauen und Männer rätseln. Wozu bin ich berufen? Werde ich Minister? Oder was? Frührentner? Oder bin etwa ich selbst Mittelpunkt in meinem Leben, das ich bisher der Politik geopfert habe und das ich doch selber bestimmen kann? Dem Wahlflüsterer wurde zugetragen, dass einige Politiker in den Tagen nach der Landeswahl neue Welten entdeckt haben – nämlich ihre Familie und Freunde, womöglich auch ihr eigenes Leben.

Eine neue Politik versprach die CSV im Wahlkampf. Unsäglich diese Aussagen gewesen sind, denkt der Wahlflüsterer. Wenn ein CSV-Politiker, ja Luc Frieden, erst jetzt den Ernst der staatlichen Finanzlage entdeckt, ist das sehr bedauerlich und verspricht nicht wirklich Veränderung. Doch darüber ein anderes Mal mehr.

Der Wahlflüsterer weiß nicht alles. Werden beispielsweise Corinne Cahen oder Serge Wilmes Minister, weil sie so gut gewählt wurden? Werden sie ein Landesmandat annehmen? Aber was ist dann mit der Eroberung des obersten Stuhls in der Hauptstadt? Wahlen sind irgendwie wie Lotto spielen. Der Ausgang ist immer ungewiss.

Könnte gut sein, denkt der Wahlflüsterer, dass einige jetzt ihre Memoiren schreiben – lassen. Besser wär’s. Vielleicht von Antonys Tessy. Ihr Kinderbuch soll ja eigentlich ganz verständlich sein. Genau das, was Politik braucht.

Und dann fällt dem Wahlflüsterer beim Aufräumen ein anderes Buch in die Hand. Von Di Lampedusa. Der „Gattopardo“. Es muss alles ändern, damit nichts ändert, heißt es dort.