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 Foto: AFP/Lilian Suwanrumpha

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Der diesjährige Internationale Tag gegen Homophobie, Biphobie, Interphobie und Transphobie (Idahobit) steht unter dem Motto „Niemanden zurücklassen: Gleichstellung, Freiheit und Gerechtigkeit für alle!“. Das ist auch der Zugang der aktuellen Europäischen Kommission zum Thema Gleichstellung für alle, den sie unter dem Motto „Union der Gleichheit“ verfolgt. Dazu haben wir fünf Gleichstellungsstrategien eingeführt – für die Gleichstellung der Geschlechter, die Bekämpfung von Rassismus, die Inklusion der Roma, die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen – und setzen uns verstärkt für eine durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellung für alle ein.

Nehmen wir den heutigen internationalen Aktionstag zum Anlass, um eigene Klischees und Vorurteile, persönliche und gesellschaftliche Handlungsweisen zu hinterfragen: Stehen sie der Inklusion, der Teilhabe und den Rechten von LGBTIQ-Personen im Weg?

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Die jüngst von der Europäischen Grundrechteagentur durchgeführte dritte EU-weite LGBTIQ-Umfrage zeigt, dass 52 Prozent der Teilnehmer in ihrem sozialen Umfeld offener mit ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechteridentität umgehen. Das ist ein Plus von 6 Prozent im Vergleich zu 2019. 55 Prozent gaben jedoch an, Opfer von hassmotivierter Belästigung gewesen zu sein, was 18 Prozent mehr als in der vorherigen Umfrage sind.

Im Jahr 2020 hat die Europäische Kommission die allererste LGBTIQ+-Gleichstellungsstrategie eingeführt, um die Ungleichheiten und Herausforderungen, mit denen LGBTIQ-Personen zu kämpfen haben, anzugehen. Es war der Beginn einer neuen Phase im Kampf der EU gegen die Diskriminierung von LGBTIQ+-Menschen, die EU-Länder und Interessensträger*innen auf allen Ebenen und mit einem gemeinsamen Ziel zusammenbrachte.

Wir wollen eine Europäische Union, in der Diversität gefördert und geschützt wird und in der jede Person frei ist, sie selbst zu sein und zu lieben, wen sie möchte, ohne Diskriminierung, Ausgrenzung, Feindseligkeit oder Gewalt fürchten zu müssen. Die EU unterstützt die Mitgliedstaaten in diesem Bestreben und besonders bei nationalen Maßnahmen, die die europäischen Initiativen ergänzen.

Anti-Gender- und Anti-LGBTIQ-Narrative nehmen zu

Die jüngst von der Europäischen Grundrechteagentur durchgeführte dritte EU-weite LGBTIQ-Umfrage zeigt, dass 52 Prozent der LGBTIQ-Personen in ihrem sozialen Umfeld offener mit ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechteridentität oder Geschlechtsmerkmalen umgehen. Das ist ein Plus von 6 Prozent im Vergleich zu 2019. 55 Prozent der Befragten gaben jedoch an, Opfer von hassmotivierter Belästigung gewesen zu sein, um 18 Prozent mehr als in der vorherigen Umfrage.

Diese Ergebnisse bestätigen unsere Beobachtung, dass die Covid-19-Pandemie das Risiko von physischem und emotionalem Missbrauch von LGBTIQ-Personen erhöht hat, da viele die Lockdowns mit intoleranten oder feindseligen Personen verbringen mussten. Auch die Gesundheitskrise führte zu mehr Hetze gegen LGBTIQ-Personen, da einige politische sowie religiöse Führungspersönlichkeiten die LGBTIQ-Gemeinschaft für die Ausbreitung des Virus verantwortlich machten.

Unsere Befragung von Interessenträger*innen zu einem Bericht über die LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie lieferte ein ähnliches Bild: Laut den Rückmeldungen werden Hass und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen durch die Zunahme von Anti-Gender- sowie Anti-LGBTIQ+-Narrativen noch weiter verschlimmert. Selbst in Ländern mit höherer sozialer Akzeptanz versuchen gewisse politische Kräfte, die Rechte von LGBTIQ-Personen auszuhöhlen, und schüren für den eigenen politischen Vorteil Gewalt und Hass gegenüber der LGBTIQ-Community.

In einem Umfeld wie diesem bin ich besonders froh, dass immer mehr EU-Länder ihr Engagement für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen in Einklang mit der Gleichstellungsstrategie ausbauen. Auch auf europäischer Ebene haben EU-Länder eine aktive Rolle übernommen: Sie organisieren hochrangige Veranstaltungen und fordern die Europäische Kommission und andere internationale Institutionen auf, systematisch gegen Diskriminierung, Hass und Gewalt an LGBTIQ-Personen vorzugehen.

Gleichstellung erstmals als Sitzungsschwerpunkt

Sehr positiv ist auch, dass Belgien als Vorsitzland des Rates diesen Monat erstmals das Thema „Gleichstellung“ als Sitzungsschwerpunkt für den Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz gewählt hat. Ich hoffe, dass dieses Modell von zukünftigen EU-Ratsvorsitzen übernommen wird.

Diese Woche nehme ich am Idahobit-Forum in Den Haag und an der Konferenz des belgischen EU-Ratsvorsitzes zur Gleichstellung von LGBTIQ-Personen teil. LGBTIQ-Fragen standen noch nie so weit oben an der Tagesordnung, und das ist ein wichtiges Zeichen für die Zukunft. Dass EU-Länder Diskriminierung nicht nur bekämpfen, sondern aktiv für die Gleichstellung aller Menschen in ihrem Land und über ihre Grenzen hinaus einstehen, ist ermutigend.

Ich freue mich auch, an der diesjährigen Menschenrechtskonferenz bei der EuroPride in Thessaloniki im Juni teilzunehmen, die in der Region besondere Relevanz hat. Während meiner Amtszeit habe ich alle EuroPrides und World Prides besucht, um die Botschaft zu vermitteln, dass wir niemanden zurücklassen. Damit das Realität werden kann, müssen wir die menschliche Vielfalt in der LGBTIQ-Community und ganz allgemein achten.

Das Europäische Parlament hat die EU zum Freiheitsraum für LGBTIQ-Personen ausgerufen, auch daran möchte ich heute noch einmal erinnern. Nur wenn wir für eine inklusive und tolerante Gesellschaft sorgen, können wir tatsächlich gelebte Gleichstellung, frei von Angst, Diskriminierung und Gewalt, erreichen.

 Foto: SIP/Luc Deflorenne