VerbraucherSteigende Zinsen machen für die Luxemburger das Sparen wieder attraktiv

Verbraucher / Steigende Zinsen machen für die Luxemburger das Sparen wieder attraktiv
Geld anlegen wird von Kreditinstituten wieder belohnt Foto: AFP/Ozan Kose

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Die Luxemburger Haushalte haben sich an die neue Situation der steigenden Zinsen angepasst: Während sie sich deutlich weniger Geld leihen, vervielfachen sich die Summen, die sie zum Sparen auf Festgeldkonten legen.

Innerhalb weniger Monate hat sich die Lage auf dem Zinsmarkt komplett verändert. Nach langem Zögern hatte die wegen der extrem hohen Inflation unter Druck stehende Europäische Zentralbank am 21. Juli 2022 erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum wieder angehoben.

Für die Verbraucher in Luxemburg entstand so eine Situation, wies es sie seit Jahren nicht mehr gegeben hatte. Das Niedrigzinsumfeld war vorbei und die Zinsen sind seit letztem Jahr wieder deutlich gestiegen: Die Zinssätze, egal ob für Kredite oder fürs Sparen, haben sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt.

Während die Luxemburger Banken ihren Kunden im Januar 2022 im Schnitt nur Strafzinsen auf ihren Spareinlagen angeboten hatten, so liegt der durchschnittliche Zinssatz auf Sparguthaben in der Form von „dépôts à terme“ von bis zu einem Jahr seit März 2022 wieder im positiven Bereich. Im August begann er dann spürbar zu steigen. Im November wurde die Marke von einem Prozent überschritten. Im April 2023 lag er nun bereits bei deutlich höheren 2,43 Prozent.

Haushalte setzen wieder aufs Sparen

Die Luxemburger Privathaushalte haben bereits reagiert: Angespornt einerseits durch die höheren Zinsen und andererseits durch die durch schnell steigende Preise ausgelöste Verunsicherung beim Konsum, setzen sie seit Ende letzten Jahres wieder aufs Sparen.

Allein im Monat April haben sie 3,2 Milliarden Euro neu auf Festgeldkonten von bis zu einem Jahr angelegt. In den ersten vier Monaten des Jahres waren es satte 13 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Monat April 2022 waren es nur mickrige 13 Millionen Euro. Im Gesamtjahr 2021 waren es gerade mal 263 Millionen. Das letzte Mal, als die Luxemburger monatlich mehr als drei Milliarden Euro auf Festgeldkonten anlegten, war im Jahr 2009. Vor Beginn der Niedrig- und Strafzinsenzeit.

Die Sparzinsen waren jedoch erst mit einer kurzen Verzögerung spürbar gestiegen, ab als Erste mit Wachsen begonnen hatten die Zinssätze für Kredite mit einem festen Zinssatz. Bereits vor den betreffenden Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank. Nach einem historischen Tiefststand im Dezember 2020 (1,26 Prozent) ist die Rate am Steigen, erst ganz langsam, dann etwas schneller.

Zu Beginn des Jahres 2022, im Februar, sind die Zinsen für neue Immobilienkredite, bei denen ein fester Zinssatz für wenigstens zehn Jahre festgeschrieben ist, erstmals seit Jahren wieder über die Marke von 1,5 Prozent geklettert. Im Mai kletterte der durchschnittliche Zinssatz bei dieser Art von Krediten dann auf über zwei Prozent (2,11 Prozent). Das ist der höchste Stand seit September 2015. Mittlerweile, im April 2023, liegt er bereits bei 3,9 Prozent. Das zeigen die neusten Zahlen der Luxemburger Zentralbank.

Das Kreditvolumen geht zurück

Nicht so schnell gestiegen sind anfangs die durchschnittlichen Zinskosten für Immobilienkredite mit einem variablen Zinssatz. Dieser lag im Mai 2022 immer noch bei überaus günstigen 1,36 Prozent. Der niedrigste Stand war im August 2021 mit 1,28 Prozent erreicht worden. Seit Oktober haben nun aber auch die Zinskosten für neue Immobilienkredite mit einem variablen Zinssatz deutlich zugelegt. Im April 2023 lagen sie im Schnitt bei 4,11 Prozent. Eine Verdreifachung innerhalb von zwölf Monaten.

Als Folge der steigenden Zinsen war zuletzt auch das Volumen der geliehenen Gelder deutlich rückläufig. Während in den letzten vier Monaten insgesamt Immobilienkredite in Höhe von 1,87 Milliarden Euro vergeben wurden, so waren es im gleichen Zeitraum vor einem Jahr noch 2,9 Milliarden Euro.

Die Entwicklung der durchschnittlichen Zinssätze in Luxemburg seit 2003
Die Entwicklung der durchschnittlichen Zinssätze in Luxemburg seit 2003 Quelle: BCL

Für den Luxemburger Immobilienmarkt ist diese Entwicklung, auch wenn es für den allgemeinen Kampf gegen die europaweit zu hohen Verbraucherpreise die richtige Medizin ist, eine Katastrophe. Wegen der monatlich höheren Zinskosten schrumpft die Fähigkeit der Haushalte zum Geld-Zurückzahlen und somit auch die Geldsumme, die sie sich für einen Wohnungskauf leihen können. Als Resultat können sich derzeit noch weniger Menschen eine Wohnung in Luxemburg kaufen als bisher. Es rächt sich, dass die Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt in den letzten Jahren nur sehr zögerlich angegangen wurden.

In Wirklichkeit dürften die Zinssätze zudem derzeit bereits noch höher sein als im April. Immerhin hat die EZB den Leitzins bereits weiter erhöht. Zudem ist noch kein Ende der Zinserhöhungszeit in Sicht. Die Inflationsrate in der Eurozone bleibt hoch. Experten rechnen mit weiter steigenden Leitzinsen, wenn auch in einem langsameren Rhythmus als zuletzt. Am Donnerstag dürfte die nächste Erhöhung des Leitzinses angekündigt werden.

Jill
14. Juni 2023 - 20.22

Herr Muller, Sie haben vergessen zu erwähnen, dass für alle Sparer mit Wohnsitz in Luxemburg, eine „Quellensteuer“ von 20% auf dem Bruttozinsbetrag bei den „dépôts à terme“ anfällt, was indirekt auch eine versteckte Vermögenssteuer ist.

Grober J-P.
14. Juni 2023 - 11.44

Möchte gerne wissen, Volumen der Spareinlagen auf wieviele Leute verteilt? H. Muller, bitte ermitteln Sie.

Grober J-P.
14. Juni 2023 - 9.38

"Verbraucher / Steigende Zinsen machen für die Luxemburger das Sparen wieder attraktiv." H. Muller, das ist doch wohl ironisch gemeint, oder, gegenüber 20% "Nichtsparern"

Sam
14. Juni 2023 - 0.09

Komisch, für mich haben die hohen Zinsen das Auswandern attraktiv gemacht. Aber so ist es halt. Dann kommen die Luxemburger Traditionsfamilien ja gut weg, Erbschaft platziert, Rente kann kommen.