VerbraucherpreiseInflation im Euroraum lässt im Mai überraschend kräftig nach

Verbraucherpreise / Inflation im Euroraum lässt im Mai überraschend kräftig nach
Die Preissteigerungsrate im Euroraum hat sich im Mai abgeschwächt. Sie lag aber immer noch deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank. Foto: dpa/Monika Skolimowska

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Die Inflation im Euroraum hat sich dank sinkender Energiepreise deutlich abgeschwächt. Die Verbraucherpreise legten im Mai binnen Jahresfrist nur noch um 6,1 Prozent zu, wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag in einer ersten Schätzung mitteilte.

Der Rückgang der Teuerungsrate fiel zudem stärker aus als erwartet. Volkswirte hatten mit einer höheren Inflation von 6,3 Prozent gerechnet. In wichtigen Euro-Ländern wie Deutschland, Frankreich und Italien ließ der Preisschub erheblich nach. Noch im April war die Inflationsrate in der 20-Ländergemeinschaft leicht auf 7,0 Prozent gestiegen nach 6,9 Prozent im März. EZB-Präsidentin Christine Lagarde machte allerdings klar, dass die Arbeit der EZB noch nicht erledigt ist.

„Die EZB wird erleichtert sein. Die Inflation geht in die richtige Richtung – nämlich nach unten“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die Teuerungsraten lägen aber noch immer über dem Leitzins, daher sei die Arbeit der europäischen Währungshüter noch nicht beendet. Ähnlich äußerte sich Hauck-Aufhäuser-Lampe-Chefvolkswirt Alexander Krüger. „Nach dem zuvor steilen Anstieg ist der nun spürbar nachlassende Preisdruck kein Hexenwerk“, merkte er an. „Letztlich sorgt die Inflationslage aber weiter für ein Luftanhalten statt für ein Durchatmen.“ Krüger rechnet damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) deshalb die Zinsen weiter erhöhen wird. Zuletzt war die Inflationsrate leicht zurückgegangenIm Oktober 2022 hatte sie ein Rekordhoch von 10,6 Prozent erreicht.

In Luxemburg ist die Inflationsrate laut der europäischen Berechnungsmethode noch viel deutlicher zurückgegangen. Im Mai lag sie nur noch bei zwei Prozent. In keinem anderen europäischen Land, für das heute Zahlen vorliegen, war die Rate niedriger. Im Juni 2022 lag sie noch bei 10,3 Prozent. 

Die Euro-Notenbank hat sich seit Juli 2022 mit einer Serie von sieben Zinsanhebungen in Folge gegen die hohe Inflation gestemmt. Der kräftige Rückgang der Teuerung zeigt, dass der Straffungskurs langsam seine Wirkung in der Wirtschaft entfaltet. Von Entwarnung kann aber noch keine Rede sein. Denn das mittelfristige Inflationsziel der EZB von zwei Prozent liegt noch weit entfernt. Zuletzt hatten mehrere Währungshüter es für wahrscheinlich gehalten, dass die EZB im Juni und im Juli die Zinsen um jeweils weitere 0,25 Prozentpunkte nach oben setzen wird. Damit würde der Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, im Juli auf 3,75 Prozent steigen. Aktuell liegt er bei 3,25 Prozent.

Kerninflation lässt spürbar nach

EZB-Präsidentin Lagarde machte am Donnerstag auf dem Sparkassentag in Hannover deutlich, dass sich die Notenbank noch nicht zurücklehnen könne. Die EZB sei entschlossen, die Inflation zeitnah auf das mittelfristige Ziel von zwei Prozent nach unten zu bewegen, sagte sie. „Daher müssen wir unseren Erhöhungszyklus fortsetzen, bis wir genug Zuversicht haben, dass sich die Inflation auf einem guten Weg befindet, zeitnah auf unseren Zielwert zurückzukehren“, führte Lagarde aus. Es gebe keinen eindeutigen Beleg dafür, dass die zugrunde liegende Inflation ihren Höchststand erreicht habe. In der sogenannten Kerninflation sind die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert.

Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer blickt vor allem auf die Kerninflation. „Die wirklich gute Nachricht ist, dass die Kerninflation ohne Energie-, Nahrungs- und Genussmittel zum ersten Mal seit langem deutlich gefallen ist“, merkte er an. Dieses von den Währungshütern besonders beachtete Inflationsmaß sank im Mai auf 5,3 Prozent nach 5,6 Prozent im April. Die Kernrate gilt als guter Indikator für den Inflationstrend. Krämer zufolge sollte sich die EZB aber nicht zu früh freuen. „Der sich rasch beschleunigende Anstieg der Arbeitskosten dürfte verhindern, dass die Kerninflation mittelfristig wieder in den Bereich von zwei Prozent fällt“, glaubt der Experte.

Die Energiepreise, die noch im vergangenen Jahr maßgeblich für den massiven Inflationsschub verantwortlich waren, gingen im Mai binnen Jahresfrist um 1,7 Prozent zurück nach einem Anstieg von 2,4 Prozent im April. Weiterhin kräftig blieb der Preisauftrieb bei Lebensmitteln und Genussmitteln, auch wenn er im Mai etwas nachließ. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak zogen um 12,5 Prozent an nach einem Plus von 13,5 Prozent im April. Industriegüter ohne Energie verteuerten sich um 5,8 Prozent nach zuvor 6,2 Prozent. Die Preise für Dienstleistungen erhöhten sich im Mai um 5,0 Prozent nach 5,2 Prozent im April.