Frauen-NationalmannschaftFLF-Trainer Dan Santos: „Perspektiven, Profi zu werden, sind andere“

Frauen-Nationalmannschaft / FLF-Trainer Dan Santos: „Perspektiven, Profi zu werden, sind andere“
Dass der Trainerstab ausgebaut wird, war eines der Hauptanliegen von Dan Santos Foto: Editpress/Alain Rischard

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FLF-Damennationaltrainer Dan Santos hat seinen Vertrag vor drei Wochen verlängert: Die Beweggründe, Baustellen und aktuelle Zahlen des Frauenbereichs waren Themen des Gesprächs mit dem Coach.

Der Amtsantritt: „Als ich 2020 angekommen bin, gab es eine A-Nationalmannschaft, die jedes Jahr nur ein oder zwei internationale Spiele bestritt. Es gab noch einen U16-Jahrgang, aber nicht wirklich eine Struktur. Mein Ziel lautete daher, von oben nach unten aufzubauen“, erklärte Dan Santos die Anfänge seiner Zeiten als Damen-Nationaltrainer. Denn die Pyramide musste er andersrum nutzen: „Die Vitrine ist die A-Auswahl: Sie gibt jungen Mädchen ein Ziel. Zudem haben wir die ersten Qualifikationskampagnen genutzt, um das Ganze nach außen zu vermarkten und mehr Mädchen zum Fußball zu locken.“ Gleichzeitig wurde aber auch an der Basis gearbeitet: Seine Assistenztrainer Cristina Correia, Jean-Marie Noel und Kevin Rutare halfen bei der Sichtung talentierter Spielerinnen. 

Die Bestandsaufnahme: Zahlenmäßig erlebte der Frauenfußball in Luxemburg einen regelrechten Boom. Waren es 2017 noch bescheidene 1.138 Jugendspielerinnen (im Altersbereich bis zur U19), so wurden für die Saison 2023/24 doppelt so viele – 2.294 – Mädchenlizenzen beantragt. Die offiziellen Jugend-Kader beginnen bei der U13, die jüngeren Mädchen werden bei der sogenannten „Détection“ gefördert: „Wir nehmen dort maximal 45 Spielerinnen an“, erklärte Santos. „Insgesamt sind es 180 Jugendspielerinnen, die wöchentlich bis zu drei Trainingseinheiten bei uns haben. Eine meiner Bedingungen bei der Vertragsverlängerung war daher, dass wir unser Angebot an Trainern ausbauen könnten. Wir haben bisher Doppelschichten geschoben. Irgendwann fehlen dafür aber die Zeit und die Energie. Das hat der Präsident gleich eingesehen. Wir haben jetzt zwei Coaches und einen Torwarttrainer ins Team geholt, sodass jeder Jahrgang jetzt über einen Trainer und einen Assistenten verfügt und keiner mehr von 17 bis 21 Uhr auf dem Platz stehen muss.“

Die aktuellen Zahlen

Luxemburger Jugendspielerinnen mit Lizenz bei der FLF:
U7 (Jahrgänge 2017 und jünger): 65
U9 (2016, 2015): 215
U11 (2014, 2013): 289
U13 (2012, 2011): 413
U15 (2010, 2009): 495 
U17 (2008, 2007): 434
U19 (2006, 2005): 383

Luxemburger Jugendspielerinnen in den unterschiedlichen FLF-Kadern:
Détection (U11 und jünger): 45
U13: 38
U15: 36
U17: 33
U19: 25

Gibt es ein Drop-out-Phänomen? Obschon der Frauenfußball reichlich Zuwachs bekommen hat, blieb der Verband bislang von einem großen Drop-out verschont: „Bei der U17 und der U19 hören einige aus schulischen oder privaten Gründen auf. Insgesamt haben wir aber unterwegs nicht wirklich viele Spielerinnen verloren“, erklärte der Nationaltrainer. Es gibt allerdings einen anderen Grund, der manche Karrieren früh ins Stocken bringt: „Drei Mädchen haben sich gegen einen Transfer zum Standard entschieden, da der Schritt für sie eben nicht so einfach ist – und die Perspektiven, Profi zu werden, anders sind als bei den Männern.“

Die Zukunftsvisionen: Das übergeordnete Ziel des Trainerstabs lautet, „immer besser bei den unterschiedlichen Kampagnen zu werden und die Anzahl der Spielerinnen zu erhöhen, die für die A-Auswahl in Frage kommen.“ So sollen in Zukunft 25 bis 30 Nationalspielerinnen auf dem gleichen Niveau sein. Am 4. Juni tritt Luxemburg nach dem 2:1-Heimsieg gegen Albanien in der EM-Qualifikation der Liga C5 in Elbasan (ALB) an. Im Juli wartet dann noch der Doppelvergleich gegen Estland. „Was aber noch fehlt, sind die Zuschauer … Aber in ein paar Jahren kann das noch sehr interessant werden. Unsere Kapitänin (Laura Miller) ist erst 22, Marta Estevez gehört mit 25 Jahren zu den Ältesten. In vier Jahren können wir also noch viel Erfahrung sammeln, ohne dass man von einem zu alten Kader reden muss.“ Zudem lauert laut Dan Santos jede Menge Konkurrenz, die Stammspielerinnen wie Amy Thompson oder Andreia Machado verdrängen will. „Man merkt jede Woche, mit wie viel Motivation die Spielerinnen zum Training kommen. Das ist für mich auch ein Grund, nicht in den Männerfußball zurückzukehren – zumindest so lange, bis das Projekt abgeschlossen ist. Die Mädchen bringen eine extreme Leidenschaft mit, da entscheiden nicht fünf Euro mehr oder weniger. Sie sind wissbegierig und verlässlich. Es macht Spaß, mit ihnen und meinen Trainern zu arbeiten, die genauso überzeugt von der Sache sind wie ich.“

Georges Elsen betreut die U19-Auswahl
Georges Elsen betreut die U19-Auswahl Foto: Editpress/Alain Rischard

Das Ausbildungszentrum: Im Oktober wird der neue Kabinentrakt in Monnerich bezugsfähig sein – was für Entlastung bei den Jugendkategorien sorgen wird. Die beiden zusätzlichen Spielfelder in der Nähe des CNF sind in Planung. „Wir möchten, dass die Mädchen in Zukunft ebenfalls alle am gleichen Standort trainieren können und das Ganze in Monnerich zentralisiert wird. Die FLF steht voll und ganz dahinter und hat auch die nötigen Investitionen in die Wege geleitet.“ Einzig im administrativen Bereich sieht Santos noch Nachholbedarf: „Es fehlt Manpower für diesen Bereich, damit die Frauen die nötige Unterstützung erhalten. Im Moment gibt es keinen direkten Ansprechpartner, der die Organisation übernimmt.“

Von 14 auf 16

Das Mindestalter, um bei den Seniorinnen an der nationalen Meisterschaft teilnehmen zu dürfen, liegt bei den Mädchen bei 14 Jahren. „Das ist zu niedrig“, meinte Nationaltrainer Dan Santos. „Wir wollen eine Reform des Championats, damit die Jahrgänge angepasst werden. Wir müssen in unserer Entwicklung kohärent bleiben: Ich wünsche mir, dass wir das Mindestalter auf 16 festlegen. Das ist sogar eine Frage des Jugendschutzes und auch ein Teil der Gleichberechtigung gegenüber den Jungs.“ So ein tiefgründiger Schnitt ist nur über eine Statutenänderung möglich, der die Vereine bei der Generalversammlung zustimmen müssen. Einige Jugendliche haben am Wochenende bis zu drei Liga-Spiele absolviert: etwa bei den Jeunes filles, den Reserven und den Damen. „Das ist nicht gesund“, sagte der Coach.