GeldpolitikEZB drosselt Zinserhöhungstempo – Anhebung um einen viertel Prozentpunkt

Geldpolitik / EZB drosselt Zinserhöhungstempo – Anhebung um einen viertel Prozentpunkt
Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Europäische Zentralbank die Leitzinssätze erneut um jeweils 0,25 Prozentpunkte angehoben Foto: AFP/Andre Pain

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrem Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die Inflation den Fuß etwas vom Gas genommen.

Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, die Schlüsselsätze, wie erwartet, um einen viertel Prozentpunkt nach oben zu setzen. Es ist bereits die siebte Zinserhöhung in Folge. Noch im März hatten sie die Zinsen um einen halben Prozentpunkt angehoben.

Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Finanzinstitute für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt damit künftig bei 3,25 Prozent. Der zentrale Leitzins, also der Satz, zu dem Geschäftsbanken sich Geld bei der EZB leihen können, steigt damit auf 3,75 Prozent. Die EZB teilte zudem mit, sie sei bereit, alle ihre Instrumente im Rahmen ihres Mandats anzupassen, um sicherzustellen, dass die Inflation mittelfristig zum Zielwert von 2 Prozent zurückkehre.

Die Währungshüter hatten im Juli 2022 nach Jahren der ultra-lockeren Geldpolitik die Zinswende vollzogen und haben seitdem einschließlich des neuen Schritts die Schlüsselsätze in rasantem Tempo um insgesamt 3,75 Prozentpunkte angehoben.

Konkrete Aussagen zum künftigen Zinskurs machten die Währungshüter zunächst nicht. Die künftige Beschlüsse der Währungshüter sollen laut der EZB dafür sorgen, dass die Zinsen auf ein ausreichend restriktives Niveau gebracht würden, damit die Inflation zeitnah wieder auf zwei Prozent sinke. „Dieses Niveau wird so lange aufrechterhalten wie erforderlich“, erklärte die EZB. Sie will bei ihrem Kurs weiterhin auf Sicht fahren.

„Die Gesamtinflation ist in den letzten Monaten zurückgegangen, der zugrunde liegende Preisdruck ist jedoch nach wie vor hoch“, stellte die EZB fest. Die bisherigen Zinserhöhungen wirkten sich bereits stark auf die Finanzierungsbedingungen aus. Weiterhin bleibe aber unsicher, wie kräftig die Auswirkungen auf die Realwirtschaft ausfallen und mit welcher Verzögerung sie eintreten würden.

Preisdruck nach wie vor hoch

Für die EZB ist der Kampf gegen den anhaltenden Preisschub in der 20-Ländergemeinschaft noch nicht gewonnen. Denn die Inflation liegt weiterhin deutlich über der angestrebten Notenbank-Zielmarke von zwei Prozent. Im April stieg die Teuerungsrate sogar leicht an auf 7,0 Prozent, nachdem sie noch im März auf 6,9 Prozent gesunken war von 8,5 Prozent im Februar. Die viel beachtete Kernrate, bei der die schwankungsreichen Energie- und Rohstoffpreise herausgerechnet sind, ging zudem im April nur minimal auf 5,6 Prozent von 5,7 Prozent im März zurück. Dies treibt viele Euro-Wächter um. Denn das könnte anzeigen, dass die Zeit der hohen Inflationsraten womöglich noch länger anhalten könnte als bislang gedacht.

„Die EZB tritt auf die Bremse, sie zieht aber nicht die Handbremse an“, kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, die Beschlüsse. Da der Inflationsdruck nur langsam nachlasse, werde die EZB auf ihren kommenden Sitzungen weiter an der Zinsschraube drehen müssen.

Die Währungshüter kündigten zudem an, den Bilanzabbau zu beschleunigen. Im Zentrum stehen dabei die rund 3,2 Billionen Euro schweren Bestände an Papieren aus dem Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP). Die Notenbank will nun ab Juli die Reinvestitionen ganz stoppen. Aktuell werden die Bestände aus dem APP-Programm bereits abgebaut, da die Tilgungsbeträge von Papieren bei Fälligkeit nicht mehr vollumfänglich reinvestiert werden.

Fed erhöht Zinsen zum zehnten Mal in Folge

In den USA hat die US-Notenbank Fed am Mittwoch die Zinsen ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte hochgesetzt auf die neue Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent und steuert nun auf eine Pause zu. Von Reuters befragte Experten hatten mit der zehnten Anhebung in Folge gerechnet. Noch Anfang 2022 lag der für den Preis des Geldes entscheidende Satz nahe null Prozent. Nach der rasanten Erhöhung dürfte das Ende der Fahnenstange vorerst erreicht sein.

„Ich denke, die Geldpolitik ist straff“, erklärte Fed-Chef Jerome Powell. Womöglich sei man auf einem ausreichend hohen Zinsniveau angelangt, oder zumindest nicht weit davon entfernt. Zugleich dämpfte er Erwartungen der Märkte an baldige Zinssenkungen. Da die Fed derzeit davon ausgehe, dass der starke Preisauftrieb nicht so schnell nachlassen werde, wären Senkungen aus Powells Sicht in einem solchen Umfeld unangebracht.

Die US-Währungshüter ließen aber Bereitschaft zu einer Pause erkennen. Sie strichen eine Passage aus ihrem Text, wonach eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung angemessen sein könnte. Stattdessen wurde eine Formulierung als Orientierungslinie für die Finanzmärkte gewählt, die die Tür für eine Erhöhung zwar offen lässt, aber kein klares Signal mehr dafür gibt. Powell wies darauf hin, dass dies eine „bedeutsame Änderung“ in der sogenannten Forward Guidance sei, auch wenn nun keineswegs ein Beschluss für eine künftige Pause gefasst worden sei.

Die Fed will dem Preisauftrieb mit ihrer straffen geldpolitischen Linie Paroli bieten und dabei nach Möglichkeit keine wirtschaftlichen Verwerfungen riskieren. Die Inflation in den USA sank im März um einen vollen Punkt auf 5,0 Prozent, das niedrigste Niveau seit Mai 2021. Die Fed kann das Abebben der Inflationswelle als Teilerfolg verbuchen, auch wenn das Ziel einer Teuerungsrate von 2,0 Prozent noch bei weitem nicht erreicht ist. Powell betonte, der Inflationsdruck sei noch hoch. Es werde voraussichtlich noch ein langer Weg, bis die Zielmarke erreicht werde. Zugleich hält er das Szenario einer Rezession für weniger wahrscheinlich. Wenn es dennoch dazu kommen sollte, setze er auf einen milden Verlauf.

Lesen Sie auch:

Verbraucher: Zu Beginn des Jahres 2023 steigen die Zinssätze in Luxemburg weiter