Tripartite-KommissionKommando zurück: Verschiebung zusätzlicher Indextranchen auf April 2024 wird gestrichen

Tripartite-Kommission / Kommando zurück: Verschiebung zusätzlicher Indextranchen auf April 2024 wird gestrichen
 Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der „Solidaritéitspak“-Gesetzentwurf wurde abgeändert. Bisher war vorgesehen, dass weitere Indextranchen – mit Ausnahme von jener, die im Juli oder August fallen soll – auf den 1. April 2024 geschoben werden.  Dieser Passus wurde am Freitag ersatzlos aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Stattdessen sollen sich die Sozialpartner im Falle eines Falles wieder an einen Tisch setzen. 

Der „Solidaritéitspak“-Gesetzentwurf hat am Freitag eine einschneidende Änderung erfahren. Zuvor stand im Text: Sollten über die verschobene Sommertranche 2022 hinaus bis Ende 2023 weitere Indextranchen fällig werden, werden die verschoben – und im April 2024 auf einmal ausgezahlt. Dieser Passus wurde unter Zustimmung der Regierungsparteien gestrichen, wie das Tageblatt am Freitagmittag aus Parlamentskreisen erfuhr. Sollte sich eine weitere Tranche ankündigen, sollen stattdessen die Sozialpartner an den Verhandlungstisch zurückkehren. Erst am Donnerstag hatte der zuständige Tripartite-Ausschuss mehrere Akteure, darunter die Handelskammer und die Arbeitnehmerkammer, gehört. Am Freitagmorgen stand dann die nächste Sitzung, mit dem genannten Resultat.

Die „Sommertranche“, die im Juli oder August 2022 fallen soll, ist von dieser Regelung nicht betroffen. Sie soll weiterhin – wie vorgesehen – auf den 1. April 2023 verschoben und durch die Maßnahmen des „Solidaritéitspak“ kompensiert werden. Das heißt: Das neue Gesetz betrifft nur diese eine Tranche. Das erklärte der LSAP-Abgeordnete Mars Di Bartolomeo gegenüber dem Tageblatt. „Wenn es zu einer zusätzlichen Tranche kommen sollte, wird ein neues Gesetz notwendig – und es wird auch der Sozialdialog über Kompensationen notwendig.“

Näher am Abkommen dran

Der Plan lautet also: Sollte sich über die Sommertranche hinaus eine weitere Tranche andeuten, wird noch einmal verhandelt. Im Prinzip ist das die Regelung, die ursprünglich im Tripartite-Abkommen vereinbart wurde. „Au cas où la situation économique et sociale venait à s’empirer au cours de l’année 2023 ou une tranche indiciaire supplémentaire serait déclenchée en 2023, le Gouvernement s’engage à convoquer une nouvelle réunion du Comité de coordination tripartite“, steht darin auf der letzten Seite geschrieben. Das bestätigte Di Bartolomeo: „Die Regelungen, die die Tripartite gefunden hat, werden gesetzlich umgesetzt.“ Es sei wichtig, dass das Abkommen, das unterzeichnet wurde, weiterhin gelte. Grund für die Änderung sei aber auch die „Volatilität“ der Situation. „Man kann fast nicht voraussagen, was im nächsten Monat ist“, sagte Di Bartolomeo.

„Man bleibt beim Willen, zu kompensieren, es wird darüber zu diskutieren sein, wie kompensiert wird“, erklärte der LSAP-Politiker. Werde es zu einer zusätzlichen Indextranche kommen, müsse es auch zu einem oder mehreren Gesetzen kommen, um die jeweilige Entwicklung der Situation bestmöglich widerspiegeln zu können. Es bleibe auch dabei, dass die Tranchen, wenn sie fallen, nicht gestrichen werden. 

Die Luxemburger Statistikbehörde Statec, die den Verbraucherpreisindex berechnet, hatte Anfang Mai eine Inflationsprognose veröffentlicht. Neu war darin, dass die Statistiker neben der „Sommertranche“ schon im ersten Quartal 2023 eine weitere Tranche für möglich erklärten. Da detaillierte Prognosen für die Entwicklung der Inflation nur alle drei Monate erstellt werden, hatten die Tripartite-Verhandlungen auf „fragmentierten Anpassungen“ älterer Berechnungen basiert, wie die Behörde erklärte. 

Stimmen aus der Kommission

Gilles Roth (CSV)

Gilles Roth sieht die CSV als treibende Kraft hinter der Abänderung des Gesetzentwurfs
Gilles Roth sieht die CSV als treibende Kraft hinter der Abänderung des Gesetzentwurfs Foto: Editpress/Didier Sylvestre

„Nach den Sitzungen mit den Gewerkschaften und dem Patronat hat sich herausgestellt, dass dieser Gesetzentwurf, wie er da lag, nicht dem entspricht, was im Tripartite-Abkommen festgehalten wurde“, sagte Gilles Roth (CSV), Vize-Präsident der Tripartite-Kommission, gegenüber dem Tageblatt. Die Regierung habe am Freitagmorgen eine Änderung an dem Entwurf gemacht.

Dadurch würden keine fallenden Indextranchen mehr gehäuft und müssten auch nicht mehr alle auf einen Schlag am 1. April 2024 ausbezahlt werden. Somit würde „der normale Index-Mechanismus greifen“ – es sei denn, es kommt wieder eine neue Tripartite zusammen oder eine neue Sonderreglung setzt ein. „Was die restlichen Tranchen betrifft, wird zu diesem Zeitpunkt der Index-Mechanismus gesetzlich nicht angerührt“, sagte Roth und weiter: „Das geht in die richtige Richtung.“

Sollte eine weitere Tranche fallen – wenn das Gesetz nicht wieder abgeändert wird –, würde diese normal ausbezahlt werden, so Roth. Die Auszahlung mehrerer Indextranchen auf einmal hätten sowohl die Gewerkschaften als auch das Patronat für schwierig empfunden, sagte Roth und weiter: „Uns hat immer die Devise gestört, ‚wir verschieben die warme Kartoffel auf einen Zeitpunkt nach den Wahlen‘.“ Das sei jetzt alles hinfällig, somit würde nach dem derzeitigen Stand nur der erste Teil des Abkommens umgesetzt werden.

„Die Regierung ist meiner Ansicht nach zurückgewandert, weil sie sich der Tragweite von dem, was sie geschrieben hat, nicht bewusst war“, meinte Roth. Die ältere Variante des Gesetzentwurfs habe nicht dem entsprochen, was im Abkommen festgehalten wurde. Darin sei nie die Rede gewesen von der Verschiebung auf 2024 sowie die Auszahlung mehrerer Tranchen.

Betriebe hätten bei dem alten Gesetzestext mit der Ungewissheit leben müssen, ob und wie viele Tranchen sie auf einmal auszahlen müssten, und die Gewerkschaften hätten sich daran gestoßen, dass überhaupt kein Kompensationsmechanismus für zusätzliche Indextranchen vorgesehen war.

Roth sieht hinter der Abänderung des Entwurfs einen Erfolg der CSV: „Ohne Spezialkommission und ohne Gespräche mit den Verhandlungspartnern wäre es meiner Ansicht nach nicht zu einem Zurückrudern der Regierung gekommen.“

Yves Cruchten (LSAP)

Der aktualisierte Gesetzestext ist die beste Lösung für alle, glaubt Yves Cruchten
Der aktualisierte Gesetzestext ist die beste Lösung für alle, glaubt Yves Cruchten Foto: Editpress/Julien Garroy

Als der erste Gesetzentwurf verfasst wurde, sei man noch nicht davon ausgegangen, dass dieses Jahr oder im ersten Halbjahr 2023 eine weitere Indextranche fallen würde. Das werde aber immer wahrscheinlicher, sagte Yves Cruchten (LSAP) gegenüber dem Tageblatt. Da man zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wisse, wie man diese hypothetischen Tranchen gerecht kompensieren soll, würde man punktuell auf fallende Tranchen reagieren und dementsprechend Gesetzestexte verfassen und die Sozialpartner zusammenrufen.

Diese neue Regelung sorgt „für deutlich mehr Klarheit“, sagte Cruchten. Als die Tripartite im März zusammenkam, sei Statec noch nicht davon ausgegangen, dass eine zusätzliche Indextranche innerhalb kurzer Zeit fallen könnte. Das habe sich nun aber geändert und „um wirklich keine Probleme zu schaffen, machen wir es Schritt für Schritt“, sagte Cruchten: „Das ist, glaube ich, das Beste, das wir machen konnten.“ Diese Lösung biete Sicherheit, Transparenz und sei leicht nachvollziehbar, und die Sozialpartner würden bei einer Verschlechterung der ökonomischen Lage zusammengerufen werden. Der ausschlaggebende Faktor für die Abänderung des Gesetzentwurfs sei also laut Cruchten die unerwartete Entwicklung der wirtschaftlichen Situation.

Der LSAP-Politiker glaubt zudem, dass das Gesetz, wäre es in seiner ursprünglichen Form gestimmt worden, wahrscheinlich hätte abgeändert werden müssen, „weil wir heute schon wissen, dass sich die Situation mit großer Wahrscheinlichkeit ändern wird“. Cruchten betonte, dass keine Tranchen wegfallen oder gestrichen werden sollen. „Diese Zusage ist selbstverständlich da und wir schreiben sie auch in den Bericht des Gesetzes“, sagte er.

Josée Lorsché („déi gréng“)

Keine Tranchen sollen gestrichen werden, sagt Josée Lorsché
Keine Tranchen sollen gestrichen werden, sagt Josée Lorsché Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

„Das war alles nicht so ganz klar und hat zu ganz vielen Interpretationsdivergenzen geführt, weil einfach nicht drinstand, wann was ausbezahlt wird“, sagte Josée Lorsché gegenüber dem Tageblatt. Das könne man nicht in den Text schreiben, da der weitere Verlauf der Inflation nicht klar vorausgesagt werden kann. Deshalb habe die Regierung eine Abänderung vorgeschlagen, um wieder einen Schritt zurückzugehen und das zu tun, was ursprünglich eigentlich vorgesehen war. Demnach würde das „Exposé des motifs“ einen Abschnitt enthalten, dass die Tripartite wieder zusammengerufen wird, sollte sich die wirtschaftliche Lage exponentiell verschlechtern. Diese Verpflichtung könne nicht mit ins Gesetz geschrieben werden und solle daher im „Exposé des motifs“ festgehalten werden.

Die Regierung sieht also vor, beim Fallen einer neuen Tranche neu zu verhandeln. „Klar ist, dass keine Tranchen gestrichen werden“, betonte Lorsché. Es werde höchstens nach hinten verlagert, sodass nicht mehrere Tranchen innerhalb von einem Jahr ausgezahlt werden müssen. Sollte es so weit kommen, müssten auch wieder neue Kompensationsmaßnahmen besprochen werden. Diese Art und Weise sei in Anbetracht der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Wirtschaft vorsichtiger als der vorherige Gesetzentwurf.

OGBL-Präsidentin Nora Back
OGBL-Präsidentin Nora Back Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

OGBL begrüßt Änderung

Die Gewerkschaft OGBL hat die Änderung am Entwurf des Tripartite-Gesetzes am Freitag begrüßt. „Das ist für uns die Verbesserung eines ganz schlechten Gesetzes. Es ist immer noch schlecht. Aber es ist eine Verbesserung“, sagte OGBL-Präsidentin Nora Back am Freitagnachmittag gegenüber dem Tageblatt.
Die Unterzeichner der Tripartite – zu denen der OGBL nicht gehört hatte – hätten nicht vorhergesehen, dass die Inflation viel höher liegen würde, als dass es nur zu einer Tranche kommen würde. „So hätte das Risiko bestanden, dass zwei oder drei Tranchen gefallen wären, die alle im April 2024 auf einen Rutsch hätten ausbezahlt werden müssen“, sagte Back.

Laut der Gewerkschaftsführerin hätten so potenziell „fünf, 7,5 oder zehn Prozent in einem Monat für die gesamte Wirtschaft, alle Betriebe, alle Sektoren, den Staat und die Rentner in Luxemburg“ anfallen können. „Daran hat keiner geglaubt. Und daran ist es auch gescheitert“, sagte sie. Der OGBL habe immer daran erinnert, dass die Inflation höher und höher wachse und es zu einem Indexstau kommen könnte.
Für die Gewerkschaft sei es noch immer ein „negativer Punkt“, dass die Regierung an ihrer Philosophie festhalte, dass zwölf Monate zwischen den Tranchen liegen müssten. Im Gesetz selbst stehe davon aber nichts mehr.

Für die Praxis erwartet Back, dass die Regierung eine Tripartite einberufen wird, sobald die Statec-Prognosen auf eine Indextranche hindeuten. Davon, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr tiefer in der Krise stecke und somit dann eine bessere Verhandlungssituation am Tripartite-Tisch habe, ist Back nicht überzeugt. „Das kann geschehen, wir wissen es aber nicht – es kann auch alles anders kommen, wir wissen nicht, wie sich die Inflation weiterentwickelt.“ Es sei eine richtige Empfehlung, keine Sachen bis ins kommende Jahr festzulegen.

An der Indexmanipulation an sich stört sich Back noch immer. „Die Manipulation ist nicht die Lösung und der Index ist nicht das Problem“, sagte sie. „Auch nicht für die Betriebe. Wir müssen denen helfen, die Hilfe benötigen.“ 


Weitere Hintergründe zu dem Thema:
Chamber / Mehrere Akteure in Tripartite-Kommission gehört – Freitagmorgen soll die Ausarbeitung weitergehen
Inflation / Tripartite-Debatte im Finanzausschuss: „Wir befinden uns in einem Umfeld von Unsicherheiten“
Chamber / Sonderausschuss folgt Gutachten vom Staatsrat: Tripartite-Abkommen wird auf zwei Gesetze aufgeteilt
Luxemburg / Arbeitnehmerkammer weist Tripartite-Gesetzentwurf der Regierung zurück
Luxemburg / Warum die Tripartite-Verhandlungen auf einer inkompletten Inflationsprognose basierten
Tripartite / Warum das Abkommen den Verlust mehrerer Indextranchen bedeuten kann
Tripartite / OGBL will der Regierung keinen „Blankoscheck“ für Indexmanipulation ausstellen
Loi sur la tripartite / Dépassée par les événements

d'Bonzen
10. Juni 2022 - 22.10

@Nicolas

"Ech kann mir dovir +/- 26 Pond Brout kaafen, mee sie könne sech der dovir 166 Pond kaafen. "

Brout? Beim Kaviar iesse mir just Crackeren.

Inigo Montoya
10. Juni 2022 - 22.09

@Jemp

"Passt op ob déi Gring! Déi betruechten och elo d’Méiglechkeet fir den Index ze deckelen, (dixit Tanson) ergo ofzeschafen. "

Ergo? Dir benotzt ëmmer dat Wuert, ech mengen net, dass et heescht, wat Dir mengt, dass et heescht.

Lianne
10. Juni 2022 - 22.08

@Lusso

"deen Bonzenklub do mecht genau daat waat hien wëllt,"

Genee, si sinn d'Exekutive, sou leeft dat, och wann Dir dat net packt.

Bux /
10. Juni 2022 - 13.50

Man kann es drehen und wenden wie man will, das Motiv der Index-Manipulation folgt immer dem gleichen Muster :

1. Wie halte ich den Wirtschaftsstandort attraktiv? In dem ich die Löhne in der Privatwirtschaft niedrig halte.
2. Wie gleiche ich den Kaufkraftverlust aus? Indem ich „Kompensationen“ an die Bürger verteile.
3. Wer bezahlt die Rechnung? Der Steuerzahler, in diesem Fall der Grenzgänger welcher keine „Kompensationen“ bekommt.

Politik bleibt ein schmutziges Geschäft.

Weem sees et
8. Juni 2022 - 11.43

@Nicolas.... Dann hu dir eben nie vill verdéngt an dovir elo eng kléng Pensioun. (3.200 EUR) Dat huet ower guer néischt mat deenen Aneren ze din ausser dass vléicht e bësselchen Néid dobéi ass?
Setzt iech emol au courant virwat a éi den Index fontionnéiert.

Nicolas
5. Juni 2022 - 16.55

Ech sinn och dovir vir den Index ze deckelen. Ech wärt elo beim Index +/- 80 € bei manger Pensioun beikreien. An eis Regierungsmemberen kreien der +/- 500 € derbei.

Ech kann mir dovir +/- 26 Pond Brout kaafen, mee sie könne sech der dovir 166 Pond kaafen.

Mee daat as jo anscheinent gerecht hei am Ländchen .

Jemp
4. Juni 2022 - 18.13

Passt op ob déi Gring! Déi betruechten och elo d'Méiglechkeet fir den Index ze deckelen, (dixit Tanson) ergo ofzeschafen. D'DP ass sowisou géint den Index, an dat ganzt Gedeessems get nemme gefouert, fir d'Méiglechkeet ze behalen, den Index nach an deser Legislaturperiod ofzeschafen.

Lusso
4. Juni 2022 - 18.07

Gambia-Connection ass egal waat,
deen Bonzenklub do mecht genau daat waat hien wëllt,
Mëttelstand schons laang futti gemaach,deen normalen
Arbéchter gëtt ëmmer méi aarm,kann séch guer neischt
méi leeschten,verschidde Staatsbanausen wëssen nëtt wohin
mat hirem Fric,alles lamentabel an erbärmléch, ëtt stenkt ëmmer
méi bis zum Himmel.

Trierweiler
4. Juni 2022 - 14.47

Mat anere Wierder, wann all Joer 5 Tranche fälleg sinn, da kréie mer déi wa mer dout sinn.
Kënne mer se wéinstens verierwen?

Marie
4. Juni 2022 - 11.24

Fanger ewesch vum Index ! Dat gelt och fir d’Joër 2023!!!