InflationTripartite-Debatte im Finanzausschuss: „Wir befinden uns in einem Umfeld von Unsicherheiten“

Inflation / Tripartite-Debatte im Finanzausschuss: „Wir befinden uns in einem Umfeld von Unsicherheiten“
Die Tripartite-Diskussion beschäftigt nach wie vor die luxemburgische Chamber Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

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Die alles bestimmende Tripartite-Diskussion ist inzwischen auf den Finanz- und Haushaltsausschuss übergeschwappt. Statec-Experten sollten dort am Montag auf Einladung der CSV ihre Methoden zur Berechnung der Inflation erklären. Aber statt Prognosen und Inflationsberichten bekamen die Abgeordneten vor allem drohende Haushaltslöcher serviert. 

Die Luxemburger Statistikbehörde Statec ist derzeit gefragter Gast im Parlament. Nach der Tripartite-Sonderkommission fragten nun auch die (CSV-)Mitglieder des Finanz- und Haushaltsausschusses Statec-Experten für eine Konsultation an. Der Grund für die Fragerunde am Montagmorgen lautete wenig überraschend: die „jüngsten Inflationsentwicklungen“, wie die Chamber-Tagesordnung verriet. Auf die Frage, wie sehr die Inflation seit dem letzten Statec-Bericht galoppiert ist, enthielten sich die Statistiker aber einer Antwort, der Inflationsbericht für den Monat Mai ist nämlich noch in der Mache. Wie die Behörde gegenüber dem Tageblatt bestätigt, wird er am 8. Juni veröffentlicht. Und, immerhin: Dass der Index bereits im Mai gefallen ist – mit einer Tranche für die Juni-Gehälter – sei „sehr unwahrscheinlich“, wie ein Statec-Sprecher am Montagabend gegenüber dem Tageblatt versichert. 

Wie zuvor stehen die Zeichen also auf: Indextranche im Juli. Allerdings nicht –  wie während der Unterzeichnung des Tripartite-Abkommens Ende März angenommen – im August.  „Ich habe zwei Fragen gestellt“, berichtet der CSV-Parlamentarier Gilles Roth von der Kommissionssitzung. „Erstens: Wann kommt die nächste Indextranche? Zweitens: Wann kommt die danach?“ Das werde ja auch Einfluss auf das Tripartite-Gesetz haben. Es sei dann bestätigt worden, dass die nächste Indextranche aller Wahrscheinlichkeit nach im Juni ausgelöst werde und im Juli ausgezahlt werden müsse, sagt Roth. Laut Statec sei zudem noch eine weitere Tranche zwischen dem ersten und dem dritten Quartal 2023 möglich. „Das ist eine zusätzliche im Vergleich zum Tripartite-Accord“, sagt Roth.

Kompensation oder keine Kompensation

So wie der Gesetzesentwurf jetzt aussehe, der derzeit in eben jener Tripartite-Kommission debattiert wird, würde diese Tranche im April 2024 ausgezahlt werden, sagt Roth. „Das Gesetzesprojekt sagt allerdings nichts darüber aus, ob diese auch kompensiert wird oder nicht.“ Zur Erinnerung: Die Verschiebung der August-Tranche soll laut Tripartite-Abkommen bis zu ihrer Auszahlung teilweise mit einem Steuerkredit ausgeglichen werden. Falls eine weitere Tranche nun früh im Jahr 2023 fällig werde, könnte es bis April 2024, also 14 bis 15 Monate, bis zu deren reeller Ausbezahlung dauern, meint Roth. Eine Kompensierungsmaßnahme mit dem derzeit avisierten Steuerkredit koste pro Monat rund 60 Millionen Euro. Falls die Regierung auch die nächste Tranche kompensiere, könnte das demnach „also bis zu 900 Millionen Euro für das Staatsbudget bedeuten“, sagt Roth.

Entscheide sich die Regierung auch für die Kompensation dieser nächsten potenziellen Tranche, müsse das legislativ festgelegt werden. „Und dann müssen sie das auch im Budget einplanen“, sagt Roth. „Die Regierung muss irgendwann eine politische Antwort darauf geben, denn sonst ist es Opportunismus.“ Vor diesem Hintergrund könne sich der CSV-Mann auch vorstellen, dass – „im Geiste des Tripartite-Accords“ – bereits für die sehr wahrscheinlich früher fällige August-Tranche 55 Millionen Euro zusätzlich für Kompensationsmaßnahmen vorgesehen werden. Roth mahnt die Exekutive zur Eile, da das Gesetz seiner Meinung nach spätestens am 28. oder 29. Juni verabschiedet werden müsse. Aber: „Zeitlich ist das möglich.“ 

Wir sind in einem sehr inflationistischen, labilen Umfeld

André Bauler (DP), Präsident der Finanz- und Haushaltskommission

Für den Kommissionspräsidenten André Bauler von der DP diente die Sitzung mit dem Statec vor allem dazu, Details über das Inflationsgeschehen und den Staatshaushalt zu erfahren. „Es ging darum, einen Überblick zu haben über die verschiedenen Preisbewegungen – und die Elemente, die die Preise bewegen“, sagt Bauler. „Wir befinden uns in einem Umfeld von Unsicherheiten. Es ist schwer zu sagen, was in drei, vier Monaten sein wird.“ Alles hänge vom Krieg ab, aber auch die Corona-Lockdowns in China hätten Lieferengpässe verursacht. Vieles sei von den Energiepreisen bestimmt und würde sich laut Statec im Winter entscheiden. „Es kann auch zu einer Beruhigung kommen, das ist schwer vorherzusagen“, sagt Bauler. Aber: Derzeit würden in der Bauwirtschaft Preissteigerungen von zehn Prozent, bei den Industrieprodukten von 25 Prozent im Jahresvergleich gesehen – und auch bei den Rohstoffen sehe man keine Tendenz zur Umkehr. „Wir sind in einem sehr inflationistischen, labilen Umfeld“, sagt Bauler. 

Weniger Steuereinnahmen bei den Fonds

All das wirke sich auch auf den Staatshaushalt aus, sagt Bauler. „Man kann davon ausgehen, dass wir weniger Einnahmen haben.“ Sorgen bereitet dem Haushaltspolitiker vor allem die Entwicklung bei einer der Cash-Cows des Staats der vergangenen Jahre: der Fondsindustrie. Dort sei der Gesamt-Nettoinventarwert von 6.100 auf 5.500 Milliarden Euro gesunken – was sich eklatant auf das Steuersäckel auswirken könnte. Kommissionsmitglied Sven Clement von den Piraten sagt dazu im Tageblatt-Gespräch: „Das Resultat der Fonds ist zehn Prozent kleiner, das bedeutet zehn Prozent weniger Steuern, bei etwas mehr als einer Milliarde Steuern. Nur die Fonds. Das ist ein Problem.“

Über die Jahre hatte sich die „Taxe d’abonnement“, die die Fonds auf ihre Gewinne an den Staat zahlen, zu dessen fünftwichtigster Einnahmequelle entwickelt. Im Budget 2022 waren Einnahmen von 1,38 Milliarden Euro eingeplant und sollten so immerhin für 6,3 Prozent der staatlichen Einnahmen insgesamt sorgen. Für 2025 wurden sogar 1,56 Milliarden Fonds-Steuergeld prognostiziert. „In einer Situation, in der man gerade mehr Geld ausgeben muss als geplant, auch noch weniger einzunehmen als geplant, ist schwierig“, sagt Clement. Und auch sein CSV-Kollege André Bauler ist sich sicher: „Auf jeden Fall wird die Situation unser Budget im nächsten Jahr belasten.“

Ein Fünkchen Hoffnung darauf, dass die Dinge wenigstens hinsichtlich des Tripartite-Abkommens dann doch wie geplant laufen könnten, streut der Grünen-Politiker François Benoy: „Momentan ist die Tranche für August vorgesehen. Es gibt die Möglichkeit, dass sie eventuell im Juli kommen könnte, aber es ist nicht so, dass der Statec-Direktor sich darauf festgelegt hat.“ Statec habe gesagt, dass es schon oft passiert sei, dass eine Tranche dann doch nicht früher gefallen sei.