EditorialPolitischer Mut statt populistischer Diskurse: Zur Sicherheitsdebatte um das Bahnhofsviertel

Editorial / Politischer Mut statt populistischer Diskurse: Zur Sicherheitsdebatte um das Bahnhofsviertel
 Foto: Editpress/Tania Feller

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Seit dem vergangenen Wochenende und dem Vorfall um die Hundeattacke im hauptstädtischen Bahnhofsviertel ist die Diskussion um die Sicherheit erneut entbrannt. Erst hielt Bürgermeisterin Lydie Polfer eine etwas abstruse Pressekonferenz, die einen an ihrem Demokratieverständnis zweifeln ließ. Sie warf kurzerhand die Gewaltenteilung über Bord, spielte Anklägerin, Richterin und Henkerin zugleich, um den Einsatz einer privaten Sicherheitsfirma in dem Viertel zu rechtfertigen.

Am Mittwoch trat dann der Parlamentsausschuss für innere Sicherheit und Verteidigung zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Es ging um den umstrittenen Einsatz der privaten Sicherheitsfirma, die im öffentlichen Raum patrouilliert, und um eine stärkere Polizeipräsenz im Bahnhofsviertel. Dass es dort ein Kriminalitätsproblem gibt, steht außer Frage. Dass der Fokus auf eine Law-and-Order-Politik allerdings zu kurz greift, scheint ebenfalls klar. Die aktuelle Sicherheitsdebatte geht deswegen einmal mehr nicht weit genug. Henri Kox („déi gréng“), Minister für Innere Sicherheit, hat am Mittwoch auf den Maßnahmenkatalog einer interministeriellen Arbeitsgruppe verwiesen, der im Oktober vorgestellt werden soll und in dem zahlreiche Präventionsmaßnahmen enthalten sein sollen.

Die Situation im Bahnhofsviertel ist jedenfalls nur mit einem ganzheitlichen Ansatz zu verbessern. Anstatt Vorfälle wie den vom vergangenen Wochenende politisch auszuschlachten und teilweise populistische Diskurse zu führen, bräuchte es vorrangig politischen Mut in einem wichtigen Punkt, in dem sich Luxemburg seit jeher schwertut: der Drogenpolitik. Dass hier mit Repression nicht viel zu erreichen ist, ist hinlänglich bekannt. So würde massive Polizeipräsenz im Bahnhofsviertel oder eine Ausweitung der Videoüberwachung das Problem höchstens verlagern.

Dass eine liberale Drogenpolitik zum Erfolg beiträgt, hat Portugal in den vergangenen 20 Jahren gezeigt. Seit 2001 ist der Drogenkonsum entkriminalisiert. Der Konsum von weichen wie harten Drogen ist nur noch eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat. In Portugal hat man sich dazu entschlossen, auf Prävention und Drogenersatzprogramme zu setzen.

Seitdem ist nicht nur die Zahl der Teenager, die schon einmal harte Drogen genommen haben, gesunken, auch die Beschaffungskriminalität ist zurückgegangen. Der liberale Ansatz und die Freigabe aller Drogen, die dann auf Rezept beim Arzt oder in der Apotheke erhältlich wären, sind die einzige Möglichkeit, den Markt der Dealer zu zerschlagen. Die Polizei müsste sich nicht mehr mit kleinkriminellen Drogenhändlern herumplagen, deren Festnahme absolut nichts an der Situation verändert.

Doch so lange Luxemburg in Sachen Drogenpolitik weiterhin auf Repression setzt, wird die Sicherheitsdebatte immer wieder aufflammen, lediglich der Hotspot könnte sich verlagern.

Anatole
11. September 2021 - 15.45

Wann e Mann en Hond gebass hätt, géif ech dee Wierbel jo verstoen, awer Hënn bäisse Leit all eenzelen Dag.

H.Horst
10. September 2021 - 23.56

Es ist populistisch zu behaupten Repression würde das Problem lösen. Iran und die Philippinen sind schlagende Beweise, dass auch eine grosszügige Verhängung von Todesstrafen bzw. extralegale Tötungen quasi keinen Einfluss auf den Konsum hat.....Also, was wollen sie uns hier als revolutionäre Idee verkaufen auf die die Politikversager noch nicht gekommen sind.....?

Wieder Mann
10. September 2021 - 9.43

Wenn bestimmte Politiker und Bürger sich um die Sicherheit der Bürger sorgen, ist dies kein populistischer Diskurs , sondern die Fakten und Tatsachen an den Pranger stellen , deren Ursachen die politischen Machthaber verschlampt, verursacht haben.