EditorialLicht am Ende des Corona-Tunnels: Nicht „seehöflich“

Editorial / Licht am Ende des Corona-Tunnels: Nicht „seehöflich“
Offene Grenzen verheißen Aufbruchstimmung. Leider können nicht alle diesem Gefühl etwas abgewinnen. Foto: Marco Goetz

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Aufbruchstimmung. Es geht voran. Also zurück. Zurück auf die Schulbank, in die Betreuungseinrichtungen und auf die Sportplätze. Zurück zur Arbeit und in die Geschäfte. Schritt für Schritt kehrt, wie es so schön heißt, wieder Normalität ein. Zumindest hat es den Anschein.

Selbstverständlich führen diese Schritte zurück in die Zukunft. Das Leben steht ja nicht still, ganz gleich, was passiert, sondern dreht sich weiter. Wie die Erde. Ob mit oder ohne uns – aber das ist ein anderes Thema.

Jedenfalls herrscht jetzt schon leichte Jubelstimmung. Schulterklopfen. Wir haben es geschafft. Also fast. Denn noch blendet das vermeintliche Licht am Ende des Tunnels unsere Sicht. Wie gut oder wie schlecht es nun wirklich vorwärts zurück auf Los geht, ist nicht klar zu deuten.

Noch sind im Nebel des Ausnahmezustandes längst nicht alle Opfer gezählt, nicht alle Schäden erkennbar. Zudem kann der Weg nach vorne auch ein Schritt zurück in die Vergangenheit sein. Zum Beispiel in eine Art Renaissance der Nationalstaaten. 

Wie fruchtbar dieser Schoß noch ist, haben wenig „seehöfliche“ Politiker aus unseren Nachbarländern gezeigt, als sie teils unangekündigt, à la „Niemand hat die Absicht“, eine Mauer durch das blühende „Europa der Regionen“ bauten. Mitten hinein in die Keimzellen europäischer Demokratie. Dorthin, wo Schumans Idee von unten heranwachsen durfte und nicht von oben herab dekretiert zu werden brauchte. Dreist. Ein Unding gegen den europäischen Geist.

Luxemburg hatte dieser feindselig anmutenden Aktion nicht viel entgegenzusetzen – nicht einmal die Bürgermeister von der anderen Moselseite. Es breitete sich Ohnmacht aus, wie wohl auch in anderen europäischen Staaten. Aber was hätte ein noch lauteres Meckern in Berlin, Brüssel und Paris auch gebracht? Noch drastischere Grenzschließungen? Das komplette Versiegen der Grenzgängerströme?

Wie es aussieht, sind Verfolgungsjagden auf Brücken und Bußgeldorgien bald vorbei. Der Weg zurück in die Normalität wird auch einer über wieder geöffnete territoriale Grenzen sein. Vergessen sollte man das Geschehene nicht und Konsequenzen ziehen. So könnten die Menschen, die in Grenzregionen leben, sich für die Zukunft wappnen und zum Beispiel mehr regionale Autonomie beanspruchen.

Verantwortungsvoll und auch etwas versöhnlich darf man sich jetzt, freudig erregt, dem Aufbruch widmen. Und jene, die heute „Nie wieder“ rufen. Also: „Nie wieder zum Shoppen und Schlemmen nach Trier, Metz oder Arlon“, selbst die werden beim Startschuss losrennen – instinktiv, weil er oder sie es immer so gemacht hat. Weil Aufbruchstimmung auch von Ausbruchsgefühlen begleitet wird – und weil der Mensch vergisst und verdrängt. 

Aber was ist mit jenen, die bereits vor Corona eher betrübt denn himmelhochjauchzend waren? Der Aufbruchstimmung werden sie nicht viel abgewinnen können. Denn dass es wieder wie vorher wird, beruhigt sie kaum. Der Weg aus der jetzigen Krise ist für sie nämlich kein Ausbruch. Es ist lediglich ein Weg zurück. Unter Umständen in ein noch elenderes Gefängnis der Armut und der bleibenden sozialen Distanz.

Miette
13. Mai 2020 - 20.54

@Anke- Martina Haase Ich habe den Link an Familie und Freunde weiter geleitet???

de queschen Eisleker
13. Mai 2020 - 20.49

Sinn all eis Grenzen ab Samschdeg op, oder nëmmen déi preisesch? Keen weess et genau. Wat eng Chaos! Vläicht wäert d'Madame Le Pen enges Daags zu Paräis regéieren. Et gëtt nach méi Versoen do wéi bei deenen aneren Länner. Letzebuerg as tatsächlech: "Der Einäugige unter den Blinden". Mir musse méi onofhängeg vun eisen Noperen ginn, vun ALLEN!

Anke-Martina Haase
13. Mai 2020 - 18.16

Die Grenzschließungen waren von allen Seiten falsch, zumindest hätte es von Anfang an Ausnahmen für alle grenznah Wohnenden geben müssen. Die belgischen Grenzen sind immer noch zu, was in unserer Region stark abgelehnt wird aus allen drei Ländern, denn es gibt sehr viele private und familiäre Kontakte über die Grenzen hinweg. s.auch https://www.openpetition.eu/be/petition/online/aufhebung-des-aus-und-einreiseverbotes-fuer-in-belgien-lebende-personen Und in dieser Zeit werden wir und die belgischen, luxemburgischen, französischen und niederländischen Bürger/innen auch noch mit einem Atommüllendlager-Schnellverfahren in Belgien konfrontiert! Wir brauchen ein demokratisches Europa der Regionen ohne ,gleich welche, Nationalismen! Anke-Martina Haase, Aachen (700m v. B)

jean-pierre goelff
13. Mai 2020 - 18.01

Ach,ihr lieben Lëtzeburger,der Seehofer ist und bleibt nun eben ein bayrischer Sepp,und bei seinem Tun war wahrscheinlich auch ein bisserl Neid über unser reiches Ländle ausschlaggebend!Gleiches trifft doch auch auf die französischen Gesellen zu,ich habe den Vorteil ihre Einbildungen über unsere Heimat fast tagtäglich verkraften zu müssen.Bitte,bitte,Leute,schaut nach vorne,an dem was hinter uns liegt können wir nix ändern!Und,noch was,Corona wird früh oder spät der Garaus gemacht werden,aber gegen die menschliche Dummheit wird nie ein Kraut wachsen !

Angie
13. Mai 2020 - 14.53

Ich gebe der miette recht. Wir sollten nicht alles in einen topf werfen. Der seehofer hat die grenzsperrung eingeleitet und nicht das volk?

J.Scholer
13. Mai 2020 - 12.03

@HTK: Spätestens in einigen Monaten wird der letzte Bürger verstanden haben, die bisherige Konsumgesellschaft wird es so nicht mehr geben, der Urlaub in fernen Landen auch nicht. Die Freiheit wird eingeschränkt durch die elektronische Überwachung mit Begründung dem Virus den Riegel vorzuschieben eingeführt. Seit dieser Krise wissen wir die EU hat versagt, das Vertrauen ist hin. Definitiv kann man keinem Bürger verübeln, wenn alte Wunden gegenüber Deutschland aufgerissen werden.Die beiden Weltkriege waren Lehre , unser Nachbar scheint nichts aus ihrer Geschichte gelernt zuhaben . Vertrauen zerstört man schnell, dies wieder kitten oft nicht möglich.

de béise Minetter
13. Mai 2020 - 8.39

Léiwen queeschen Eisleker: da muust dir awer och , wann der wierklëch konsequent wëllt sinn, ob auslännesch Produkter verzichten. Ob dir ären Sixpack Erdinger Sc..eissbier hei oder zu Tréier kaaft, äre Peuschot zu Ettelbréck oder zu Metz, ännert nët vill dorunn dass sech déi béis auslännesch Betrieber d'Kees fëllen.

HTK
13. Mai 2020 - 8.37

Europa scheint noch immer ein zartes Pflänzchen zu sein. Wenn Seehofers und andere Nationalisten (Mir sann mir) das Sagen haben wirds schwer. Aber es wird.Und was wir daraus machen hängt von uns ab.Wir sind eine Konsumgesellschaft ,leben in Friedenszeiten und wollen unsere Freiheit genießen,daran wird sich nichts ändern,ausser wir schlagen uns wieder die Köpfe ein. Unmöglich ist das bei Weitem nicht,denn wenn man verschiedene Nasen an der Führungsspitze sieht,kann einem Angst und Bange werden.

Miette
12. Mai 2020 - 21.45

Seehofer und co. sind nicht meine Freunde und werden es niemals werden. Jedoch sind unsere Handwerker, Geschäfte und persönlichen Freunde aus dem Grenzgebiet nicht schuld am Versagen der deutschen Grenzpolitik. Ich bin von Natur her treu wie eine Saatkartoffel und bleibe weiterhin Freundin und Kundin in unseren Grenzländern. Ich bin Europäerin und lasse mich nicht im "Dorf Luxemburg" einzäunen.

De queschen Eisleker
12. Mai 2020 - 20.07

De Motto fir en gudde letzebuerger Patriot muss nou sin: Ech kaafen doheem, hei am Land an ennerstetzen eis Geschäfter, Restauranten asw.! A mir hunn gesinn datt mir komplett ofhängeg vun eis selwer sinn, net vun eise gudden Noperen ronderëm. Mee, dat ass net schlemm! Mer sollten eis awer doriwwer erenneren!

J.Scholer
12. Mai 2020 - 20.06

Der 10. Mai 1940 bleibt dem Luxemburger in Erinnerung, wo Völkerrecht mit Füssen getreten wurde.Die Covid Pandemie bleibt dem Luxemburger in Erinnerung , wo zwar Völkerrecht nicht mit Füssen getreten wurde, aber vermeintliche Freunde keine Freunde sind.