KundgebungMenschen mit Beeinträchtigungen fordern: „Keine weiteren Behinderungen“

Kundgebung / Menschen mit Beeinträchtigungen fordern: „Keine weiteren Behinderungen“
Gleiche Rechte für alle lautet die simple Botschaft der Kundgebung am Samstag  Foto: cirquedesprit - Fotolia

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Unter dem Motto „Keng weider Behënnerung“ findet am Samstag, 7. Oktober, also einen Tag vor den Wahlen, vor der Chamber eine Kundgebung statt. Die Organisatorin fordert, dass Personen mit speziellen Bedürfnissen endlich die gleichen Rechte erhalten wie alle anderen Menschen. Auslöser ist die Weigerung der Pensionskasse, einer Frau, nach 40 Jahren in einer Beschäftigung, die vorzeitige Pensionierung zuzugestehen.

Die 56-jährige Jacqueline Schockmel ist seit ihrem 16. Lebensjahr bei der Ligue HMC beschäftigt. Nun, nach 40 Jahren Arbeit, möchte sie in die vorzeitige Pension. Ihr Antrag wurde jedoch von der Pensionskasse abgelehnt, mit der Begründung, es fehlten ihr noch 28 Beitragsmonate. Der Bericht über diesen Fall auf RTL vom Donnerstag, 28. September, habe sie so sehr aufgeregt, dass sie sich entschied, kurzfristig eine Demonstration für Behindertenrechte zu organisieren, sagt Marie-Marthe Muller dem Tageblatt.

Die Argumentation der Pensionskasse richte sich zwar strickt nach dem Gesetz, doch sei deshalb noch lange nicht gerecht. Laut Jacqueline Schockmel sei sie selbst wahrscheinlich nicht die Einzige, die sich in einer solchen Situation befindet. Man müsse bedenken, dass immerhin rund fünf Prozent der Bevölkerung Menschen mit speziellen Bedürfnissen sind.

Der Grund hierfür liegt in einer Gesetzeslücke: Die Frau arbeitet in der Tat seit 1983 für die HMC, doch erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Einkommen von behinderten Menschen im September 2003 erhielt sie im Juni 2004 einen Arbeitsvertrag und zahlte ab dem Moment Beiträge in die Pensionskasse. Wie der ehemalige Familienminister Marc Spautz in dem erwähnten Fernsehbeitrag zugibt, seien 2003 die nun erwähnten Fälle „vergessen“ worden. Vor 2003 seien die Betroffenen mit dem RMG entschädigt worden und hätten keine Pensionsbeiträge eingezahlt.

Eine Ungerechtigkeit findet nicht nur die Betroffene und die Organisatorin der Kundgebung, sondern auch die vier Vereinigungen „Nëmme mat eis!“, „Trisomie 21“, „Wäertvollt Liewen“ und „Zesumme fir Inklusion“, die sich spontan bereit erklärten, die Sache zu unterstützen.

Marie-Marthe Muller, die selber in der Vereinigung „Nëmme mat eis!“ und auch politisch bei den Piraten aktiv ist, weist ausdrücklich darauf hin, dass sie die Initiative zu der Demonstration als Privatperson nahm. „Den Antrag bei der Gemeinde Luxemburg habe ich in meinem Namen eingereicht.“ Die Stadt habe – nebenbei bemerkt – sehr schnell reagiert: Bereits am darauffolgenden Tag habe sie den positiven Bescheid erhalten.

Forderungen an die zukünftige Regierung

Die Forderungen seien einfach. Keine weiteren Behinderungen für Behinderte. Wegen eines Falls in ihrer Familie wisse sie aus erster Hand, wie kompliziert es für Betroffene sei, da sie sich mit drei Ministerien herumschlagen müssen: Familienministerium, Ministerium für soziale Sicherheit und Arbeitsministerium; geht der oder die Betroffene noch zur Schule, habe noch das Bildungsministerium mitzureden. Diese Kompetenzaufsplitterung gehe nur zulasten der Betroffenen.

Die betroffenen Personen müssten eine rückwirkende Absicherung ihrer Pensionsansprüche erhalten, auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes von 2003. Ihre Rente sollte nicht durch einen Spezialfonds bezahlt werden, so wie es der Minister für soziale Sicherheit, Claude Haagen, vorschlägt.

Weitere Forderungen an die zukünftige Regierung sind: die Möglichkeit einer beruflichen Weiter- und Ausbildung in den sogenannten „Ateliers d’inclusion“; Inklusion sowohl in der Ausbildung als auch auf dem ersten Arbeitsmarkt, eine angemessene Versorgung im Gesundheits- und Pflegewesen, eine persönliche Betreuung und eine Ombudsperson für die Belange der Betroffenen. Alles in allem wollen die Betroffenen in der Lage sein, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

„Im Prinzip sind alle Menschen gleichgestellt, also darf es auch keine Diskrimination geben, schließlich hat Luxemburg die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben, die besagt, dass Personen mit einer Behinderung dieselben Rechte haben müssen wie alle anderen Menschen“, argumentiert Marie-Marthe Muller.