NationalmannschaftSerbien als Sprungbrett zu einer Top-Liga: Zu Besuch bei FLF-Nationalspieler Seid Korac

Nationalmannschaft / Serbien als Sprungbrett zu einer Top-Liga: Zu Besuch bei FLF-Nationalspieler Seid Korac
Tiefenentspannt und gut gelaunt erschien Seid Korac zum Interviewtermin  Foto: Anita Novak

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Ein möglicher Wechsel in die USA, es gab ein konkretes Angebot von einem MLS-Klub, wäre vielleicht attraktiver gewesen. Doch Seid Korac entschied sich, aus sportlichen Gründen, in Europa zu bleiben und unterschrieb im Januar beim serbischen Traditionsverein Vojvodina Novi Sad, wo er bislang Top-Leistungen abliefert. Am Dienstag bestreitet er das Pokalfinale.

Als Seid Korac bei Vojvodina vorgestellt wurde, strotzte er vor Optimismus und Selbstvertrauen. „Ich werde alles geben, um Vojvodina zu helfen, wieder zur Spitze im serbischen Fußball zu kommen. Wir wollen in jedem Spiel gewinnen und ich bin sicher, dass wir schon im Herbst in der Gruppenphase in Europa spielen werden. Außerdem wollen wir auch den Pokal holen. Als ich mit den zwei Trophäen, die Vojvodina als Pokalsieger gewonnen hatte, fotografiert wurde, hab ich mir das vorgenommen“, sagte er im Januar.

Bei dieser Kampfansage fügte er auch hinzu, er sei sicher nicht nach Novi Sad gekommen, um hier Kaffee zu trinken. Beim Besuch vom Luxemburger Tageblatt machte er freilich gerne eine Ausnahme: Entspannt und gut gelaunt erschien er pünktlich bei unserem vereinbarten Treffpunkt auf der Petrovaradin-Festung, einem der Wahrzeichen von Novi Sad. Am Abend zuvor hatte Vojvodina einen 5:0-Sieg gegen Napredak Kruševac gefeiert und sich die Teilnahme an der Conference-League-Qualifikation gesichert. Dabei bot Korac erneut eine saubere Leistung und erzielte den Treffer zum 3:0, sein erstes Tor für Vojvodina in der Liga.

„Phänomenales Gefühl“

Viel wichtiger war sein Tor unlängst im Cup-Semifinale, auswärts gegen Radnički 1923 Kragujevac, als er, aus dem Spiel heraus, per Kopfball in der Nachspielzeit das entscheidende Tor zum 1:0-Sieg machte. Das Finale gegen Roter Stern Belgrad ist am Dienstag (21. Mai) in Loznica. Somit ist Korac, nach Gerson Rodrigues (Meister mit Slovan Bratislava) und Pokalsieger Anthony Moris, der dritte Nationalspieler Luxemburgs, der in dieser Saison mit seinem Verein im Ausland einen Titel feiern könnte. „Es war ein phänomenales Gefühl. Als der Ball im Netz landete, dachte ich, dass ich vor Glück explodieren werde. Ich hatte ja gleich nach meiner Ankunft in Novi Sad gesagt, dass ich bereits in dieser Saison Cupsieger werden möchte. Ich war total fokussiert, ging bei einem der letzten Angriffe mit nach vorne und verwertete eine Flanke von Savicevic am langen Pfosten zum Siegtreffer. Wir waren die klar bessere Mannschaft und es wäre unglücklich gewesen, wenn die Entscheidung im Elfmeterschießen gefallen wäre“, schilderte Korac den Triumph im Halbfinale.

Der Verteidiger hat sehr souveräne Leistungen für Vojvodina geboten
Der Verteidiger hat sehr souveräne Leistungen für Vojvodina geboten Foto: Aleksandar Djorovic

Unabhängig von den sportlichen Erfolgen, scheint sich der 22-jährige Luxemburger in der Heimat seiner Eltern sehr wohl zu fühlen. „Novi Sad ist eine schöne Stadt, nicht zu groß und hektisch. Ich fühle mich hier sehr wohl. Vom ersten Tag an spürte ich, dass ich im Klub willkommen bin. Schon nach dem ersten Training haben mich meine neuen Teamkameraden ins Café eingeladen. Als Moslem ist mir mein Glaubensbekenntnis sehr wichtig. Früher, bei meinen Vereinen in Schweden und Dänemark, ebenso in Luxemburg, sogar kürzlich im Nationalteam, hatte ich während des Ramadan-Fastenmonats oft Probleme. Ehrlich gesagt hatte ich befürchtet, dass es auch in Serbien ähnlich sein würde. In Dänemark wollte mich der Trainer überreden, nicht zu fasten. Ich wurde sogar vom Mannschaftstraining ausgeschlossen. Hier kam am ersten Tag des Ramadans unser Trainer auf mich zu und gratulierte mir zum Feiertag. Das war ein Schock, ich hatte so etwas nicht erwartet. Danach gratulierten mir auch alle Spieler. In unserem Klub-Restaurant haben mir dann die Köchinnen eine Extra-Portion aufgehoben, damit ich zu meiner Zeit essen konnte. Ich bin wirklich glücklich und dankbar, wie ich hier aufgenommen wurde“, erzählte der Verteidiger.

Mit seinen Vereinen in Dänemark und Schweden hatte Korac das Pech, beide Male abzusteigen. Mit Esbjerg in die dritte Liga, mit Degerfors in die zweite. Dass der 22-Jährige einen guten Sinn für Humor hat, wurde beim Gespräch deutlich: Auf die scherzhafte Bemerkung, es sei gut, dass Vojvodina nicht gegen den Abstieg spielt, gab es vom Fußballer ein „High five“ und ein großes Lachen. Der Ober öffnete einen Sonnenschirm und brachte Espresso und Mineralwasser an den Tisch.

Zunächst war ich kurz davor, in die USA zu wechseln. Auch Maxime Chanot gab mir den Ratschlag, in die MLS zu kommen. Als jedoch das Angebot von Vojvodina kam, wusste ich sofort, dass dies die beste Entscheidung für mich ist.

Seid Korac, FLF-Nationalspieler

Dann erzählte Korac, wie es zum Transfer zu Vojvodina gekommen ist. „In Schweden hatte ich, was meine Leistungen betrifft, eine ordentliche Saison. In der Statistik zählte ich zu den besten zentralen Abwehrspielern in der Liga. Am Schluss sind wir leider abgestiegen und ich musste einen neuen Klub finden, damit ich irgendwo auf höherem Niveau spielen kann. Zunächst war ich kurz davor, in die USA zu wechseln. Auch Maxime Chanot gab mir den Ratschlag, in die MLS zu kommen. Als jedoch das Angebot von Vojvodina kam, wusste ich sofort, dass dies die beste Entscheidung für mich ist. Vojvodina ist einer der größten Klubs auf dem Balkan, ein Verein mit einer reichen Tradition und mit großen Ambitionen für die bevorstehenden Jahre.“

Seid Korac will am Dienstag den Pokal in Serbien gewinnen
Seid Korac will am Dienstag den Pokal in Serbien gewinnen Foto: Aleksandar Djorovic

Bislang läuft es für Korac bei seinem neuen Verein, wie man es sich nur wünschen kann. Er ist Stammspieler, bietet eindrucksvolle Leistungen und ist sowohl in der Mannschaft als auch bei den Fans beliebt. Auch seine Fair-Play-Bilanz – in 16 Spielen lediglich zwei Gelbe Karten – ist vorbildlich.

Italien oder England

Wir unterhielten uns auch über die Hoffnung, dass sich die Gelegenheit ergeben wird, sein Idol Nemanja Vidic kennenzulernen, über die Zuversicht, dass er bei den bevorstehenden Länderspielen gegen Frankreich und Belgien mit dabei sein wird, die Vorfreude auf den baldigen Griechenland-Urlaub mit seinen Freunden sowie über Ligen, in denen er eines Tages gerne spielen würde. „Ehrlich gesagt rede ich ungern über mich selbst, über meine Form, meine Leistungen und Ambitionen für die Zukunft. Trotzdem kann ich sagen, dass ich weiß, welche Qualität ich besitze, und dass ich mit dieser Qualität in der Spitze des europäischen Fußballs spielen kann. Da bin ich mir ganz sicher. Am attraktivsten finde ich die italienische Liga. Da gefällt mir alles – vor allem aber die großen Klubs wie AC Mailand, Inter, Juventus, Napoli oder Fiorentina. Ebenso faszinieren mich auch die großen Vereine in der Premier League, Liverpool, Manchester United und all die anderen Klubs. Ich wünsche mir, einmal in einer dieser Ligen zu spielen. Dies wäre sicherlich der Höhepunkt meiner Karriere“, erzählte er.

Beim Abschied betonten wir, dass er eingeladen sei. Als wir jedoch ein paar Minuten später zahlen wollten, sagte uns der Ober, dass Korac die Rechnung bereits beglichen habe.

Der FLF-Nationalspieler hat einen Vertrag bis Sommer 2027, sollte er jedoch auch in der kommenden Saison regelmäßig Top-Leistungen bringen, ist es nur eine Frage der Zeit, wann er auf dem Radar von Klubs aus stärkeren Ligen auftauchen wird. Dann freuen wir uns schon auf den nächsten Besuch bei ihm. Vielleicht irgendwo in England oder Italien …

Das Endspiel

Serbischer Pokal, Finale:
Am Dienstag um 20.15 Uhr: Roter Stern Belgrad – Vojvodina