EditorialBald kommt das neue Informationszugangsgesetz – oder nicht?

Editorial / Bald kommt das neue Informationszugangsgesetz – oder nicht?
Premierminister Luc Frieden beim Neujahrsempfang für die Luxemburger Presse im Januar: „Ein gesetzlich verankertes Informationszugangsrecht nach deutschem oder Schweizer Vorbild“ Foto: Editpress/Alain Rischard

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Seit Jahren, nein, Jahrzehnten sehnen Journalisten sich ihm entgegen: einem echten Informationszugangsrecht. „Noch vor dem Sommer“ soll dem Regierungsrat ein Gesetzesentwurf „nach deutschem oder Schweizer“ Vorbild vorgelegt werden. Das hat Premier Luc Frieden persönlich so gesagt. Im Januar, beim Presseneujahrsempfang.

Nicht nur die Journalisten, auch die Behörden scheinen derzeit auf neue Regeln zu warten. Das hat sich auch wieder am Pfingstwochenende gezeigt, an dem ein Amtsträger einem Tageblatt-Journalisten mit dem Anwalt und einer Informationssperre gedroht hat. Warum? Der Journalist wollte dem Staatsdiener Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben, weil gegen den Beamten öffentlich Anschuldigungen erhoben worden waren.

Zugegeben, solche Zwischenfälle kommen nicht jeden Tag vor. Aber doch zu oft. Man gewinnt den Eindruck, als ob die Behörden immer unsicherer würden, wie sie mit der Presse umgehen sollen. Das ist eine sehr schlechte Entwicklung. Sie hat aber wohl auch ganz praktische Ursachen: zu wenige Leute an wichtigen Stellen. Zu wenige Experten, die sowohl die Medien als auch die Behörden verstehen. Und die Angst, etwas Falsches zu sagen und deshalb ordentlich den Kopf gewaschen zu bekommen. Es fehlen klare und praxisnahe Regeln. Ein Informationszugangsgesetz eben.

Was bis jetzt noch keine Regierung kapiert hat: Der geregelte Informationszugang ist nicht nur ein Segen für die Demokratie und eine Verbesserung für die journalistische Arbeit. Nein, er sorgt auch für klare Verhältnisse in den Behörden, für die Beamten und Pressesprecher.

Idealerweise wird denen nämlich eine Riesenlast von den Schultern genommen. Wenn gesetzlich vorgeschrieben ist, dass einfach kommuniziert werden muss, was angefragt wird – dann braucht es keine Entscheidungsprozesse mehr, kein Abwägen und kein Abnicken und keine Unsicherheit. Dann liegt die Verantwortung für eine gute Story nur noch bei den Journalisten. Wir übernehmen sie gerne.

Nur zu Erinnerung: Die Eigentümer der Informationen des Staats sind nicht die Behörden – es ist die Öffentlichkeit. Es sollten nicht die Behörden sein, die darüber entscheiden, was sie wie über ihre Arbeit kommunizieren, sondern die Bürger und die Öffentlichkeit. Denn nur für die sind die Behörden da. Und es ist die Aufgabe der Presse, als Agent dieser Öffentlichkeit, diese Informationen auszuwerten.

Öffentlichkeitsarbeit in einer Demokratie ist nicht nur, eine Werbekampagne für ein neues Logo zu starten oder eine Pressemitteilung darüber zu veröffentlichen, was der Minister gearbeitet hat. Öffentlichkeitsarbeit in einer Demokratie ist auch, sich kritische Fragen gefallen zu lassen. Und vor allem: sie auch zu beantworten.

Die Umsetzung eines funktionierenden Informationszugangs, einer guten Kommunikation zwischen Staat und Presse ist eine immense Aufgabe. Sie erfordert mehr Personal in den Pressestellen, neue Workflows und den Abbau von lange aufgebauten mentalen Barrieren und Unsicherheiten. Am Ende werden aber alle davon profitieren. Die Presse, die Pressestellen, die Demokratie – und auch die Regierung. Die kann sich dann attestieren, wieder näher an die Menschen in diesem Land gerückt zu sein. Weil sie ehrlich und transparent mit ihnen redet.

Noch in diesem Sommer soll also ein Entwurf für ein Informationszugangsgesetz kommen. Hoffentlich hat der neue Luc seine Ankündigung nicht vergessen. Das ist bei dem einen oder anderen Vorgänger nämlich schon passiert.

Plebs
21. Mai 2024 - 13.12

Im Jahr 2000 legte der Abgeordnete Alex Bodry einen Gesetzesentwurf vor, der den Zugang zu Informationen für alle und nicht nur für JournalistInnen regeln sollte. (https://legilux.public.lu/eli/etat/projet/ppl/10000)2017 wurde dieser Gesetzesentwurf zurückgezogen, und es scheint bis heute niemanden zu stören. Dabei ist der freie Zugang zu Informationen ein Menschenrecht. Er ist die Bedingung eines anderen Rechts, das Recht zur freien Meinungsäusserung, das, z.B., durch Artikel 11 der Grundrechtecharta der EU geregelt ist. Luxemburg gehört zu den wenigen demokratischen Staaten, die sich keinen Information act leisten. Es scheint Ausdruck eines tiefgründigen Misstrauens des Staats und seiner Verwaltungen gegenüber dem mündigen BürgerIn zu sein.