Femmes socialistes Maxime Miltgen: Präsidentin ist streitbar und motiviert 

Femmes socialistes  / Maxime Miltgen: Präsidentin ist streitbar und motiviert 
Die Präsidentin der „Femmes socialistes“ ist politisch ein Newcomer. 27 Jahre alt, noch Studentin und halbtags im Innenministerium  tätig. Wenn sie manchmal etwas vermisst, dann die Arbeit in der Gastronomie. „An der Theke hört man, wie die Leute denken und was sie gerade bewegt“, sagt sie. In der politischen „Bubble“ will sie sich nicht ausschließlich bewegen.  Foto: Editpress/Hervé Montaigu 

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Das Erste, was an Maxime Miltgen auffällt, ist ihre Stimme: tief und kehlig. Die 27-Jährige ist seit November 2019 Präsidentin der „Femmes socialistes“, seit 2018 Mitglied der LSAP, studiert Jura an der Uni.lu und arbeitet in der Kommunikationsabteilung des Innenministeriums. Sie ist entwaffnend offen und lässt keinen Zweifel daran, etwas bewegen zu wollen.

Tageblatt: Im November des letzten Jahres gewählt, haben Sie Ihren Posten erst am Weltfrauentag publik gemacht. Spielt der Tag eine große Rolle für Sie?

Maxime Miltgen: Auf jeden Fall. Er erinnert an die Bedeutung des Themas Gleichberechtigung und macht darauf aufmerksam, dass das nicht gelöst ist. Es ist schade, dass sich nur an diesem Tag Menschen zum Thema äußern, aber wenigstens dann.

Sie sind Mitglied der LSAP. Warum hat Sie gerade diese Partei angesprochen? Zumal die großen Volksparteien unter mangelndem Zulauf leiden.

Wenn man sich engagiert, dann ja, weil man sich mit seinen Werten dort wiederfindet. Und für mich war ganz klar, dass es die LSAP ist. Ich kann und darf sagen, was ich denke, auch wenn es unbequem ist. Da finde ich mich wieder.

Manche entscheiden Parteizugehörigkeit aus Kalkül …

Das ist ja das Problem. Kalkül oder Karriereambitionen sind falsche Motive, sich politisch zu engagieren. Es geht nicht um persönliche Profilierung, sondern darum, dass man sich für die Menschen engagieren will. Es gibt eine Verantwortung.

Was sind denn Ihre Werte?

Ich wünsche mir eine Gesellschaft mit mehr Solidarität. Eine Gesellschaft mit mehr Anstand, der nicht davon kommt, dass es per Gesetz geregelt werden muss. Nächstenliebe und Loyalität sollten geachtet werden und nicht Geld und Macht.

Sind Sie eher ein Kopf- oder ein Bauchmensch?

Bauchmensch, ganz klar.

Ihr Vater ist CSV-Mitglied, die Tochter bei der LSAP. Gibt es da beim Frühstück nicht heiße Diskussionen?

Wir sind immer schon eine politisch interessierte und diskussionsfreudige Familie gewesen. Ich bin dazu erzogen worden, mir eine eigene Meinung zu bilden. Ohne Bevormundung oder Beeinflussung.

Sie sind das Gegenteil von politikverdrossen und haben kein Problem damit, sich an eine Partei zu binden. Das ist in Ihrer Generation ungewöhnlich …

Ich habe einen starken Charakter und kann mich durchsetzen. Deshalb möchte ich mich für andere Menschen einsetzen, damit es weiter gut läuft in Luxemburg. Ich glaube daran, dass man in einer Partei bessere Chancen hat, Veränderungen durchzusetzen, als in einer bürgerschaftlichen Bewegung – auch wenn sie durchaus ihre Berechtigung hat.

Sie haben eine Frau als Chefin, hätten Sie den Job im Ministerium auch angetreten, wenn es ein Mann gewesen wäre?

Ja.

In der Krise haben Frauen eine große Wertschätzung erfahren, weil sie in systemrelevanten Berufen arbeiten. Ist das im „Déconfinement“ nicht schon wieder fast vergessen?

Ich befürchte es. Es war ein Hype, wie so oft. Zwar sind die Gesetze in Luxemburg gut, aber ein Gesetz ist ein Gesetz. Man muss kontrollieren, ob es auch umgesetzt wird. Dafür braucht es einen langen Atem. Wir Frauen haben zwar seit hundert Jahren das Wahlrecht, aber in anderen Bereichen hat sich kaum etwas verändert.

Weltweit wird die unbezahlte „Care“-Arbeit von Frauen auf knapp neun Billionen Euro geschätzt. Sie fordern, dass das gesellschaftlich und finanziell anerkannt wird. Wie soll das aussehen?

Das berufliche Umfeld muss sich ändern. Es muss möglich sein, dass Mann und Frau sich gleichberechtigt beruflich und privat verwirklichen können. Immer noch werden viel zu viele Überstunden geleistet, die zu Lasten der Familie gehen. Und meist zu Lasten der Frauen.

Teilzeitjobs sind für viele Frauen immer noch der ultimative Karrierekiller …

Ja woher kommt es denn? Frauen werden beim Wiedereinstieg von ihren Chefs gefragt, ob sie noch ein Kind wollen. Oder sie werden abgestraft, weil sie sich die Babypause genommen haben. Männer können auch zu Hause bleiben. Das sollte die neue Normalität sein.

Aber es gibt doch gerade in Luxemburg genug Initiativen, das zu fördern, Stichwort „Congé parental“. Ihnen reicht das aber nicht, oder?

Meine Erfahrung ist, dass es immer noch zu viele Männer gibt, die von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch machen oder nicht genug. Sie haben Angst um ihre Zukunft in der Firma. Und das ist ja nicht alles. Nach dem „Congé parental“ ist das Kind ja nicht volljährig. Wer kümmert sich dann und stellt die beruflichen Ambitionen zurück? Das sind meistens die Frauen.

War die Corona-Krise eine Chance für Frauen, Männer zum Umdenken zu bewegen?

Ich habe das anfangs so gesehen. Mittlerweile denke ich, der Lockdown war zu kurz, um die überkommenen Rollenbilder zu knacken. Um sich wirklich umzuorientieren, brauchen erwachsene Menschen länger. Meine Hoffnung liegt auf den Kindern.

Was werden Ihre Schwerpunkte bei den „Femmes socialistes“ sein?

Veränderungen in der Arbeitswelt. Ich habe ein Problem mit der immer noch ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen in der gleichen Position. Ich habe ein Problem damit, dass es Aufgabe der „Inspection du travail et des mines“ ist, das zu kontrollieren, sie es aber nicht macht. Und ich habe ein Problem damit, dass es zwar formal in den Unternehmen Gleichstellungsbeauftragte gibt, diese Position aber oft nicht richtig ausgefüllt oder aber von den Chefs belächelt wird.

Zurück zur LSAP: Wie reagieren Sie auf Kritik, die LSAP sei zu weichgespült, zu wirtschaftsliberal und nicht fordernd genug?

Ich finde, dass unsere Leute einen guten Job machen. Dennoch gibt es Grenzen. Man kann nicht immer jedem Bürgerwunsch gerecht werden und manchmal sind auch unpopuläre Entscheidungen fällig. In der heutigen Zeit ist es fatal, immer nur in Fünf-Jahres-Rhythmen zu denken. Das bringt Parteien ohne Ecken und Kanten hervor und ist nicht innovativ oder progressiv. Es geht um Weichenstellungen für die nächsten Jahrzehnte. Die Gründung der EU war damals auch nicht populär. Es hat uns aber viele Jahrzehnte ohne Krieg gebracht.

Apropos EU: Da liegt ja auch einiges im Argen …

Das ist meiner Ansicht nach ein Kommunikationsproblem. Es hapert an Selbstvermarktung. Die EU-Mitarbeiter bringen es nicht fertig, ihre Arbeit richtig zu verkaufen. Vielleicht täte ihnen ein Coaching bei Jean Asselborn gut. Er verkörpert für mich die EU und ist „Mr. Europa“. Viele Bürger wissen gar nicht, was die EU für Vorteile für sie bringt.

Sind Sie hartgesotten genug für die Politik?

Das sehen wir dann … Ich weiß noch gar nicht, ob ich kandidieren möchte. Das lasse ich auf mich zukommen. Ich möchte mich für Dinge einsetzen und das geht auch sehr gut hinter den Kulissen.

Sie sind in der Kommunikationsabteilung und haben mit Sprache zu tun. Gibt es ein persönliches Unwort?

„Framënsch“. Das darf man in meiner Gegenwart nicht sagen.

Wir schreiben das Jahr 2030. Was macht Maxime Miltgen dann?

Kann ich so gar nicht sagen. Ich weiß es nicht. Ich möchte erst einmal mein Studium beenden und danach den Masterabschluss machen. Beim Ministerium möchte ich bleiben, die Arbeit dort gefällt mir gut. Ob das meine Karriere ist? Keine Ahnung. Vielleicht gehe ich irgendwann in die Privatwirtschaft. Ich möchte gerne viele verschiedene Dinge kennenlernen.

alleboesccheisser
21. September 2020 - 8.29

Dei Jong Dame ass jo voll motiveert , hoffen dat dat nach lang unhaelt , Sie huet zumindestens viel gudd ideen an ech hoffen Sie bleiwt der partei nach lang trei , sin och schon's iwer 50 joer do dran .