Tageblatt-Serie Teil 3Lëtzebuerg lieft Sport: Geturnt wird beim Nordstad-Verein von der Windel bis zur Rente

Tageblatt-Serie Teil 3 / Lëtzebuerg lieft Sport: Geturnt wird beim Nordstad-Verein von der Windel bis zur Rente
350 Sportler, von Alt bis Jung, sind in einer (oder mehreren) der zahlreichen Disziplinen des Turnvereins eingeschrieben Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Im dritten Teil der Tageblatt-Serie „Lëtzebuerg lieft Sport“ geht es um konkrete Ansätze und Angebote auf dem Terrain. In Ettelbrück erklärte Alain Wickler, Vizepräsident des Nordstad-Turnvereins, worauf es bei der Planung ankommt.

Alain Wickler ist wohl eine dieser Personen, die man als Vereinsmenschen bezeichnen kann. Als Neunjähriger stieß er damals zum lokalen Turnverein – und blieb ihm bis heute treu. Inzwischen hat er beim Nordstad-Turnverein eine ganze Reihe an Aufgaben übernommen: Als Trainer der Jungs, als Kampfrichter und als Vizepräsident ist der „Bénévole“ sowohl in die sportlichen als auch in die administrativen Angelegenheiten eingebunden. „Ganz schön ausgereizt“ sei der Terminkalender teilweise schon, sagt Wickler. Aus gutem Grund: 483 Sportler, von Alt bis Jung, sind in einer (oder mehreren) der zahlreichen Disziplinen des Vereins eingeschrieben. „Wir waren mal der größte Verein der FLGym“, sagt er rückblickend.

Stolz zeigt er auf die beiden Porträts, die an zentralen Positionen in der Halle aufgeklebt worden sind: Die Landesmeisterin und die Drittplatzierte des vergangenen Championats strahlen um die Wette. „Natürlich will man als Verein gute Ergebnisse vorweisen. Doch Sport muss auch Spaß machen. Wir zwingen niemanden, vier- oder fünfmal die Woche zu trainieren“, so der Vizepräsident. Ein Konzept, das beim klassischen Geräteturnen auf allen Ebenen funktioniert. Die Gruppen werden nach Alter und Niveau eingeteilt. „Wenn uns auffällt, dass ein Kind besser in einer anderen Gruppe aufgehoben wäre, klären wir das mit den Eltern ab. Nur wenn es auch in der Schule gut läuft, ist es überhaupt möglich, öfter zu trainieren.“ Er fügt hinzu: „Wir wollen alle fördern und im Interesse der einzelnen Kinder handeln.“

Sein Blick streift in Richtung der „Débutantes“, die gerade über einen Balken laufen. Betreut wird das Dutzend von Betty Szilagyi, der einzigen hauptamtlichen Trainerin des Vereins. Das ehemalige Mitglied der ungarischen Nationalmannschaft ist über 30 Stunden pro Woche in der Turnhalle. 13 weitere Coaches stehen dem Klub aktuell zur Verfügung. Eine Zahl, die jedes Jahr variiert: „Viele unserer Trainer stammen aus der eigenen Jugend. Vier sind beispielsweise momentan im Ausland, um zu studieren. Wir hoffen natürlich immer, dass sie irgendwann zu uns zurückkommen.“ 

Pandemie und Wartelisten

Denn der Klub platzt aus allen Nähten: Neben der begrenzten Anzahl an Coaches ist auch der logistische Faktor ein Problem. Obschon der Nordstad-Verein aus einer Fusion der Vereine aus Ettelbrück, Diekirch und später Colmar-Berg entstanden ist, fehlt es an freien Trainingsräumen. „Aktuell trainieren wir in Diekirch, Ettelbrück, Schieren, Hosingen und Colmar-Berg.“ Die Wartelisten werden immer länger – und Lösungen sind nicht wirklich in Aussicht. „Wir sind ausgelastet, von den Babys bis zu den Jugendkategorien.“ 

Alain Wickler
Alain Wickler Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Ein Trend, der allerdings nur die Gymnastik betrifft. Über 100 der Freizeit-Lizenzen gingen aufgrund des Lockdowns verloren. „Unsere Mitgliederzahl ging drastisch nach unten. Dabei sind unsere Freizeitaktivitäten sozusagen unsere Milchkuh, die uns über Wasser hält.“ Vom „Rhythm combat“ (einer schweißtreibenden Mischung aus Fitness und Tanz) bis hin zu Pilates, Yoga, Zumba oder Aqua Gym, der Nordstad-Turnverein bietet jede Woche eine Vielzahl von Sportarten an. „Das geht von der Windel beim Baby-Turnen bis hin zu unseren Rentnern. Unser ältestes Mitglied ist Mitte 70. Allerdings können wir als Verein auch keine Disziplin anbieten, wenn sich nur zwei Leute einschreiben. Wir haben eine wirtschaftliche Verpflichtung.“

Ein derart vielfältiges Angebot kann Wickler nur empfehlen. Aufgebaut hat sich die Pluralität fast von selbst: „Die Trainersuche erledigt sich in dieser Hinsicht meist schnell. Man kennt immer jemanden, der jemanden kennt …“ Dass Organisation und Strukturierung für den Vorstand dadurch viel zeitintensiver geworden sind, nimmt er gerne in Kauf: „Gemeinsam mit zwei Freunden habe ich damals hier angefangen – und wir arbeiten heute noch zusammen. Sport ist nicht nur wichtig für den Körper, sondern auch für das soziale Leben.“

So geht es weiter: Nächsten Donnerstag steht die Rolle der Sportkoordinatoren bei der Umsetzung der LTAD-Konzepte im Fokus.