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„Ei, ei, ei, lo ass de Kleeschen hei“: Die meisten Klassen studieren dieses Lied ohne rassistische Absicht ein. Dennoch sollte man einen bestimmten Vers infrage stellen. Foto: Editpress-Archiv

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Kann unschuldiger Sprachgebrauch einen diskriminierenden Unterton haben? In seinem Gastbeitrag wirft der angehende Erziehungswissenschaftler Andy Schammo einen Blick auf Luxemburg und seine Traditionen.

Alljährlich kurz nach Allerheiligen ist die Zeit der Weihnacht. Auch in vielen Klassensälen ist die Tradition des Nikolaus noch fester Bestandteil der schulischen Tradition. Zu dessen Ehre wird mit den SchülerInnen gebastelt und es werden Lieder einstudiert. Ein Lied, das man auch immer wieder hört, ist „Ei, ei, ei, lo ass de Kleeschen hei“. Aus diesem Lied stammt auch die Textpassage „Ih, ih, ih, de Schwaarze kritt eis ni“.

Mit dem „Schwaarzen“ ist in diesem Zusammenhang der Assistent des Nikolaus gemeint, dessen historisch-rassistischer Hintergrund über diesen Artikel hinausgeht, den man allerdings unbedingt aufarbeiten sollte. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrheit der Klassen dieses Lied ohne rassistische Absicht einstudieren und vortragen. Nichtsdestotrotz sollte man doch zumindest diesen Vers infrage stellen.

Sehr viele Kinder und Erwachsene verbinden den Begriff „de Schwaarze“ vor allem mit der Hautfarbe. So berichten heutige Erwachsene, dass sie als Kinder nicht verstanden haben, warum dieses Lied auf die Hautfarbe anspielt und warum die eigene Hautfarbe nicht erwünscht gewesen ist. Erst später habe man den Kontext verstanden. Dieses Beispiel ist eines von vielen, bei denen vermeintlich unschuldiger Sprachgebrauch einen diskriminierenden Unterton entwickeln kann, ohne dass das die Absicht gewesen sein muss.

Keine böse Absicht

Dabei ist Sprache kein emotionsloses und neutrales Kommunikationsinstrument. Sprache ist immer auch Handeln. Die meisten Menschen sind sich der Macht und der Konsequenzen des eigenen Sprachgebrauchs nicht bewusst. Dabei bildet sich der Sprachgebrauch kulturell und zeitlich. Gepflogenheiten und politische Korrektheit variieren mit Epoche und Kontext. Es sind bloße, unreflektierte Äußerungen, hinter denen aber ein großer, weitreichender Gehalt steckt. Wörter können dabei andere beleidigen und diskriminieren, ohne dass man sich dessen bewusst ist.

Dadurch wird Sprache zu einem Macht- und gegebenenfalls zu einem Gewaltmittel. Die Absicht muss dabei keine böse sein, so wie beim Beispiel vom Nikolaus-Lied. Allerdings sollte man sich bemühen, den eigenen Sprachgebrauch zu hinterfragen. Gerade in Berufen mit einer Multiplikatoren-Rolle wie in den Medien, der Politik oder der Erziehung. Das Argument, es sei keine böse Absicht, kann allerdings auch nur bedingt gelten.

„Frauen und Technik“, „Spiel nicht wie ein Mädchen“, „Sei ein Mann“ sind veraltete Floskeln, die so lange und von so vielen abwertend gebraucht wurden, dass diese Aussagen und ähnliche klar negativ behaftet sind. Dass Menschen, die mit diesen Wörtern bezeichnet werden, dies als verletzend wahrnehmen, sollte eigentlich niemanden überraschen. Die Grenze zwischen einer ungewollten verletzenden oder diskriminierenden Äußerung und einer eindeutigen Beleidigung ist äußerst schmal.

Beleidigung und Diskriminierung

Nicht jede Beleidigung ist gleich eine Diskriminierung. Man spricht dann von Diskriminierung, wenn es zu einer systematischen Ungleichbehandlung einer bestimmten Menschengruppe aufgrund von ethnischen, sexuellen oder religiösen Merkmalen kommt. Dabei geht es bei Diskriminierung nicht darum, ob es so gemeint war oder nicht.

Diskriminierender Sprachgebrauch ist in unserer Gesellschaft zu einer Gewohnheit geworden. Man verbindet das Fahrkönnen mit Nationalitäten oder Geschlechtern, man behauptet, Menschen mit einer bestimmten Hautfarbe würden nicht arbeiten wollen oder alle Musliminnen wären unterdrückt. Ein weiteres rezentes Beispiel wäre die Behauptung, dass alle Einwohner einer Gemeinde Teil einer „Drecksgemeng“ wären.

Dass diese Behauptung, genau wie die Betitlung „Drecksfeministen“, auf YouTube beziehungsweise RTLYou geteilt wurde, zeigt, wie einfach es heutzutage ist, diskriminierende Aussagen zu verbreiten. Inwiefern es in solchen Fällen zu Konsequenzen kommt, ist fraglich. Die wenigsten stellen diese pauschalisierenden und diskriminierenden Aussagen infrage und sind sich deren Wirksamkeit bewusst. Dies ist aber deswegen von großer Bedeutung, weil ein verallgemeinernder Sprachgebrauch schnell zu Empathie-Mangel, fehlender Solidarität und einer Verfestigung von Stereotypen führt.

Vorurteile (und Feindbilder) werden so fortwährend erneuert und Menschen negativ abgestempelt. Dass dies kein neuartiges Phänomen ist, zeigt die ganze Bandbreite an Blondinen-Witzen, die eine Gruppe von Frauen aufgrund ihrer Haarfarbe abqualifiziert und systematisch erniedrigt. Sprache funktioniert hier als Stigamisierungswerkzeug.

Dabei entstehen mentale Konstrukte zwischen „uns“ und „denen“. Aber „wir“ unterscheiden uns genauso untereinander, wie auch „die anderen“. Diese Konstruktion eines „wir“ gegen „die anderen“ sichert denen, die zum „wir“ gehören, Privilegien und rechtfertigt den Ausschluss und die Erniedrigung der „anderen“. Dadurch entsteht sowohl ein Überlegenheitsgefühl auf der einen als auch ein Minderwertigkeitsgefühl auf der anderen Seite. Auf die gleiche Art funktioniert Sprache im eingangs erwähnten Nikolaus-Lied.

Dabei schlägt der Text in die gleiche Kerbe wie das Lied „Ween huet Angscht virum schwaarze Mann?“. Es spielt keine Rolle, ob der historische Kontext des Liedes rassistisch ist oder nicht, sondern wie es im heutigen Zeitgeist aufgenommen und interpretiert wird. Ob die Absicht böse ist oder nicht, ist im Zuge dessen ebenso nachrangig wie die eigne Auffassung, ob es diskriminierend ist oder nicht. Behauptet man, dass „dies nicht so gemeint ist“, dann drückt dies ein diffuses Gespür für verwerfliche und zweifelhafte Handlungen und Traditionen aus, für die man selbst nicht verantwortlich sein will.

Wird die Äußerung oder der Sprachgebrauch von einer benachteiligten Gruppe als verletzend empfunden, so ist sie es auch. Die Deutungshoheit liegt dabei nicht bei dem oder der Äußernden. Um dem entgegenzusteuern, wäre ein Lösungsansatz ein „korrekter Sprachgebrauch“. Doch was bedeutet und beinhaltet dieser korrekte Sprachgebrauch?

Korrekte Sprache

Sprache ist ein ständig wandelndes Konstrukt, das von der Epoche, Gesellschaft, Kultur, Situation und vom Kontext abhängt. Was man in den eigenen vier Wänden äußert, gehört nicht immer auf soziale Netzwerke. Hinzu kommt die Wandelbarkeit der Bedeutung von Begriffen. „Normale“ Begriffe ändern sich mit der Zeit und können durch deren Benutzung eine Verschlechterung ihrer Bedeutung erfahren.

Ein Beispiel wäre die Bezeichnung „Mensch mit Migrationshintergrund“. Diese wurde vor einem Jahrzehnt noch fast vollends wertfrei benutzt, doch wird mittlerweile fast ausschließlich in einem negativen Kontext diskutiert. Ein alternativer Begriff aus der Sprachwissenschaft wäre „Diverskulturelle“, der auch der großen Heterogenität innerhalb dieser Gruppe gerechter würde. Ein weiterer mittlerweile negativ benutzter Begriff ist „Flüchtling“. Neben der medialen Stigmatisierung wird die Endung „-ling“ im deutschen auch oft als Erniedrigung eingesetzt. Immer öfter wird daher auf den Begriff „Geflüchtete“ zurückgegriffen.

Ähnlich wie bei diesen Begriffen hat sich auch die Bedeutung und die Interpretation einiger luxemburgischen Wörter und Liedtexter geändert. Dabei ist es wichtig, den eigenen Sprachgebrauch zu hinterfragen und anzupassen, gerade wenn man keine böse Absicht hat. Es muss dadurch nicht zu einer Zensur von Geschichte und Tradition kommen. Jedoch ist es dann unabdingbar, dass man sich die Zeit nimmt, Kulturgegenstände wie Liedtexte angemessen zu kontextualisieren und in diesem Fall mit den SchülerInnen aufzuarbeiten. Zudem wäre es falsch, individuelle Diskriminierung als isolierte Einzelfälle zu behandeln.

Die persönliche Form der Ausgrenzung kann nicht ohne die gesellschaftlichen und systemischen Rahmenbedingungen stattfinden. Ein Umfeld, das bewusste und unbewusste Diskriminierung duldet, ermöglicht oder nicht ausreichend sanktioniert, bietet der Diskriminierung Platz und Nährboden in unserer Gesellschaft. So muss es gesamtgesellschaftlich, aber vor allem in Berufen, wo Sprache eine große Rolle spielt, zu einem ständigen Reflektieren des Sprachgebrauchs kommen. Die Verantwortung liegt folglich bei uns allen.

* Andy Schammo studiert Erziehungswissenschaften an der Universität Luxemburg und schreibt seine Abschlussarbeit zum Thema „Institutionelle Diskriminierung im Luxemburger Bildungswesen“. Er setzt sich
privat gegen Diskriminierung und Ungleichheiten ein.

jean-pierre goelff
1. Januar 2021 - 6.31

Ech hun alt gemengt,d'Franzousen wiren Weltmeeschter waat all meïglich an onmeïglich Polemiken betrefft....mee,Irrtum,d'Luxusbierger sin ewell grad esou gudd!Eng Glanzleeschtung ass daat allerdings nit!

Fernand
1. Januar 2021 - 1.51

@J.Scholer "@Fernand: Mich wundert , macht mich nachdenklich, wieweit Sie gehen würden den Kinder das wenig Freude dieser von Krisen erschütterten Welt zu vermiesen. " Nicht nur den Kindern, auch den Alten will ich es vermiesen. In Belgien hat ein solcher Nikolaus es fertig gebracht, 26 alte Leutchen in einem Altersheim umzubringen. https://www.berliner-zeitung.de/news/nach-nikolausbesuch-26-bewohner-von-belgischem-altenheim-sterben-an-covid-19-li.129377

Fernand
30. Dezember 2020 - 12.07

@J.Scholer "@Fernand: Mich wundert , macht mich nachdenklich, wieweit Sie gehen würden den Kinder das wenig Freude dieser von Krisen erschütterten Welt zu vermiesen. " Und ich wundere mich, dass Sie anscheinend außerstande sind, Kindern ein Geschenk zu überreichen ohne irgendwelche angeblichen 'Heiligen' dafür zu bemühen.

J.C.Kemp
30. Dezember 2020 - 11.48

@Scholer: Der Arbeitgeber braucht sich nicht mehr auf meine Präsenz zu freuen. Ich habe mein Soll an Präsenz längst erfüllt.

CESHA
30. Dezember 2020 - 10.07

Als jemand, der schon einige Jahrzehnte auf der Welt ist, kann ich das Ganze nicht mehr ernst nehmen: Als Kinder hat man uns beigebracht, dass einige Begriffe diskriminierend seien und dass man andere Begriffe verwenden soll, die politisch korrekt seien. Wenige Jahrzehnte später belehrt man uns nun, dass diese angeblich korrekten Wörter jetzt auch diskriminierend seien und will uns neue Begriffe als politisch korrekt lehren. Was soll der Quatsch? Und wie lange wird es dauern, bis auch die jetzt aktuellen Begriffe der "cancel culture" zum Opfer fallen. Sprache ist etwas Gewachsenes und verändert sich im Laufe der Zeit - keineswegs aber sollte man daran herumschnippeln wie ein Schönheitschirurg an einer natürlich gewachsenen Nase

G.B.
29. Dezember 2020 - 19.28

Aalen 85 jähregen lëtzebuerger Patriot sinn esch der Meenung d’Fangeren fun eiser schéiner an onschölleger Sprooch ze loossen, , fun där fun eisen Fiirfahren , déi mir esou guer am Krich verdeedegt hun. E Volleek ouni Traditioun ass fiir mech esou gudd ewéi doud , oder ?

J.Scholer
29. Dezember 2020 - 17.22

@Kemp: In des Menschen Blut liegt es wohl seine Vorteile zu verteidigen , ob nun heidnischer oder katholischer Brauch, auch die Götzenanbetung fällt unter Sammelbegriff „ Religion“.Der Glaubwürdigkeit wegen also Verzicht der Feiertage, „ den Patron freed sech op äer Präesenz „, das Wirtschaftsozialprodukt dankt.

J.C.Kemp
29. Dezember 2020 - 16.47

@Scholer: An och erem falsch, déi sougenannt kierchlech Feierdeeg op dene fräi ass, sin allesamt heednesch Feierdeeg, déi an de vergaangene Joërhonnerte vun de Kleriker rekuperéiert goufen a fier hier Zwecker emgebaut an emgenannt goufen. Ennert anerem och fir déi pagan Mythologie ze tilgen. Zum Deel och mat Zerstéierung vun verdäiwelte prähistoresche Monumenter. Dat nooste Fest bei ons war jo elo Krëschtdag fir dat Joërdausenden aalt, wichtegt Fest vun der Wanterssonnewend ze ersetzen. Wichteg, well jo d'Sonn de ganzen Zyklus vum Bauer senger Aarbecht gregelt huet. An esou kann e weiderfuere mat alle 'Kierche'fester duerno. An iwwregens bezillt net d'Kierch fir déi fräi Feierdeeg mais wuel éischter de Patron. D'Kierch huet dat och nie bezuelt! Bleiwe mer also mat de Féiss fest um Buedem.

J.Scholer
29. Dezember 2020 - 16.32

@Fernand: Mich wundert , macht mich nachdenklich, wieweit Sie gehen würden den Kinder das wenig Freude dieser von Krisen erschütterten Welt zu vermiesen. Da ich meinen Kommentar sarkastisch gemeint habe, wäre es doch logisch , ihrer Überzeugung nach, Vorbildfunktion zu übernehmen und auf jeglichen kirchlichen Feiertag freiwillig zu verzichten.

Fernand
29. Dezember 2020 - 16.12

@J.Scholer "Ebenfalls unter Strafe zustellen am Tage des heiligen Nikolaus den Kindern Spielsachen, Süßigkeiten zu schenken. Wir müssen schließlich unsere Kinder vor solch Hokuspokus schützen. Oder?" Genau, ganz Ihrer Meinung. Die Kinder haben keinen Religionsunterricht, die haben keine Ahnung was so ein 'Heiliger' ist und wieso er so doof gekleidet ist und er dieselbe Brille trägt wie Opa.

J.Scholer
29. Dezember 2020 - 16.01

@Fernand:Ich stimme Ihnen zu und plädiere ebenfalls für die Abschaffung aller kirchlichen bezogenen gesetzlichen Feiertage, daraus wieder Arbeitstage werden zulassen.Ebenfalls unter Strafe zustellen am Tage des heiligen Nikolaus den Kindern Spielsachen, Süßigkeiten zu schenken. Wir müssen schließlich unsere Kinder vor solch Hokuspokus schützen. Oder?

Uhrig
29. Dezember 2020 - 15.20

@J.C.Kemp "Sorry, den Houseker symboliséiert kee Mann aus Afrika, mais e Kieler (Köhler)," Jo an am Fréijoer gi lauter Buerge verbrannt, déi komescherweis alleguer ëmmer ausgesinn wéi e brennend Kräiz vum Ku Klux Klan.

Gariuen
29. Dezember 2020 - 14.06

Dass haut nach ëmmer Leit ma Schongwichs am Gesiicht 'de Neger' spillen gehéiert verbueden. Wien dat an enger Schoul mécht verdéngt de Sak ze kréien.

Fernand
29. Dezember 2020 - 14.05

"Alljährlich kurz nach Allerheiligen ist die Zeit der Weihnacht. Auch in vielen Klassensälen ist die Tradition des Nikolaus noch fester Bestandteil der schulischen Tradition." Da müssen wohl ein paar Lehrer Disziplinarstrafen verpasst bekommen wenn sie trotz Trennung von Staat und Kirche Hokuspokus unterrichten.

J.C.Kemp
29. Dezember 2020 - 12.00

Sorry, den Houseker symboliséiert kee Mann aus Afrika, mais e Kieler (Köhler), déi effektiv am Mëttelalter Kanner déif mat an de Bësch geschleeft, entféiert hu, fir Faalholz ze sammelen, dat an de Kuelemeiler verschafft gouf. D'schwaarz Haut ass eenzeg op den Holzkuelestëps zréck ze féieren. Et kann en esou Saachen och richteg an den historesche Kontext setzen!

fs
29. Dezember 2020 - 11.38

Wei muss een en Mann deen schwaarz gefierft ass dann nennen? ih, ih, ih den Gréngen kritt eis ni. Et kann én och alles iwwerdreiwen.