Pacte Logement 2.0Ein zweiter Pakt gegen den Wohnungsnotstand

Pacte Logement 2.0 / Ein zweiter Pakt gegen den Wohnungsnotstand
Trotz reger Bautätigkeit ist bezahlbarer Wohnraum in Luxemburg knapp. Die Regierung will mit dem neuen „Pacte logement“ nachbessern. Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

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Es ist kein bloßes Update des Ende des Jahres auslaufenden Wohnungspakts: Der „Pacte logement 2.0“ ist ein ganz neues Programm, das die Gemeinden zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum stimulieren soll. Wer sich daran beteiligt, dem winken weiterhin staatliche Zuschüsse, nur dass diese unmittelbar mit der Bereitstellung von Wohnungen zusammenhängen. Eine der großen Neuerungen: Alle Gemeinden werden bezahlbaren Wohnraum schaffen müssen.

2008 war der erste Wohnungspakt in Kraft getreten. Ziel der Konvention zwischen Gemeinde und Staat sollte es sein, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Die staatliche Unterstützung hing vor allem von der demografischen Entwicklung in der Gemeinde ab, wobei der Staat sich u.a. an den Kosten für zusätzlich benötigte Infrastruktur beteiligte. Ende dieses Jahres läuft das Programm aus und das Mindeste, was zu sagen bleibt, ist, dass das angestrebte Ziel, die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt zu lindern und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, nicht erreicht wurde. Etliche im Rahmen des Wohnungspakts errichtete Wohnungen wurden später zu Marktpreisen veräußert.

Das angestrebte Ziel soll nun mit dem Wohnungspakt 2 gelingen. Vorgestern war das Projekt vom Ministerrat angenommen worden. Gestern Morgen wurde es dem parlamentarischen Fachausschuss, wenig später der Presse vorgestellt. Ausgearbeitet wurde der „Pacte logement 2.0“ von dem Wohnungsbauministerium und dem Innenministerium. Geht es Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“) und Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) nach, soll mit der Umsetzung des WP2 bereits Anfang kommenden Jahres begonnen werden. Beim Staatsrat habe man die Dringlichkeit des Gesetzesprojekts angemeldet, so Kox gestern bei der Vorstellung des Entwurfs.

Wichtiger Akteur beim WP2 ist der Wohnungsbauberater. Er soll die Gemeinden bei der Ausarbeitung einer langfristigen Wohnungsbaustrategie, beim Erwerb von Bauland und Immobilien unterstützen. Größere Gemeinden könnten sich wohl einen eigenen Berater zulegen, wenn sie nicht schon einen haben. Kleinere Kommunen könnten sich zusammentun und derlei Posten schaffen. Finanziert würde der Berater hauptsächlich aus der Staatskasse. Jede Gemeinde habe Anrecht auf jährlich 380 vom Staat finanzierte Beratungsstunden, so Kox gestern. Für die Unterstützung bei der Ausarbeitung einer ersten Konvention Staat-Gemeinde kommen zusätzlich 240 Stunden hinzu.

Lokale Aktionsprogramme

Mit ihrer Unterschrift unter dieser „Initialkonvention“ verpflichtet sich die Gemeinde, ein lokales Aktionsprogramm fürs Wohnen („Programme d’action local-logement“, PAL) zu erstellen. Das PAL soll u.a. mögliche Wohnungsbauprojekte der Gemeinde auflisten. Das PAL sei ein langfristiges Programm. Es werde dazu dienen, Bauland und Leerstand zu mobilisieren, und die Gemeinden dazu anregen, sich Gedanken zum Thema zu machen, so Kox. Denn für viele kleine Kommunen sei die Schaffung von Wohnraum zu erschwinglichen Preisen bisher kein Thema gewesen. Tatsächlich haben rund 40 Prozent der Gemeinden keine derartigen Wohnungen. Jährlich müsste über die Umsetzung des PAL berichtet werden. Einmal das PAL vom Gemeinderat unterschrieben, wird die eigentliche Konvention mit dem Staat vereinbart. Auch bei der Umsetzung des PAL soll der Berater unterstützend mitwirken.

Ein weiteres Novum beim Wohnungspakt 2: Geld wird es nur für real existierende Wohnungen geben. Für 2021 wären das 10.000 Euro pro bereits in den Vorjahren geschaffener, preisgünstiger Wohnung, ab 2022 19.000 Euro jährlich. Sozusagen als Initialzündung für den WP2 werden die Gemeinden 25 Euro pro Einwohner bekommen, wobei die Unterstützung mindestens 100.000 Euro und maximal 500.000 Euro betragen wird. Insgesamt würden für den WP2 jährlich rund 40 Millionen Euro für die konventionierten Gemeinden bereitgestellt, so viel wie beim ersten Wohnungspakt.

Der WP2 soll die Kontrolle der öffentlichen Hand über den Wohnungsmarkt verstärken. Baugelände, auf dem bezahlbare Wohnungen geplant sind, müssen an die Gemeinde oder, sofern diese sich weigert, an den Staat verkauft werden. Kommunen und Staat sollen somit Besitzer der neuen Wohnungen werden. Dadurch soll der kommunale und staatliche Wohnungspark ausgebaut und mehr Wohnungen zu vernünftigen Preisen vermietet werden, so Innenministerin Taina Bofferding. Ziel sei eine Stabilisierung der Preise.

Neuer Ansatz für bezahlbaren Wohnraum

Die Bestimmungen des aktuellen Wohnungspakts sehen vor, dass bei einem Bebauungsplan (PAP) mit mehr als 25 Wohnungen zehn Prozent der für Wohnungszwecke vorgesehenen Fläche als preislich günstiger Wohnraum veräußert werden müssen. Auf diese Weise seien in den letzten drei Jahren jeweils 365 Wohnungen entstanden, die oftmals verkauft wurden. Diese Bestimmung blieb praktisch wirkungslos auf den Markt, so Bofferding.

Das soll mit dem WP2 anders werden. Nicht nur, dass die Wohnungen an die öffentliche Hand gehen sollen, auch der Anteil bezahlbaren Wohnraums pro PAP wird erhöht. Ab 1. Januar 2022 müssen auch kleine Bebauungspläne für fünf bis zehn Wohnungen erschwinglichen Wohnraum vorsehen (zehn Prozent der für Wohnungszwecke bebauten Fläche). Bei einem PAP von zehn bis fünfzehn Wohnungen sind es 20 Prozent. Ab 25 Wohnungen werden es 30 Prozent sein. Die neuen Regeln gelten für Grundstücke, die ab dem 1. Januar 2022 im allgemeinen Flächennutzungsplan (PAG) als Bauland ausgewiesen werden.

Die preislich günstigen Wohnungen dürfen in der Regel nicht verkauft werden. Sollte es dennoch dazu kommen, dann nur über einen Erbpachtvertrag – das heißt, das Gelände bleibt in kommunalem Besitz. Dank der neuen Regelung werden indirekt auch kleine Gemeinden gezwungen, sich an der Bereitstellung von erschwinglichem Wohnraum zu beteiligen, da in jeder Kommune PAPs erstellt werden.

2017-2019 wurden durch PAPs rund 4.560 neue Wohnungen gebaut. Wären die neuen Regeln bereits angewandt worden, dann wären pro Jahr rund 600 Wohnungen in öffentliche Hand gelangt, rechnete Taina Bofferding gestern vor.

Der auf zwölf Jahre angelegte WP2 läuft bis 2023. Nach vier Jahren wird eine Zwischenbilanz gezogen. Getestet werden sollen die neuen Instrumente mit Beckerich, Mondorf und Wiltz, wobei die Erstellung des lokalen Aktionsprogramms Wohnen im Mittelpunkt stehen wird. Geprüft werden soll ebenfalls die vom interkommunalen Informatiksyndikat SIGI eigens für WP2 erstellte Software.